UBS Economic Notices (ger) 6/1991

Sonderfall Schweiz -- wohin?

Dr. Nikolaus Senn, Präsident des Verwaltungsrates der Schweizerischen Bankgesellschaft * * Gekürzte Fassung des Referates, gehalten an der Generalversammlung der SBG vom 17. April 1991 in Zürich.

Das 700-Jahr-Jubiläum der schweizerischen Eidgenossenschaft gibt Anlass zur Rückschau und zur Standortbestimmung. Gleichzeitig und vor allem sollten wir den Blick auch in die Zukunft richten. Dies insbesondere deshalb, weil wir in einer Zeit des Umbruchs und Wandels stehen, der sowohl Technik und Wirtschaft als auch Gesellschaft und Politik erfasst.

Wo stehen wir heute?

Auf der wirtschaftlichen Ebene ist der Leistungsausweis der Schweiz insgesamt positiv. Wir zählen -- gemessen am Bruttosozialprodukt pro Kopf -- zu den reichsten Nationen der Welt. Zudem ist dieser Wohlstand -- ebenfalls im internationalen Vergleich -- relativ breit verteilt. Die weltweit tiefste Arbeitslosigkeit, das gut ausgebaute Netz der sozialen Sicherheit und die bewährte Partnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind die wichtigsten Grundpfeiler für den sozialen Frieden in unserem Land. Innovative Forschung, Unternehmergeist und Weltoffenheit gelten -- zumindest in der Wirtschaft -- nach wie vor als typisch schweizerische Eigenschaften. Auch das Ausbildungsniveau der Schweizer braucht den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Unsere Arbeitskosten sind zwar höher als in anderen Ländern. Dem stehen aber starke Pluspunkte wie die hohe Qualifikation und Produktivität der Arbeitskräfte gegenüber. Diese qualitativen Aspekte begründen nach wie vor den guten Ruf des "Made in Switzerland".

Gleichzeitig ist unbestreitbar, dass sich unser Vorsprung auf die wichtigen Konkurrenten am Weltmarkt verringert hat. Insbesondere unsere traditionellen Standortvorteile in bezug auf Steuern, Inflation und Zinssätze haben sich vermindert; allerdings nicht nur, weil wir uns verschlechtert, sondern vor allem deshalb, weil sich unsere Nachbarn verbessert haben. Dies zwingt uns zu einer intensiveren Weiterentwicklung.

Aufbruch wohin?

Am deutlichsten zeigt sich dieser Zwang am historischen Umbruch, in dem Europa steht. Mit der Europäischen Gemeinschaft entsteht der grösste freie Binnenmarkt der Welt, in Osteuropa hat der Kommunismus den Konkurs angemeldet. Die jahrzehntelange Trennung der Welt in totalitäre Systeme und demokratische Staaten beginnt sich aufzulösen; Europa rückt enger zusammen. Diese Entwicklung kann die Schweiz nicht ignorieren. Sie muss sich -- in welcher Form auch immer -- in die europäische Familie einbinden lassen. Das Fernziel der politischen Einigung Europas ist aber für uns ohne eine föderalistische Verfassung der Gemeinschaft nicht akzeptabel. Beim Entwurf eines föderalistischen und demokratischen Europa könnte die Schweiz allerdings ihre Stärken aktiv ins Spiel bringen. Die Frage der Neutralität muss nicht nur im Hinblick auf ein vereintes Europa neu interpretiert werden.

Seit einiger Zeit versucht die Mehrheit der westlichen Industrieländer mittels Deregulierung und Liberalisierung den Marktkräften wieder stärker zum Durchbruch zu verhelfen, um damit das wirtschaftliche Wachstum zu fördern. In der Schweiz ist von einer solchen Entlastung der Wirtschaft von staatlichen Vorschriften leider wenig zu spüren. In einer Zeit, in der in Osteuropa der Glaube an die Funktionstüchtigkeit des Marktes die Fesseln des Dirigismus sprengt, befindet sich die Marktwirtschaft in der Schweiz eher auf dem Rückzug. Während beispielsweise Ungarn das nationale Preisamt auflöst, werden hierzulande nach den Preisen auch noch die Kreditzinsen der Preisüberwachung unterstellt.

