Schweizer Wirtschaft: Frostige Frühlingsstimmung
Die Schweizer Wirtschaft befindet sich in einer Phase deutlicher Abkühlung. Besonders ausgeprägt zeigt sich der Konjunkturabschwung im Industriesektor. Bei den an unserer vierteljährlichen "Konjunkturpanorama"-Umfrage beteiligten Industriefirmen lagen die Saldi der Zunahme- und Abnahme-Meldungen von Auftragseingang, Produktion und Umsatz in den ersten drei Monaten 1991 deutlich unter dem Vorjahresniveau. Für das 2. Quartal 1991 wird zwar mit einer weiterhin rückläufigen Geschäftsentwicklung gerechnet, doch der Tiefpunkt scheint erreicht zu sein. Für das ganze Jahr 1991 sehen die befragten Industriefirmen jedenfalls wieder höhere Inland- und Exportumsätze voraus. Diese prognostizierten Umsatzsteigerungen dürften allerdings auf Kosten geringerer Margen gehen. So erwarten die Unternehmen für 1991 per saldo eine schlechtere Ertragslage als 1990. Im Baugewerbe dürfte sich der rückläufige Trend in abgeschwächter Form fortsetzen. Deutlich optimistischer sind dagegen die Erwartungen im Detailhandel und im Tourismus.
Industrie:
Der Geschäftsgang bei den von uns befragten 200 Unternehmen hat
sich im 1. Quartal 1991 im Vergleich zum Schlussquartal 1990 nochmals
abgeschwächt. Auftragseingang und Produktion lagen erstmals seit über acht
Jahren deutlich unter dem Vorjahresniveau. Die durchschnittliche
Kapazitätsauslastung sank innert drei Monaten um 3 %-Punkte; sie betrug im 1.
Quartal 1991 noch rund 85 %. Der Personalbestand nahm im Verlauf des 1.
Vierteljahres 1991 weiter ab. Im 2. Quartal 1991 werden der Auftragseingang aus
dem In- und Ausland, die Produktion, der Arbeitsvorrat und die Umsätze im
Urteil der befragten Firmen unter den Vorjahreswerten bleiben.
Baugewerbe:
Im 1. Quartal 1991 lag das Bauvolumen bei per saldo mehr als
der Hälfte der befragten Bauunternehmen unter dem Vorjahresniveau.
Überdurchschnittlich stark war der Rückgang im Hochbau. Trotz weiterhin
sinkender Auftragseingänge erwarten unsere Umfrageteilnehmer für das 2. Quartal
1991 eine etwas geringere Schrumpfung der Bautätigkeit als in den vergangenen
drei Monaten.
Detailhandel:
Bei den von uns befragten Grossverteilern erhöhten sich die
nominellen Detailhandelsumsätze im 1. Quartal 1991 gegenüber der
Vorjahresperiode um durchschnittlich 3 bis 5 %. Eine Umsatzsteigerung in
ähnlicher Grössenordnung wird für das 2. Vierteljahr 1991 erwartet. Aufgrund
der günstigen Absatzaussichten wollen die meisten Grossverteiler ihre
Verkaufsfläche 1991 erneut ausdehnen. Auch der Personalbestand dürfte leicht
steigen.
Tourismus:
Wie eine detaillierte Analyse unserer vierteljährlichen Umfrage
bei den Kurdirektoren der wichtigsten 50 Fremdenverkehrsorte ergab, erweisen
sich die Ergebnisse der SBG-Umfrage als zuverlässiger Früh-Indikator bezüglich
der Entwicklung der Logiernächtezahlen. Für die Sommersaison 1991 rechnen die
befragten Kurdirektoren insbesondere hinsichtlich der schweizerischen
Hotelgäste mit einem steigenden Trend. In der Parahotellerie wird mehrheitlich
eine unveränderte Entwicklung erwartet.
Das "Konjuntkur-Panorama" erscheint vierteljährlich
Redaktion: Beat Arnet
Industrie
Die sich in den meisten europäischen Ländern für 1991 abzeichnende konjunkturelle Verlangsamung schlägt sich auch im Geschäftsgang der schweizerischen Industrie immer deutlicher nieder. Bei den von uns im März befragten rund 200 Firmen lagen die Saldi der Zunahme- und Abnahme-Meldungen bei den wichtigsten Indikatoren wie Auftragseingang, Umsatz und Produktion im 1. Quartal 1991 erstmals seit über acht Jahren deutlich unter dem Vorjahresniveau. Damit hat sich der Geschäftsverlauf im Vergleich zum Schlussquartal 1990 nochmals abgeschwächt. Zudem war die Entwicklung schlechter, als die Befragten vor drei Monaten erwartet hatten. Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung betrug im 1. Quartal 1991 rund 85 %. Dies sind 3 Prozentpunkte weniger als im 4. Quartal 1990. Der Personalbestand nahm im Verlauf des 1. Vierteljahres 1991 weiter ab und lag damit auch deutlich unter dem Stand vor zwölf Monaten.
Vorerst weitere Abschwächung in Sicht
Für das 2. Quartal 1991 muss mit einer weiterhin rückläufigen Geschäftsentwicklung gerechnet werden. Im Urteil der Umfrageteilnehmer werden die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland, die Umsätze, die Produktion und der Aufragsbestand unter den Vorjahreswerten bleiben. So rechnen für das 2. Quartal 1991 per saldo 18 % der Firmen mit geringeren Bestellungseingängen, 12 % mit einem Produktionsrückgang und sogar 45 % mit einem geringeren Arbeitsvorrat als in der entsprechenden Vorjahresperiode. Aufgrund dieser wenig erfreulichen Aussichten gehen die Befragten von einer nach wie vor abnehmenden Beschäftigung aus.
Trotzdem gehen 59 % der Unternehmen für das ganze Jahr 1991 von höheren nominellen Gesamtumsätzen als 1990 aus; jede sechste Firma erwartet gar einen Zuwachs von über 6 %. Auch die Exportaussichten werden positiv beurteilt. Für 1991 rechnen 62 % der Umfrageteilnehmer mit einer günstigeren Entwicklung der Ausfuhren als im Vorjahr; rund ein Fünftel der Befragten geht sogar von einem Umsatzplus von über 6 % aus. Diese Umsatzzunahmen scheinen allerdings nur dank geringeren Margen realisierbar zu sein. So rechnen für 1991 nur noch 21 % der befragten Unternehmen mit einer besseren Ertragslage als 1990, während 39 % tiefere Gewinne erwarten.
Zunehmend heterogenes Branchenbild
Die Entwicklung der einzelnen Branchen verlief sehr unterschiedlich. Gemessen an den Indikatoren Auftragseingang, Produktion und Umsatz war der Geschäftsgang insbesondere in der Nahrungsmittel- und der Papierindustrie deutlich besser als im Durchschnitt aller Branchen. Unterdurchschnittlich verlief die Entwicklung hingegen in der Metall-, der Textil- sowie in der Holz- und Möbelindustrie. Auch die Maschinenindustrie, deren Geschäftsgang sich im 4. Quartal 1990 noch nicht vom Trend in der gesamten Industrie abgehoben hatte, verzeichnete in den ersten drei Monaten 1991 eine leicht unter dem Durchschnitt aller Branchen liegende Entwicklung.