Wenn wir von der neuen Dynamik in der Weltwirtschaft nicht überrollt werden wollen, müssen wir der Marktwirtschaft im eigenen Land wieder vermehrt zum Durchbruch verhelfen. Ein Erfolg auf dem Weltmarkt setzt heute nicht mehr nur den Wettbewerb der Unternehmen voraus; auch die Staaten müssen sich mit attraktiven Standortbedingungen um die international mobiler gewordenen Firmen bemühen. Dieser internationale Wettlauf lässt sich nicht gewinnen, wenn wir auf den Europäischen Wirtschaftsraum warten. Wir müssen aus eigener Initiative aktiv werden. Wir können beispielsweise den Zugang zum schweizerischen Arbeitsmarkt unabhängig vom Verlauf der EWR-Gespräche neu regeln oder mit einer Liberalisierung der protektionistischen Submissionsgesetze der öffentlichen Hand endlich den schweizerischen Binnenmarkt verwirklichen. Ist die Agrarpolitik wirklich nur im Hinblick auf den EWR anzupassen? Auch die seit Jahrzehnten anstehende Verabschiedung eines brauchbaren schweizerischen Aktienrechts wird nicht in Brüssel blockiert.

Effizientes Steuersystem

Aus Sicht des Bankiers sind Steuerproblematik, monetäre Stabilität und Fragen des Börsenplatzes Schweiz besonders kritische Bereiche. Auch nach der Abstimmung vom 2. Juni über die Finanzreform ist die Schweiz von einem international attraktiven und effizienten Steuersystem noch weit entfernt. So sind wir beispielsweise eines der wenigen Industrieländer, das den Mut zum Risiko bestraft, indem es die Gründung und Erweiterung eines Unternehmens mit einer Emissionsabgabe belastet. Auch bei der Quellensteuer auf Zinsen und Dividenden bildet unser Land mit einem Verrechnungssteuersatz von 35 % das unrühmliche Schlusslicht. Die Umsatzabgabe auf Börsengeschäften wird auch nach Inkrafttreten des revidierten Stempelgesetzes Käufe und Verkäufe von Wertpapieren belasten; auf konkurrierenden Finanzplätzen sind diese Abgaben abgeschafft worden. Ein Anachronismus mit schwerwiegenden Folgen ist schliesslich die doppelte Besteuerung des Unternehmensgewinns bei der Unternehmung und beim Aktionär. Unsere wichtigsten Konkurrenten (Deutschland, Grossbritannien und Frankreich) haben dies erkannt und entsprechend gehandelt. Es ist wichtig, dass auch wir die Zeichen der Zeit richtig deuten und die Weichen so stellen, dass unsere Unternehmen der ausländischen Konkurrenz mit gleich langen fiskalischen Spiessen entgegentreten können.

Zurück zur monetären Stabilität

Ein zweiter Pfeiler der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist die monetäre Stabilität. Sie beinhaltet auf der einen Seite niedrige Inflationsraten und niedrige Zinssätze; auf der anderen Seite gehört ein stabiler Aussenwert des Schweizerfrankens dazu. An beiden Fronten hat die Schweiz im Verlauf der achtziger Jahre Terrain verloren. Die Teuerungsrate übersteigt seit mehr als fünf Jahren jene unseres wichtigsten Konkurrenten auf dem Weltmarkt; trotz schwieriger Umstände mit der Integration der ehemaligen DDR liegt die Inflation in Deutschland mit weniger als 3 % weit unter unseren 6 %.

Die hohe Teuerung in der Schweiz hat auch auf das Zinsniveau durchgeschlagen. Gekoppelt mit einer restriktiven Geldpolitik führte dies zu Geldmarktsätzen, welche international keinen Wettbewerbsvorteil mehr darstellen. Auch die Kapitalmarktsätze sind massiv gestiegen.

Ob diese Zinshausse allerdings das endgültige Ende der Schweiz als Zinsinsel bedeutet, wage ich zu bezweifeln. Zwar wird die fortschreitende Vernetzung der Geld- und Kapitalmärkte in Zukunft substantielle und andauernde internationale Zinsdifferenzen nicht mehr zulassen. Eine Geldpolitik, die sich wieder vermehrt am Ziel der Preisstabilität orientiert, wird aber mittelfristig dämpfend auf das Zinsniveau wirken. Zusammen mit dem nach wie vor hohen Sparvolumen kann ich mir bei zurückgewonnener Preisstabilität durchaus wieder eine Zinsinsel -- oder wenigstens eine Zins-Halbinsel -- vorstellen.

Eine nicht zu unterschätzende Rolle wird dabei auch die Entwicklung des Schweizerfrankens spielen. Ein starker und stabiler Schweizerfranken ist eine wichtige Voraussetzung für niedrige Zinssätze. Der internationale Kapitalanleger gibt sich nur mit niedrigeren Zinssätzen zufrieden, wenn er mit einer starken Währung rechnen kann. Im Verlauf des letzten Jahres hat der Schweizerfranken, nicht zuletzt dank einer Korrektur in der schweizerischen Geldpolitik, wieder an Ansehen und damit an Stärke gewonnen.

Ein moderner Wertschriftenhandelsplatz werden

Als Bankier liegt mir besonders daran, dass die Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Finanzplatzes erhalten und verbessert wird. Besondere Aktualität kommt dabei dem Wertschriftenhandel zu. Die Aufgabe der Börse ist es, den Ausgleich von gesparten und investierten Geldern herbeizuführen sowie die damit verbundenen Risiken zu verteilen. Durch die Transformation von Beträgen, Fristen und Risiken tragen die Wertpapiermärkte entscheidend zur wirtschaftlichen Nutzung der Ersparnisse bei. Je besser und effizienter die Börse diese Aufgabe erfüllt, desto günstiger fällt die Unternehmensfinanzierung aus. Welche Bedeutung dies für unser Land hat, liegt auf der Hand: Der aus der Knappheit an Boden und Arbeitskräften resultierende Standort- und Kostennachteil der Schweiz muss auch inskünftig durch die Verfügbarkeit von möglichst günstigem Kapital wettgemacht werden.

In den letzten Jahren hat der Börsenplatz Schweiz einen Teil seines früheren Glanzes verloren. Dies ist umso bedauerlicher, als in den achtziger Jahren eine gewisse Verlagerung von der traditionellen Bank- zur Wertschriftenfinanzierung stattfand. Die Schweiz ist auch im Börsenbereich nicht etwa schlechter geworden. Vielmehr haben die ausländischen Finanzplätze ihre Attraktivität stark erhöht. So verabschiedete beispielsweise die Bundesrepublik kürzlich ein Förderungsgesetz für den Finanzplatz. Auch Frankreich versucht, seine Börsen mit staatlicher Unterstützung konkurrenzfähiger zu machen. Das Gleiche gilt für Grossbritannien und Luxemburg. Es wird deshalb für die Schweiz höchste Zeit, auf diesem Gebiet ebenfalls aktiv zu werden. Dabei scheinen mir -- neben dem Handicap des Umsatzstempels -- vor allem drei Punkte wichtig:

Erstens müssen die Informationen über den Wertpapierhandel und die Rechnungslegung verbessert werden. Die Bedeutung guter Informationen für die Börse kann nicht genügend betont werden. Gesamtwirtschaftliche Risiken lassen sich via Börse nur dann optimal verteilen, wenn detaillierte Angaben über Volumen und Struktur des Börsengeschäfts sowie eine aussagekräftige Unternehmens-Berichterstattung vorliegen. In diesem Sinn und geleitet vom Prinzip des "true and fair" hat die SBG in diesem Jahr erstmals einen konsolidierten, auf EG-Richtlinien basierenden Jahresabschluss vorgelegt.

Unbestritten bleibt zweitens die Forderung, die schweizerische Vinkulierungspraxis so liberal als möglich zu gestalten. Dies kann jedoch nicht bedeuten, dass wir auf sämtliche Stimmrechtsbeschränkungen verzichten. Unser Land wäre bei seiner Kleinheit wohl schlecht beraten, wenn wir aufgrund unüberlegter Liberalisierungsmassnahmen unsere Firmen einem exzessiven und ruinösen Übernahmestrudel aussetzten.