Im 2. Quartal 1991 dürfte sich der heterogene Geschäftsverlauf in den einzelnen Branchen weitgehend unverändert fortsetzen. Relativ günstige Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung von Auftragseingang, Produktion und Umsätzen hegen die Firmen der Nahrungsmittel- und der Papierindustrie sowie das Graphische Gwerbe. In diesen Branchen wird damit gerechnet, dass der Geschäftsgang in den kommenden drei Monaten deutlich besser als in der entsprechenden Vorjahresperiode ausfallen wird. Unter dem Durchschnitt aller Branchen und damit auch deutlich unter dem Niveau des Vorjahres liegen die Erwartungen in der Metall-, der Textil-, der Holz- und Möbelindustrie sowie -- etwas weniger ausgeprägt -- auch in der Maschinenindustrie.
Rückgang der Auftragseingänge
In den ersten drei Monaten 1991 war der gesamte Auftragseingang kleiner als in der entsprechenden Vorjahresperiode. Der Saldo der Zunahme- und Abnahmemeldungen betrug -27 Prozentpunkte, nachdem im 4. Quartal 1990 ein positiver Saldo von +1 Prozentpunkt gemeldet worden war. Zu dieser Entwicklung trugen rückläufige Bestellungseingänge sowohl aus dem Inland wie auch aus dem Ausland bei. Das Ausmass des tatsächlichen Rückgangs fiel um 10 Prozentpunkte stärker aus, als dies die Umfrageteilnehmer in der Dezemberumfrage erwartet hatten. Auch für das 2. Quartal gehen die Unternehmen mit einem Saldo von -18 Prozentpunkten davon aus, dass die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland unter dem Vorjahresstand liegen werden.
Schrumpfende Produktion und Arbeitsvorräte
Die Produktion, die in der schweizerischen Industrie 1990 um durchschnittlich 2,8 % gestiegen war, lag im 1. Quartal 1991 bei der Mehrzahl der Umfrageteilnehmer unter dem Vorjahresstand. Per saldo meldeten 14 % der Unternehmen einen kleineren Ausstoss als vor zwölf Monaten. Vor drei Monaten waren die Befragten noch von einer stagnierenden Produktion im 1. Vierteljahr 1991 ausgegangen. Für das 2. Quartal erwarten die Unternehmen einen weiterhin rückläufigen Produktionstrend.
Die Arbeitsvorräte waren Ende März bei 19 % der Firmen höher, bei 37 % gleich und bei 44 % niedriger als Ende Dezember 1990. Im Vorjahresvergleich sank der Arbeitsvorrat per saldo sogar bei 38 % der Unternehmen. Im Verlauf des 2. Quartals 1991 dürfte der rückläufige Trend anhalten, rechnen doch für Ende Juni 1991 per saldo 16 % der Unternehmen mit geringeren Auftragsbeständen als 3 Monate zuvor. Innert Jahresfrist prognostizieren sogar 56 % der Firmen kleinere und nur 11 % grössere Auftragspolster.
Sinkende Beschäftigung
Der durchschnittliche Auslastungsgrad der technischen Produktionskapazitäten nahm im 1. Quartal 1991 gegenüber dem Vorquartal um 3 %-Punkte auf 85 % ab. Im Vorjahresvergleich betrug der Rückgang 3,3 %-Punkte. Im Verlauf des 2. Vierteljahres 1991 rechnen die Unternehmen allerdings mit einem nahezu stabilen Auslastungsgrad.
Die sich bereits in der Umfrage vom Dezember 1990 abzeichnende Trendwende auf dem Arbeitsmarkt hat im 1. Quartal 1991 in allen Branchen -- mit Ausnahme der Papierindustrie -- zu sinkenden Personalbeständen geführt. Von Januar bis März 1991 hat sich die Beschäftigung bei 33 % der befragten Unternehmen reduziert, während nur 16 % zusätzliches Personal eingestellt haben. Auch im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode ist die Beschäftigung bei per saldo 11 % der befragten Unternehmen zurückgegangen. Der negative Trend auf dem Arbeitsmarkt dürfte anhalten. So sehen per saldo 22 % der Firmen im Verlauf der Monate April bis Juni einen weiteren Abbau ihrer Personalbestände vor. Damit dürfte die Beschäftigung in allen Branchen -- mit Ausnahme der Papierindustrie und des Graphischen Gewerbes -- auch im 2. Quartal 1991 unter dem Vorjahresstand bleiben.
Rückläufige Umsätze, steigende Verkaufspreise
Die Umsätze lagen im 1. Quartal 1991 sowohl unter dem Stand vor drei Monaten (Saldo: -19 %) als auch unter den entsprechenden Vorjahreswerten (Saldo: -15 %). Der rückläufige Trend dürfte im Urteil der Umfrageteilnehmer etwas weniger ausgeprägt auch in den kommenden Monaten anhalten. So gehen per saldo 9 % der Firmen davon aus, dass die Umsätze auch im 2. Vierteljahr 1991 unter dem Niveau des Vorjahres bleiben werden.
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Exportumsätzen, die im 1. Quartal 1991 sowohl im Vorquartals- als auch im Vorjahresvergleich rückläufig waren. In den Monaten April bis Juni wird gegenüber dem 1. Quartal 1991 allerdings wieder ein Zuwachs erwartet. Trotzdem dürften die Vorjahreswerte noch nicht erreicht werden.
Der starke Auftrieb der Verkaufspreise hat in den ersten drei Monaten 1991 nur wenig nachgelassen. Per saldo erhöhten 31 % der Firmen ihre Verkaufspreise. Im Vorjahresvergleich meldeten 66 % der Firmen höhere und rund 17 % tiefere Preise. Im Verlauf des 2. Quartals 1991 wollen zwar nur noch 15 % der Unternehmen ihre Verkaufspreise erhöhen. Trotzdem werden diese bei 69 % der Befragten über dem Vorjahresstand liegen.
Aussichten bis Ende 1991
Für das ganze Jahr 1991 prognostizieren 59 % (Dezember-Umfrage: 70 %) der Firmen höhere Umsätze als 1990, während 30 % (23 %) mit einem Rückgang rechnen. 21 % der Unternehmen erwarten eine Umsatzzunahme zwischen 3 und 6 %, jeder sechste Umfrageteilnehmer sogar einen Anstieg von über 6 %. Mit höheren Jahresumsätzen rechnen insbesondere die Nahrungsmittel- (90 % der Befragten), die Papier- (83 %) und die Chemische Industrie (86 %).
Auch die Entwicklung der Exporte im Jahre 1991 wird positiv eingeschätzt. 62 % der Unternehmen rechnen für 1991 mit höheren Exportumsätzen als im Vorjahr. Jede fünfte Firma geht von einer Zunahme von zwischen 3 und 6 % aus, weitere 21 % der Befragten erwarten sogar ein Plus von über 6 %. Allerdings befürchten 24 % der Unternehmen einen Rückgang der nominellen Ausfuhren. Überdurchschnittlich häufig wurde diese Skepsis in der Maschinen- und in der Metallindustrie geäussert. Relativ günstig werden die Exportaussichten hingegen in der Nahrungsmittel-, in der Papier- und in der Chemischen Industrie beurteilt.
Im laufenden Jahr dürften die Erträge des Vorjahres kaum mehr erreicht werden.
Nur noch 21 % der Umfrageteilnehmer rechnen mit steigenden Gewinnen, während 39
% einen Ertragsrückgang erwarten. Positiv und damit deutlich besser als im
Durchschnitt aller Branchen sind die Ertragsaussichten in der Nahrungsmittel-
und -- nach den Einbussen im Jahre 1990 -- insbesondere in der Chemischen
Industrie.
Bruno Bébié
Baugewerbe
Die Baukonjunktur hat sich
1990 spürbar abgekühlt:
Gemäss Nationaler
Buchhaltung betrug das Bauvolumen im vergangenen Jahr 57,6 Mrd Fr, was nach
Abzug der Bauteuerung von 8,4 % noch einem realen Wachstum von 1,6 % (1989:
+6,7 %) entsprach. Der Einbruch ist hauptsächlich auf die hohen Zinsen
zurückzuführen, wobei auch die hohen Landpreise und die gesetzlichen Eingriffe
in den Bodenmarkt zur Verschlechterung des Investitionsklimas beigetragen
haben. Anfangs 1991 lag der Arbeitsvorrat im Bauhauptgewerbe mit 10,2 Mrd Fr.
noch um 2 % über dem Vorjahresniveau, wobei einem Minus von je 13 % im
Wohnungs- und im industriellgewerblichen Bau ein Plus um 19 % im Tiefbau
gegenüberstand.
Gemäss unserer vierteljährlichen Konjunkturumfrage hat sich der sinkende Trend
in den ersten Monaten 1991 fortgesetzt. Im
ersten Quartal 1991
lag das
Bauvolumen bei per saldo gut der Hälfte der befragten Bauunternehmen unter dem
Vorjahreswert. Im Tiefbau bezifferte sich der Negativ-Saldo allerdings auf nur
21%. Beim vorauslaufenden Indikator Auftragseingang verzeichneten 72 % der
Hochbaubetriebe und 52 % der Tiefbauer einen Rückgang, während nur 11 % bzw. 24
% einen Auftragszuwachs verbuchen konnten. Die Preise sind zwischen Dezember
und März 1991 in beiden Bausparten mehrheitlich gesunken. Zwei Drittel der
Bauunternehmer haben zwischen März 1990 und März 1991 den Personalbestand
reduziert, bei einem Drittel ist er gleichgeblieben.
Das
zweite Quartal 1991
verspricht nach Meinung unserer Umfrageteilnehmer
im Vorjahresvergleich einen eher kleineren Rückgang des Bauvolumens
(Negativsaldo von 57 % im Hochbau, 7 % im Tiefbau); der Auftragseingang
hingegen soll nach Aussage von 68 % der Hoch- und 46 % der Tiefbaufirmen weiter
abnehmen, während nur 3 bzw 4 % zunehmende Aufträge erwarten. 58 % der
befragten Bauunternehmer werden deshalb im zweiten Quartal den Personalbestand
unter das Vorjahresniveau abbauen, während 42 % ihn stabil halten wollen. Der
Preisrutsch dürfte sich, wenn auch verlangsamt, im zweiten Quartal fortsetzen:
Ende Juni rechnen zwar 51 % der Hochbau- und 55 % der Tiefbauunternehmer mit
gleichen Preisen wie Ende März, aber 40 % bzw. 28 % sehen niedrigere Preise
voraus.
Trotz der ungünstigen Aussichten werden
1991
zwei Drittel der befragten
Baufirmen ihre technischen Kapazitäten nicht verändern. Immerhin planen 31 %
der Hochbau- und 23 % der Tiefbaubetriebe, ihre Kapazität abzubauen.
Rudolf
Enz
Detailhandel
Die nominellen Detailhandelsumsätze erhöhten sich gemäss unserer Umfrage im 1. Quartal 1991 gegenüber der Vorjahresperiode um durchschnittlich 3 bis 5 %. In der Sparte Nahrungs- und Genussmittel meldeten alle befragten Grossverteiler höhere Umsätze. Vereinzelt stagnierende Umsatzzahlen wurden hingegen im Bekleidungs- und Textilwarenhandel sowie etwas ausgeprägter im übrigen Nonfood-Bereich verzeichnet. Der reale Umsatzzuwachs blieb allerdings gering, nahmen doch die durchschnittlichen Verkaufspreise des Gesamtsortiments in der gleichen Zeitperiode um 3 bis 4 % zu. Nahrungs- und Genussmittel sowie Bekleidungsartikel und Textilien wurden im Durchschnitt bei fast allen Befragten teurer. Bei den übrigen Nonfood-Artikeln hingegen stiegen die durchschnittlichen Verkaufspreise nur bei der Hälfte der befragten Grossverteiler, bei den anderen blieben sie konstant.
Für das 2. Quartal erwarten die Umfrageteilnehmer eine erneute Umsatzsteigerung in der Grössenordnung von 3 bis 5 %. Mit dem höchsten Umsatzwachstum -- bis zu 6 % -- rechnen die meisten Befragten im Nahrungs- und Genussmittelsektor. In den anderen Sparten hegt man mehrheitlich ebenfalls positive Erwartungen, schliesst aber zum Teil einen stagnierenden Geschäftsverlauf nicht aus.
Für das gesamte Jahr 1991 zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Alle befragten Grossverteiler erwarten im Gesamtdetailhandel höhere Umsätze als im Vorjahr, wobei sich der Nahrungs- und Genussmittelbereich weiterhin überdurchschnittlich entwickeln dürfte. Die Verkaufspreise werden sich im ganzen Jahr 1991 um durchschnittlich 3-4 % erhöhen. Zudem rechnet rund die Hälfte der Umfrageteilnehmer damit, dass die Gesamtbruttomarge 1991 steigen wird, bei den übrigen dürfte sie auf dem Vorjahresniveau verharren.
Die meisten befragten Grossverteiler wollen 1991 mehr investieren als im
Vorjahr. Bezüglich Bauinvestitionen planen 40 % eine Steigerung und 20 % eine
Abnahme. Im Ausrüstungsbereich wollen sogar 65 % mehr investieren als 1990,
während ebenfalls 20 % der Befragten Investitionskürzungen planen. Die
Ausdehnung der Verkaufsfläche im Detailhandel wird sich auch 1991 fortsetzen.
Die meisten Grossverteiler wollen ihre Verkaufsfläche um durchschnittlich 1,5
bis 2 % vergrössern; bei rund einem Viertel der Befragten wird sie aber
unverändert bleiben. Die Beschäftigung dürfte im Detailhandel 1991 nur noch
leicht steigen. Die Mehrheit der Grossverteiler will den Personalbestand
konstant halten, während rund ein Drittel der Umfrageteilnehmer sowohl
zusätzliche Teilzeit- als auch Vollzeitbeschäftigte einstellen will.