Zur Verhinderung von Übernahmeexzessen muss daher die Möglichkeit einer prozentualen Beschränkung des Besitzes von Namenaktien bestehen. Darüber hinaus müssen die Gesellschaften im Hinblick auf die Erfüllung gesetzlich geforderter Nachweise (z.B. der Lex Friedrich oder des Bankengesetzes) auch die Möglichkeit haben, bestimmte Personenkreise als Namenaktionäre auszuschliessen. Abzulehnen ist jedoch jede Willkürermächtigung des Verwaltungsrates, allfällige Ablehnungsgründe müssen klar in den Statuten festgelegt sein. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Vorschläge in der parlamentarischen Diskussion durchsetzen.

Eng mit dieser Problematik verbunden ist der schweizerische Übernahmekoedex. Dieser soll bei öffentlichen Angeboten sowohl den Aktionären als auch den Gesellschaftsorganen Klarheit für ihre Entscheidungen verschaffen. Er trägt zur Vermeidung von Marktmanipulationen bei und stellt sicher, dass die Beteiligten Treu und Glauben beachten. Das künftige Börsenrecht sollte diese Problemkreise ebenfalls klar regeln. Bedeutsam sind insbesondere die Offenlegung des Erwerbs von Beteiligungen an kotierten Gesellschaften ab einem bestimmten Prozentsatz sowie die Verpflichtung zur Unterbreitung eines öffentlichen Angebots, sobald ein bestimmter Grenzwert überschritten wird. Auch muss bei Übernahmeangeboten sichergestellt sein, dass alle Aktionäre derselben Aktienkategorie gleich behandelt werden. Dies wird das Vertrauen in unsere Börsen zusätzlich stärken.

Drittens erachte ich eine Reform des schweizerischen Börsenföderalismus als dringend notwendig. Erste Schritte dazu sind bereits eingeleitet worden. Mit der vor rund drei Jahren erfolgreich eingeführten SOFFEX haben die Marktteilnehmer ihre ungebrochene Innovationsfähigkeit unter Beweis gestellt und die Attraktivität der Schweizer Aktienmärkte deutlich verbessert. Bis Ende 1991 soll nun der Wertschriftenhandel von den ehemals sieben Schweizer Handelsplätzen auf die drei grössten Börsen Zürich, Genf und Basel konzentriert werden. Auch die nächstes Jahr vorgesehene Einführung einer Elektronischen Börse Schweiz -- vorerst im Bereich des Obligationenhandels in Schweizerfranken -- zielt auf eine Effizienzsteigerung im Wertpapierhandel ab.

Vorwärtsstrategie!

Wenn die Schweiz nicht vom Sonder- zum Sanierungsfall werden will, muss auch die Politik vermehrt von einer defensiven Grundhaltung zu einer vorwärtsgerichteten Strategie finden. Wenn wir unsere traditionellen Stärken einer liberalen Ordnung, der Weltoffenheit und der Stabilität wiederentdecken, können wir, davon bin ich überzeugt, mit Zuversicht in unser achtes Jahrhundert und ins dritte Jahrtausend treten.

Hohe Arbeitskosten in der Schweiz

Bei der Standortwahl für Unternehmen spielen Verfügbarkeit und Kosten der Produktionsfaktoren sowie die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle. Als Kostenelemente fallen neben dem Realzinsniveau und der Steuerbelastung die Arbeitskosten (Lohnaufwendungen inkl. Sozialleistungen) stark ins Gewicht. Ein internationaler Vergleich der Arbeitskosten in der verarbeitenden Industrie im Jahre 1990 weist die Schweiz als einen der teuersten Produktionsstandorte aus. In längerfristiger Perspektive werden die relativen Arbeitskosten durch die Wechselkursentwicklung stark beeinflusst.

Die gesamten Arbeitskosten einer Unternehmung setzen sich aus den ausbezahlten Löhnen sowie den Lohnnebenkosten zusammen. Letztere umfassen die gesetzlichen, tariflichen und freiwilligen Sozialleistungen sowie die Aufwendungen für arbeitsfreie Tage; sie variieren damit je nach Ausbau des Sozialsystems und Finanzierung der Sozialleistungen von Land zu Land stark und belasten den Arbeitgeber in unterschiedlichem Ausmass. Japanische Unternehmen stehen diesbezüglich mit einem Anteil von 30 % der Lohnnebenkosten am Stundenlohn am günstigsten da, während in Italien diese Zusatzkosten mit 103 % sogar mehr als die Bruttolöhne ausmachen.

Die Schweiz war 1990 mit 31.54 Fr. pro Arbeitsstunde unter den wichtigen Industrieländern der zweitteuerste Produktionsstandort. Hier wurden zwar mit 20.95 Fr. die höchsten Stundenlöhne ausbezahlt, doch lagen die Lohnnebenkosten deutlich unter jenen Deutschlands. Betrugen sie in der Schweiz rund 10.58 Fr. oder gut 50 % des durchschnittlichen Stundenlohnes, so beliefen sie sich in Westdeutschland auf 14.98 Fr. (85 %). Ein starkes Kostengefälle wiesen die Länder des kommenden europäischen Binnenmarktes auf. So mussten die Produzenten in Westdeutschland mit umgerechnet 32.51 Fr. im Durchschnitt am meisten für eine Stunde Arbeit -- Lohn plus Lohnnebenkosten -- aufwenden. In Portugal, dem kostengünstigsten Standort innerhalb der EG, brauchten sie hingegen lediglich 6.13 Fr. in Rechnung zu stellen.

Wechselkursschwankungen mitentscheidend

Die Momentaufnahme der Arbeitskosten im internationalen Vergleich ergibt durch die Umrechnung zu aktuellen Wechselkursen unter Umständen ein verzerrtes Bild; bei der Standortwahl ist daher auf längerfristig gültige Kostenrelationen beispielsweise anhand der Kaufkraftparitäten abzustellen. Waren die USA Mitte der 80er Jahre der teuerste Produktionsstandort in bezug auf den Faktor Arbeit, so fanden sie sich 1990 inmitten der Niedriglohnländer, nachdem sich der Dollar innerhalb von 5 Jahren gegenüber dem Schweizerfranken um gut 43 % abgewertet hatte. Die Schweiz konnte ihrerseits dank der Frankenschwäche 1989 ihren relativen Kostennachteil verringern, nachdem sie zwischen 1986 und 1988 international noch die höchsten Arbeitskosten aufgewiesen hatte. Japan, dessen Industrie noch Anfang der 80er Jahre für Arbeit deutlich weniger als ihre westlichen Konkurrenten aufwenden musste, wurde 1989 wechselkursbedingt zu einem Hochlohnland und rückte auf die 4. Stelle vor. Mit der drastischen Yen-Abwertung um 19 % im Jahre 1990 rutschte es aber wieder ins Mittelfeld zurück.

Länder, in denen die Arbeitskosten (meist inflationsbedingt) beschleunigt zunahmen, konnten die Verschlechterung ihrer internationalen Wettbewerbsposition oft durch eine Abwertung ihrer Währung mildern. Beispielsweise stiegen in Italien und Grossbritannien -- Ländern mit traditionell relativ hohen Inflationsraten -- in den letzten 10 Jahren die Arbeitskosten auf nationaler Basis um 168 % bzw. 173 %, d.h. rund dreimal stärker als in der Schweiz. Die Lira- und Pfundabwertung in dieser Zeitspanne fing den Kostennachteil zum Teil wieder auf, so dass die italienischen und britischen Arbeitskosten in Schweizer Franken nur wenig stärker als die schweizerischen stiegen.

Kostenachteil durch hohe Arbeitsproduktivität gemildert

Neben den nominellen Arbeitskosten spielt die Arbeitsproduktivität -- das Produktionsergebnis je Arbeitskraft -- im internationalen Wettbewerb eine wesentliche Rolle. Hohe Arbeitskosten können durch ein hohes Produktivitätsniveau ausgeglichen werden. Die Voraussetzungen dazu bestehen v.a. in den hochindustrialisierten Ländern, doch lässt sich durch den Technologietransfer die Produktivität auch in traditionellen Niedriglohnländern massiv verbessern. In diesem Sinne könnte der Produktionsstandort Südeuropa bei einem entsprechenden Ausbildungsstand und den notwendigen Qualifikationen seiner noch relativ billigen Arbeitskräfte an Attraktivität gewinnen. In Spanien machten 1990 die Arbeitskosten beispielsweise nur etwa 60 % der schweizerischen aus.