Elisabeth Messner
Tourismus
Ziel der vierteljährlichen SBG-Kurdirektorenumfrage ist es, Entwicklungstrends im Tourismus anhand der Logiernächtezahlen in der Hotellerie frühzeitig zu erkennen. Dabei wird entsprechend der offiziellen Statistik das Jahr in ein Sommer- (Mai-Oktober) und ein Winterhalbjahr (November-April) unterteilt. Dies ermöglicht einen dreistufigen Befragungsmodus, welcher auch interessante Aufschlüsse über die Änderung der Erwartungshaltung der Kurdirektoren gibt. Die Umfrage vermittelt bereits 9 Monate vor Publikation der offiziellen Statistik erste Tendenzen, die auf das effektive Ergebnis schliessen lassen.
Ein Vergleich der Umfragedaten mit den effektiv eingetretenen Ergebnissen gemäss Hotelstatistik für das Sommerhalbjahr zeigt, dass die Kurdirektoren bei ihrer Prognose bereits im März in rund zwei Drittel der erfassten Jahre die Entwicklung der Logiernächte im Trend korrekt vorausgesehen haben (vgl. Grafik). Mit zunehmenden Kenntnissen über den Buchungsstand zeigt sich im Verlauf der Saison eine Annäherung der Erwartungen an das effektive Ergebnis, wobei die September-Umfrage in sämtlichen Fällen den richtigen Trend ermittelte. Die Untersuchung über alle Befragungspunkte ergibt eine durchschnittliche Abweichung der erwarteten Veränderungsrate vom effektiven Ergebnis von rund 3 %. In den meisten Fällen sind die Erwartungen optimistischer als die effektiven Ergebnisse.
Die Untersuchung betreffend der Umfrage für das Winterhalbjahr ergibt ein ähnliches Bild. Auch hier zeigt sich eine etwas zu optimistische Erwartungshaltung der Kurdirektoren.
Für die Sommersaison 1991 (Mai bis Oktober) zeigen sich die 50 an der Umfrage vom März beteiligten Kurdirektoren mässig optimistisch. Per saldo rechnet ein Drittel der befragten Kurdirektoren mit einer höheren Zahl von Hotelgästen gegenüber dem Sommer 1990. Korrigiert um den Erwartungsfehler der März-Umfrage entspricht dies einer Zunahme der Logiernächte gegenüber dem Vorjahr von rund einem halben Prozent und damit einem im Vergleich zu den vorangegangenen zwei Jahren geringeren Anstieg. Hinsichtlich der einheimischen Besucher zeigt man sich zuversichtlicher als bei den ausländischen Gästen. Rund zwei Drittel der Kurdirektoren erwarten eine Steigerung der inländischen Logiernächtezahlen im Vergleich zum Vorjahr, während weniger als die Hälfte mit einer Zunahme der ausländischen Buchungen rechnet. In der Parahotellerie wird mehrheitlich eine stagnierende Entwicklung prognostiziert.
Per saldo beurteilt mehr als die Hälfte der befragten Kurdirektoren die
700-Jahr-Feier als positiven Faktor für das Tourismusgewerbe. Die Auswirkungen
des Golfkrieges werden unterschiedlich beurteilt. Einerseits wird erwartet,
dass aufgrund der Unsicherheiten im internationalen Tourismus näherliegende
Destinationen bevorzugt werden. Anderseits wird ein Rückgang der Gäste aus
Übersee erwartet. Per saldo heben sich diese Faktoren gegenseitig auf. Hingegen
wird mit einem dämpfenden Effekt von Weltkonjunktur und Wechselkurs auf die
Entwicklung der Logiernächte gerechnet.
Irene Meier
Lateinamerika: Tiefgreifende Reformen im Gang
Nach den negativen Schlagzeilen, die Lateinamerika in den 80er-Jahren geliefert hat, scheint sich die politische und wirtschaftliche Lage der Region anfangs der 90er-Jahre zu verbessern. In der Politik und in der Wirtschaft lassen sich Anzeichen für einen deutlichen Richtungswechsel feststellen.
Politische Neuorientierung
Die meisten Staaten der Region sind mit demokratisch gewählten Regierungen in die 90er-Jahre eingetreten. Obwohl sich die institutionellen Verhältnisse noch nicht gefestigt haben, scheinen die Militärregierungen der Vergangenheit anzugehören.
Im politischen Verhalten hat in fast allen Ländern eine grundlegende Neuorientierung stattgefunden. Die früher an wirtschaftspolitischen Dogmen ausgerichtete Politik hat einem pragmatischen Vorgehen Platz gemacht. Effizienzüberlegungen führen zu Ansätzen für die Senkung des Staatsanteils. In verschiedenen Ländern stossen diese Ansätze jedoch bereits auf institutionelle und politische Grenzen, die unter anderem durch die Autonomie der Gliedstaaten, nicht autonome Zentralbanken, eine teilweise monopolistische Wirtschaftsstruktur und starke Gewerkschaften gezogen werden.
Die Probleme der Armut und Arbeitslosigkeit sowie des mangelhaften Bildungs- und Gesundheitswesens bedürfen dringend einer Lösung. Diese lässt sich voraussichtlich erst in einer wachsenden Wirtschaft realisieren.
Wirtschaft in der Talsohle
Das Bruttoinlandprodukt (BIP) der gesamten Region wuchs zwischen 1980 und 1990 um durchschnittlich magere 0,7 % pro Jahr, während die Bevölkerung jährlich um 2,1 % zunahm. Nur einzelne wenige Länder wie Chile und Kolumbien sowie in letzter Zeit Bolivien, Costa Rica und Mexiko wiesen pro Kopf der Bevölkerung ein positives Wirtschaftswachstum und eine für die Region mässige Teuerung von unter 30 % pro Jahr auf.
Die von den meisten Ländern Lateinamerikas Ende der 80er Jahre und zu Beginn
dieses Jahrzehnts eingeführten
Anpassungsprogramme
beinhalten
schwerpunktmässig die Eliminierung der Budgetdefizite, den Abbau der Inflation,
die Privatisierung von Staatsbetrieben sowie die Stärkung der Exportleistungen.
Gleichzeitig soll die Wirtschaft auch wieder vermehrt dem internationalen
Wettbewerb ausgesetzt werden.
Hohe
Budgetdefizite
waren eine wesentliche Ursache für die wirtschaftlichen
Ungleichgewichte der Region während der 80er-Jahre. Ihre Finanzierung über
inländische Kreditaufnahmen und Geldschöpfung war zu einem bedeutenden Teil für
die hohe Inflation in den vergangenen Jahren verantwortlich, während die starke
Zunahme der Auslandschulden auf die externe Finanzierung in der ersten Hälfte
der 80er-Jahre zurückzuführen ist.
Immer mehr Staaten sind daran, ihre Budgetdefizite massiv zu reduzieren. Dazu gehören Bolivien, Chile, Costa Rica, Kolumbien, Mexiko und Venezuela. Argentinien und Brasilien, und in geringerem Masse auch Peru, haben jedoch nach wie vor ernsthafte Probleme mit der Finanzierung der Staatsausgaben. In diesen Ländern hat die restriktive Wirtschaftspolitik Rezessionen ausgelöst, ohne dass die Inflation langfristig hätte gesenkt werden können.
Die
Inflation
ist in Argentinien, Brasilien und Peru noch immer sehr hoch.
Die Preise stiegen in Argentinien im Jahr 1989 um fast 5000 % und in Peru 1990
um rund 8000 %. Brasilien kämpft seit Jahren mit Inflationsraten von weit über
1000 %. Die Finanzierung der Staatsausgaben mittels Geldschöpfung sowie die
weit verbreitete Indexierung der Preise und Löhne lassen die Teuerung nur
zögernd zurückgehen.
Die meisten übrigen Länder der Region verzeichneten Ende 1990 jährliche Inflationsraten von unter 50 %. Diese Werte dürften aufgrund der allgemein restriktiven Budgetpolitik in Zukunft eher sinken.
Ansätze zu einer Lösung der Schuldenproblematik
Die Auslandschulden der gesamten Region betrugen Ende 1990 430 Mrd US$. Dies entsprach rund 45 % des lateinamerikanischen Bruttoinlandprodukts -- ein sehr hoher Wert. Aufgrund fehlender Zuflüsse von Neugeld stiegen die Schulden seit 1987 nur unbedeutend an.
Die gegenüber dem Ausland geschuldeten Zinsen machten zwischen 1980 und 1990 im Durchschnitt fast 24 % der Exporte von Gütern und Dienstleistungen aus. Dieser Wert wurde zeitweise erheblich überschritten und sinkt erst in jüngster Zeit aufgrund einer forcierten Exportpolitik. Die in den vergangenen Jahren erzielten Handelsbilanzüberschüsse wurden durch die Zinsverbindlichkeiten mehr als aufgewogen. Die Leistungsbilanz der Region blieb insgesamt negativ (1990 rund -10 Mrd US$) und wurde zu einem grossen Teil mittels Zinsrückständen und externen öffentlichen Geldern finanziert.
Zur Lösung der bestehenden Zahlungsprobleme haben die Länder der Region in den vergangenen Jahren verschiedene Strategien angewendet. Das aufgrund des 1989 lancierten Brady-Plans entwickelte Vorgehen zwischen Schuldnern und den Bankgläubigern sieht einen Mix von Optionen zur Reduktion der Schuldenbeträge oder der Schuldzinsen vor. Weitere Optionen umfassen die Gewährung neuer Kredite durch die Banken, sowie den Rückkauf der Schulden durch die Schuldnerländer mit einem gewissen Abschlag.
Mexiko, Costa Rica und Venezuela profitierten 1990 als erste vom Brady-Plan. Mexiko und Venezuela konnten ihren Schuldendienst reduzieren, wenn auch aufgrund des Erwerbs von Garantien zur Absicherung einzelner Optionen die Schuldenbeträge nicht nennenswert abnahmen. Einzig Costa Rica konnte seine Gesamtschulden um fast einen Viertel kürzen, was diesem Land künftig auch beim Schuldendienst eine wesentliche Entlastung bringen wird.
Dennoch löst die Brady-Initiative die Schuldenprobleme nicht, da die Gläubigerbanken gegenüber diesen Ländern Forderungen abschreiben müssen bzw. eine Einbusse an Zinserträgen erleiden. Die Kreditwürdigkeit der Brady-Länder und die Bereitschaft der Banken zur Kreditgewährung nehmen damit nicht unbedingt zu. Allerdings verbessert sich die finanzielle Lage der Länder durch die Verminderung des Schuldendienstes, und damit vergrössert sich die Wahrscheinlichkeit für die Banken, die ausstehenden Zinsen zu erhalten. Doch ist die Abschreibung von Ausständen natürlich mit einem Substanzverlust verbunden, welcher für das Fortbestehen der Bank ein Risiko darstellen kann. Die Schweizer Banken haben dank ihrer hohen Rückstellungen in dieser Beziehung erheblich weniger Probleme als zum Beispiel die US-amerikanischen und die britischen Banken.
Differenziert positiver Ausblick
Die ganze lateinamerikanische Region hat in den vergangenen Jahren erhebliche
Reformen sowohl institutioneller als auch wirtschaftlicher Art begonnen. Die
Aussichten für die Region sind heute insgesamt gesehen sehr viel besser als zu
irgend einem Zeitpunkt seit 1982. Dennoch kristallisieren sich von Land zu Land
Unterschiede heraus. Am günstigsten ist die Ausgangslage in jenen Ländern, die
ihre Wirtschaft weitgehend restrukturiert haben, wie Chile, Costa Rica,
Kolumbien, Mexiko und Venezuela. Argentinien, Brasilien und Peru sowie einige
kleinere Länder werden hingegen ihre Reformen noch einige Jahre fortführen
müssen, bis sich langfristige Erfolge einstellen. Das Wachstum der gesamten
Region dürfte dieses Jahr und 1992 relativ niedrig sein und erst danach
aufgrund der eingeleiteten Reformen wieder zunehmen.
Peter Britt
Der vorliegende Beitrag ist ein Auszug aus dem "Latin American Regional Report", der im April 1991 in englischer Sprache veröffentlicht wird und bei folgender Adresse bestellt werden kann: Schweizerische Bankgesellschaft, Abt. Volkswirtschaft, Postfach, 8021 Zürich, Tel. (01) 234 42 43.
Kennzahlen zu Lateinamerika 1990
Land Bruttoinlandprodukt (BIP) Bevölkerung externe Inflation
Schulden (Jahresmittel)
Mrd $ Veränd. (%) Mio Mrd $ %
Argentinien 75 -5,0 33 57 2'330
Brasilien 450 -4,0 148 123 2'740
Chile 25 1,0 13 20 24
Kolumbien 42 3,0 32 18 28
Mexiko 218 3,5 84 95 24
Peru 35 -10,0 22 22 7'875
Venezuela 46 2,0 20 33 40
Übrige 69 3,0 94 62 .
Gesamte Region 960 -1,0 446 430 .
Quelle: Nationale Statistiken; Weltbank; eigene Berechnungen
Kurzfristig geringes Potential an den Aktienmärkten
Mit dem Sieg der alliierten Streitkräfte gegen den Irak unter der Leitung der USA haben die Machtstrukturen in der Weltpolitik verändert. Die Vereinigten Staaten sind ihrem Ziel, eine neue Weltordnung zu schaffen, in welcher die Staatengemeinschaft geschlossen gegen einen Agressor vorgeht, entscheidend näher gekommen. Die Stabilität innerhalb der Völkergemeinschaft sollte davon in Zukunft profitieren können. Dies ist besonders wichtig in einer Phase, in welcher die zweitgrösste Weltmacht, die Sowjetunion, auseinanderzubrechen droht.
In diesem sich verändernden politischen Umfeld werden an die Anlagepolitik hohe Ansprüche gestellt. Kurzfristig stehen Aktienanlagen nicht im Vordergrund. Ausser für die japanische Börse rechnen wir vorerst nicht mit grösseren Avancen. Nippons Institutionelle dürften ab Anfang April, dem Beginn des neuen japanischen Geschäftsjahres, nach und nach einen Teil der kurzfristig angelegten Gelder umlagern und somit wieder als Käufer am Aktienring auftreten.
In der Schweiz rechnen wir mit einer leichten Konjunkturabkühlung, jedoch nicht mit einer Rezession. Die seit nahezu drei Jahren restriktive Geldpolitik der Nationalbank wird zu einem tendenziell sinkenden Inflationstrend beitragen. Mit einer deutlicheren Lockerung der Geldpolitik und damit sinkenden Opportunitätskosten für den Aktienmarkt rechnen wir aber erst im 2. Halbjahr 1991. Momentan ist der Aktienmarkt solide bewertet. Vom festeren US-Dollar erwarten wir einen positiven Währungseffekt auf die multinational tätigen Unternehmen. Auch rechnen wir wieder mit leicht steigenden Unternehmensgewinnen pro Aktie. Im gegebenen Umfeld bevorzugen wir die Valoren der multinational tätigen Chemie- und Pharmabranche sowie der Nahrungsmittelindustrie, welche von der sich verbessernden Währungssituation am meisten profitieren werden. Ebenfalls gute Chancen räumen wir dem Detailhandel und der Versicherungsbranche ein.
Der deutsche Aktienmarkt bleibt in absehbarer Zeit durch eine hohe Volatilität gekennzeichnet. Die unter Druck geratenen Gewinne der Gesellschaften werden durch die in den letzten Wochen stark gefallene D-Mark wieder eine Entlastung erfahren. Der positive Effekt der gesunkenen Erdölpreise wird durch die höheren Mineralölsteuern ab Juli wieder geschmälert. Negative Einflüsse auf den Aktienmarkt könnten durch allfällige grössere politische Schwierigkeiten in der Sowjetunion entstehen. Die Chancen am Aktienmarkt beurteilen wir deshalb für die kommmenden drei bis vier Monate eher zurückhaltend. Aufgrund verbesserter Ertragsaussichten für 1992 erwarten wir aber in der zweiten Jahreshälfte einen Kursanstieg. Gute Chancen räumen wir insbesondere der Elektrotechnik und der Baubranche ein. Die Produkte und Dienstleistungen dieser Unternehmen stehen für den Aufbau Ostdeutschlands im Vordergrund.
Der gegenwärtige Konjunkturrückgang dürfte in den USA seinen Tiefpunkt noch im
ersten oder spätestens zweiten Quartal 1991 erreicht haben. Der Aktienmarkt hat
die erste Phase des Wiederaufschwungs bereits eskomptiert. Durch die Beruhigung
der Lage am Golf ist auch ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor, welcher auf den
Märkten lastete, gewichen. Der Markt scheint uns jedoch auch unter Einbezug der
für 1992 erwarteten, etwas besseren Unternehmensgewinne in historischer Sicht
relativ hoch bewertet. Von der zu erwartende höheren Konsumquote werden der
Konsumsektor und auch die Automobilindustrie, deren Aktienkurse zurückgeblieben
sind, profitieren können. Die Kapitalgüterindustrie hat aufgrund der erwarteten
Auftragseingänge zum Wiederaufbau Kuwaits einen starken Kursanstieg erlebt. Die
Maschinenindustrie erachten wir als angemessen bewertet, während die
elektrotechnischen Unternehmen immer noch Kurspotential aufweisen.
M. Meyer
Internationale Abhängigkeiten gegen raschen Zinsabbau
Die in den beiden ersten Monaten 1991 weltweit aufgekommene Zinssenkungseuphorie ist im März teilweise wieder zum Erliegen gekommen oder hat zumindest einer ruhigeren Entwicklung Platz gemacht. Zum einen handelte es sich dabei um eine übliche Marktreaktion auf den vorangegangenen ausgeprägten Abwärtstrend; zum andern wurde das Potential nach unten auch durch konjunkturelle und wirtschaftspolitische Einflussfaktoren sowie internationale Abhängigkeiten zunehmend begrenzt. Dies bekam vor allem auch die Schweiz zu spüren, indem die vorübergehend akzentuierte Frankenschwäche die Nationalbank zu einer erneuten Verknappung des Liquiditätsangebots bewog und die Geldmarktsätze dadurch in einen Aufwind gerieten. Insgesamt bleiben aber die Erwartungen international rückläufiger Zinsnotierungen, wenn auch mit Nuancen, grundsätzlich erhalten.
Dosierte weitere Lockerung durch das Fed
Der rasche Sieg der alliierten Streitkräfte im Golfkrieg hat den Optimismus hinsichtlich einer rascheren Erholung der amerikanischen Wirtschaft aus dem konjunkturellen Wellental anfänglich gestärkt. Ausdrucksstarker Hinweis darauf war der alle Erwartungen übertreffende Höhenflug des Dollars am Devisenmarkt. Die Veröffentlichung der laufenden Konjunkturindikatoren liess indessen keine Zweifel daran, dass die im zweiten Semester 1990 einsetzende Rezession noch nicht überwunden ist. Da zugleich die amerikanische Teuerung -- vor allem die um volatile Elemente bereinigte "Kerninflationsrate" -- auf hohem Niveau verharrte, lockerte das Federal Reserve die geldpolitischen Zügel nur mehr sehr zurückhaltend. Am 9. März leitete die Zentralbank einen Rückgang des Zinssatzes für Federal Funds von 6 1/4 % auf 6 % ein. Erwartungen einer erneuten Diskontsatzreduktion erfüllten sich indessen trotz der ungebremsten Dollarstärke in der Folge vorerst nicht. Ziemlich orientierungslos zeigte sich in diesem widersprüchlichen Umfeld der US-Bondmarkt, dessen Renditeniveau für Staatstitel mit 10-jähriger Laufzeit ohne grössere Ausschläge leicht über 8 % verharrte. Bis sich die konjunkturelle Wende materialisiert, dürfte das Zinsniveau im kurz- wie im langfristigen Marktsegment noch etwas zurückkommen. Voraussetzungen dazu sind allerdings Fortschritte im Abbau der Teuerung.
Standhafte Bank of Japan
Obwohl sich in Japan angesichts des verlangsamten Konjunkturrhythmus die Forderungen nach einer Lockerung der Geldpolitik mehren, zeigte die Zentralbank bisher keinerlei Bereitschaft, diesen Begehren stattzugeben. Im Gegensatz zu früheren Phasen wird sie in ihrer konsequenten Haltung auch vom einflussreichen Finanzministerium unterstützt. Zu einem Zeitpunkt, da die japanische Wirtschaft gerade erst von Überhitzungs- auf einen dem mittelfristigen Potential entsprechenden Wachstumspfad einschwenkt, aber keine ernsthafte Rezessionsgefahr zu gewärtigen hat, wäre eine Abkehr von der geldpolitischen Restriktion zweifellos verfrüht. Auch würde die im Januar mit 4,5 % auf einem Zehnjahreshöchst angelangte Konsumteuerung durch eine zinsbedingte Schwächung des Yen zusätzlich angeheizt. Sowohl die Geldmarktsätze als auch die Anleihensrenditen blieben in dieser Situation im März weitgehend konstant bei gut 8 % bzw. rund 6,6 %. Falls es das internationale Umfeld erlaubt und sich die Inflationsgefahr entschärft, ist im 2. Quartal allenfalls mit einer Diskontsatzermässigung um höchstens 1/2 %-Punkt zu rechnen. Die klar inverse Zinsstruktur bliebe aber auch in diesem Falle vorerst erhalten.
Spanischer Zinseinfluss im EWS
Die von Spaniens monetären Behörden verfolgte Hochzinspolitik zur Eindämmung der Inflation hat die Peseta bereits seit etlichen Monaten zur stärksten Währung innerhalb des EWS gemacht. Dies hinderte einige andere Mitgliedländer des europäischen Währungsverbundes daran, die aus konjunkturellen Gründen wünschbare Zinserleichterung vorzunehmen. Namentlich Frankreich, dessen Währung am unteren Ende der EWS-Skala rangierte, musste daher die am 15. März vollzogene Leitzinssenkung um 1 %-Punkt der spanischen Zentralbank abwarten, ehe die Banque de France ihren Geldmarkt-Interventionssatz um einen bescheidenen Viertel-Prozentpunkt auf 9 % zurücknehmen konnte. Der sehr behutsame Schritt unterstreicht die wechselkurspolitische Rücksichtnahme, obwohl sich zugleich auch seitens der unter Druck geratenen D-Mark eine gewisse Zinsentlastung ergab.
Auch die Bank of England setzte ihre vorsichtige Politik der schrittweisen Zinserleichterung am 23. März mit einem weiteren Abbau ihrer Geldmarkt-Interventionssätze um 1/2 %-Punkt fort, worauf auch die britischen Geschäftsbanken ihren Basis-Zinssatz im selben Ausmass auf 12 1/2 % ermässigten. Die Deutsche Bundesbank ihrerseits hielt an ihrer restriktiven Geldpolitik unverändert fest. Am deutschen Rentenmarkt schlug die zunächst rückläufige Zinstendenz Mitte März wieder ins Gegenteil um, so dass über den Monatsverlauf per saldo leicht höhere Renditen resultierten.
Kurzfristige Frankensätze im Auftrieb
Nicht bloss einen Unterbruch im Zinsabschwung, sondern eine markante, wenn auch wohl nur temporäre Gegenbewegung hatte der Markt für kurzfristige Frankenanlagen hinzunehmen. Ungünstig wirkte sich zunächst die überraschend hohe Februar-Teuerung von 6,2 % aus, weil sie Hoffnungen auf eine nachhaltige Lockerung der Geldpolitik weiter in die Zukunft hinausschob. Die Schweizerische Nationalbank verknappte in der Folge ihr Liquiditätsangebot jedoch weniger als Reaktion auf diesen einzelnen Indikator, sondern vor allem um der erneuten Frankenschwäche entgegenzutreten. Der Tagesgeldsatz, der im Februar noch mehrheitlich unter 8 % gelegen hatte, stieg dadurch im März phasenweise auf deutlich über 9 % und der offizielle Lombardsatz auf über 11 % an. Auch die Eurofrankensätze und mit ihnen die Festgeldsätze der Banken zogen vor allem in den kurzfristigen Laufzeitsegementen um rund 1/2 %-Punkt an. Damit hat sich nicht nur innerhalb des eigentlichen Geldmarktes, sondern auch im Vergleich mit den langfristigen Anlageformen die inverse Zinsstruktur akzentuiert. Zwar bleiben die Erwartungen im weiteren Jahresverlauf sinkender Frankensätze grundsätzlich intakt, doch zeigten sich erneut deutlich die enger gewordenen Grenzen für eine autonome Zinspolitik in der Schweiz.
Eigenständiger Schweizer Kapitalmarkt
Wenig beeindruckt von höheren Geldmarktsätzen, stagnierendem internationalem Renditeniveau und phasenweise deutlicher Frankenschwäche zeigte sich im März der schweizerische Kapitalmarkt. Um die Monatsmitte im Trend nur kurzzeitig aufgehalten, bildete sich die Durchschnittsrendite der Bundesanleihen kontinuierlich, wenn auch im Vergleich zu den Vormonaten deutlich verlangsamt auf 6,14 % zurück. Diese Resistenz gegenüber ungünstigen äusseren Einflussfaktoren dürfte in erster Linie den mittel- bis längerfristig intakt gebliebenen Zinssenkungserwartungen der Anleger zu verdanken sein. Die daraus abzuleitenden günstigen Gesamtrenditen auf Obligationen wurden offenbar nur teilweise durch erneute Umschichtungen in momentan lukrativere Geldmarktanlagen aufs Spiel gesetzt.
Eine Stütze erhielt der Markt daneben auch vom gedrosselten Emissionsrhythmus.
Nach dem ausserordentlich hohen Volumen von 6,1 Mrd Fr. im Februar (Inland- und
Auslandanleihen sowie Aktienemissionen) waren im März mit 4,2 Mrd Fr. zwar nach
wie vor relativ hohe Beträge zu liberieren, doch flaute um die Monatsmitte die
Gangart neu aufgelegter Titel merklich ab.
Chr. Frey
Comeback des US-Dollars
Seit dem Ende des Golfkrieges haben die fundamentalen Bestimmungsgründe der Wechselkursbildung wieder erheblich an Einfluss gewonnen. Das Hauptaugenmerk der internationalen Anleger galt dabei insbesondere der mittelfristig erwarteten Zinsentwicklung und den Konjunkturperspektiven in den wichtigsten Industrieländern. Im Zuge dieser Neubeurteilung der Währungsaussichten erfuhr der US-Dollar eine markante Höherbewertung, der sich keine der übrigen Hauptwährungen entziehen konnte. Vor allem die D-Mark musste vor dem Hintergrund der sich rasch verflüchtigenden Deutschland-Euphorie weitreichende Kursverluste hinnehmen. Die führenden Notenbanken, die noch vor Monatsfrist gemeinsam gegen den Kursverfall der amerikanischen Währung vorgegangen waren, sahen sich im März veranlasst, dem Höhenflug des Dollars mit vereinten Kräften entgegenzutreten. Gemessen an ihrem entschlossenen Vorgehen blieben die Inverventionen in ihrer Wirkung allerdings recht bescheiden. Im weiteren war das Marktinteresse auf das EWS gerichtet, wo die Währungsbehörden Frankreichs und Grossbritanniens die aus konjunkturellen Gründen wünschenswerten Zinssenkungen erst in die Tat umsetzen konnten, nachdem die wegen der anhaltend starken Peseta in Zugzwang geratene spanische Zentralbank eine Lockerung ihrer Geldpolitik vorgenommen hatte.
Run in den Dollar
Kursverlauf Fr./$: 1.3505 (7. März), 1.4400 (19.), 1.3980 (22.), 1.4660 (28.), 1.4360 (2. April). Die vom Präsidenten der amerikanischen Notenbank erneut in Aussicht gestellte konjunkturelle Wende in den USA im Jahresverlauf verstärkte die bereits vorhandenen Markterwartungen auf eine baldige Überwindung der Rezession und verlieh dem US-Dollar Flügel. Weder die Tatsache, dass die publizierten ökonomischen Daten ein unverändert ungünstiges Bild zeichneten oder zumindest keine überzeugenden Anzeichen für einen bevorstehenden Wirtschaftsaufschwung vermittelten, noch die Rücknahme des Zinssatzes für Federal Funds um weitere 25 Basispunkte auf 6 % vermochten die Haussestimmung nachhaltig zu dämpfen. Auch die in Invervallen erfolgten Interventionen der Notenbanken und die gelegentlichen technischen Korrekturen konnten den Greenback jeweils nur vorübergehend zurückbinden. Nicht unwesentlich angeheizt wurde die Dollarnachfrage durch die immer deutlicher zutage tretende DM-Schwäche, durch die von der Kaufkraftparitäts-Theorie stipulierte Unterbewertung des Greenbacks und durch den antizipierten Dollarbedarf zur Finanzierung des Wiederaufbaus Kuwaits. In die gleiche Richtung wirkten Erwartungen, dass angesichts der unerwartet hohen US-Kerninflation im Februar und der wiedererwachenden Zuversicht der amerikanischen Verbraucher die Politik der Zinsverbilligung durch das Fed zu Ende gehen könnte.
Attraktivitäts-Verlust der D-Mark
Kursverlauf DM/$: 1.5475 (7. März), 1.6685 (19.), 1.6225 (22.) 1.7220 (28.), 1.6920 (2. April). Fr./DM: 87.27 (7. März), 84.99 (2. April). Die D-Mark wurde durch eine Palette negativer Faktoren unterminiert. Zunächst drückten nebst der autonomen Dollarstärke die durch Massendemonstrationen vermehrt ins Bewusstsein des Publikums gedrungene wirtschaftliche Misere in den neuen Bundesländern, die Passivierungstendenz der deutschen Ertragsbilanz sowie die politische Instabilität in der Sowjetunion und in anderen Ostblockländern auf den Aussenwert der D-Mark. Weitere Rückschläge erlitt die D-Mark sowohl in Reaktion auf die in markige Worte gekleidete Kritik von Bundesbankpräsident Pöhl an der deutschen Währungsunion als auch auf Finanzminister Waigels Äusserungen, wonach sich die USA und die Bundesrepublik Deutschland mit dem aktuellen Kursniveau ihrer Währungen zufriedengeben könnten.
Pfund im EWS fester
Kursverlauf $/£: 1.8880 (7. März), 1.7505 (19.), 1.8025 (22.), 1.7310 (28.), 1.7635 (2. April). Das von Finanzminister Lamont in der Budgetrede angekündigte Festhalten an der Anti-Inflationspolitik wurde vom Markt positiv bewertet. Das Pfund profitierte zudem von der DM-Schwäche und wurde weder durch enttäuschende Inflationszahlen noch durch die Rücknahme der Base Rate von 13 % auf 12,5 % aus der Bahn geworfen. Die jüngste Zinssenkung wurde als hilfreich für die Wirtschaft und (noch) nicht als Verringerung des Zinsvorteils gesehen. Im EWS stiess das Pfund darauf ins vordere Mittelfeld vor.
Yen gut in Form
Kursverlauf Yen/$: 135.85 (7. März), 135.25 (14.), 141.40 (28.), 138.90 (2.
April). Die Bank of Japan tat ihre Abneigung gegen die starke Aufwertung der
US-Valuta nicht nur mit Dollarverkäufen, sondern auch mit klug eingesetzter
Rhethorik kund, wobei sie vom Finanzministerium wertvolle Schützenhilfe
erhielt. Auch den Spekulationen über eine unmittelbar bevorstehende
Diskontsatzsenkung wurde mit verbalen Mitteln der Wind aus den Segeln genommen.
Yen-Käufe vor Ende des Fiskaljahres (31.3.) trugen zur erneuten Festigung der
japanischen Währung in den wichtigsten Cross-Relationen bei.
H. Theiler
Edelmetalle unter dem Druck der Dollarhausse
An den Edelmetallmärkten dominierte im März Silber das Geschehen. Während beim Gold die Höchstnotierung nur um 4 % über dem Minimum lag, legte das weisse Metall vom Tiefstpunkt Anfang Monat bis zur Höchstnotierung über 10 % zu. Der Preis des gelben Metalls blieb in der ersten Monatshälfte weitgehend stabil, verlor nach Mitte März aber Terrain und musste gegen Monatsende die Marke von 360 $/Unze preisgeben. Der Silberpreis erlebte in der ersten Märzhälfte einen starken Aufschwung, fiel im weiteren Monatsverlauf aber wieder deutlich zurück, unterschritt dabei -- im Unterschied zum Gold -- den Stand von Anfang März aber nicht. Die anderen weissen Metalle Platin und Palladium vermochten wie Gold aus einem engen Preisband nicht auszubrechen.
Überraschend an der Entwicklung des Goldpreises war der relativ lang anhaltende Widerstand gegen die im gesamten Monatsverlauf herrschende Dollarhausse. Entsprechend festigte sich der Kilopreis in Schweizerfranken im März um 6 %. Neben einer Anfang Monat noch bemerkbaren physischen Nachfrage aus dem Mittleren Osten wirkte vor allem das Rally am Silbermarkt als Preisstütze. Mitte März geriet auch das weisse Metall unter Druck. Zudem liess mit dem anbrechenden Ramadan die physische Nachfrage aus dem Mittleren Osten nach. Der Anstieg der Notierungen in den gegenüber dem Dollar nachgebenden Währungen führte auch hier zu einer Drosselung der Nachfrage.
Dem vorübergehend starken Anstieg der Silbernotierung lag neben spekulativen Elementen vor allem ein Nachfrageimpuls seitens der verarbeitenden Industrie, die ihre Konjunkturerwartungen nach oben revidierte, zugrunde. Verstärkt wurde die Aufwärtsbewegung durch Eindeckungen von Short-Positionen. Schon vor Erreichen des Niveaus von 4.20 $/Unze setzten jedoch Abgaben von Produzenten und Gewinnmitnahmen ein. Auf der Angebotsseite mehren sich nach Ansicht des Verbandes amerikanischer Silberverarbeiter die Anzeichen, dass das Gesamtangebot an Silber aus Produktion und Wiedergewinnung 1991 erstmals seit zehn Jahren zurückgehen könnte. 1990 hatte insbesondere die wachsende Bergwerksproduktion in den westlichen Ländern den Rückgang der Sekundärproduktion noch ausgleichen können.
Am 5. April schloss Gold bei 358.50 $/Unze, Silber bei 3.80 $/Unze und Platin
bei 390.50 $/Unze.
Dr. W. Metzler