Für die Beurteilung der längerfristigen Attraktivität eines Produktionstandortes ist vor allem die Entwicklung von Arbeitskosten und Produktivität ausschlaggebend: Liegt der Produktivitätszuwachs über dem Anstieg der realen Arbeitskosten, so verbilligen sich die Stückkosten je Arbeitsstunde. In den vergangenen 10 Jahren schnitten die USA in dieser Hinsicht am besten ab. Dort bildeten sich zwischen 1980 und 1990 die Arbeitskosten real um 0,6 % pro Jahr zurück, gleichzeitig erhöhte sich die Produktivität jährlich um 3,2 %. Grossbritannien erfuhr mit einem Plus von real 3,8 % pro Jahr die höchste Zunahme der Arbeitskosten unter den Industrieländern, konnte aber ebenfalls höhere Produktivitätsgewinne (5,5 % p.a.) erzielen. Der Produktivitätsfortschritt war dort grösstenteils auf starke Rationalisierungsmassnahmen zurückzuführen, da in Grossbritannien die Zahl der Beschäftigten in der Industrie in dieser Zeitspanne jährlich um 2,8 % zurückging. Ein weniger günstiges Bild ergibt sich für Westdeutschland, wo der Produktivitätsanstieg die Zunahme der Arbeitskosten nur geringfügig übertraf, so dass sich die Stückkosten je Arbeitsstunde unterdurchschnittlich verringerten. Etwas positiver ist die Situation in Japan, dessen Arbeitskosten sich real deutlich langsamer als die Produktivität entwickelten, obwohl Japan 1990 als einziges Land mehr Leute in der Industrie beschäftigte als 1980. Italien verzeichnete real nach den USA die geringste Zunahme der Arbeitskosten, gefolgt von der Schweiz. Im Produktivitätsfortschritt war die Schweiz in den letzten Jahren international nur Mittelmass. Italien und Frankreich konnten ihre Produktivität ebenfalls nicht übermässig steigern, obwohl dort die Zahl der Industrie-Arbeitsplätze deutlich abgebaut wurde.

Grundsätzlich sind die Arbeitskosten zwar für die Beurteilung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ein wichtiges Kriterium. Bei einem Standortvergleich müssen neben der Produktivität jedoch auch andere Faktoren berücksichtigt werden, die den Wettbewerbsnachteil hoher Arbeitskosten zumindest teilweise kompensieren können. Neben allgemeinen Faktoren wie politischer und sozialer Stabilität spielen vor allem das Realzinsniveau und die Steuerbelastung eine nicht nicht zu unterschätzende Rolle. So konnte sich der Produktionsstandort Schweiz trotz teurer Arbeitskräfte bislang dank günstigeren Refinanzierungsmöglichkeiten, relativ niedrigeren Steuersätzen und höherem Ausbildungsniveau verhältnismässig gut behaupten. Diesen Faktoren ist daher auch in Zukunft mit der Gestaltung der Rahmenbedingungen vermehrt Sorge zu tragen. Elisabeth Messner

Prognose von ECU-Renditen

Die Bedeutung der Europäischen Währungseinheit ECU nimmt im Rahmen der Vermögensverwaltung und Unternehmensfinanzierung ständig zu. Motive für die Haltung dieser Währung liegen im Diversifikationseffekt von ECU-Anlagen (Reduktion von Zins- und Währungsrisiken) sowie in der Möglichkeit, indirekt in hochverzinslichen, aber wenig liquiden Märkten wie Spanien anzulegen. Aufgrund dieser Entwicklung steigt auch der Bedarf an regelmässigen Zinsprognosen im ECU-Bereich. Dabei gilt es, neben der Prognosegüte die Konsistenz mit den Zinsprognosen für die EWS-Länder sicherzustellen. Dies gelingt, weil Arbitrageüberlegungen eine einfache Beziehung zwischen den ECU-Zinssätzen und dem gewichteten Zinsniveau der EWS-Länder implizieren.

ECU als Währungskorb

Der ECU (European Currency Unit) ist die Währungseinheit der Europäischen Gemeinschaft, definiert als Korb der zwölf EG-Währungen. Die seit September 1989 gültigen anteiligen Währungsbeiträge nationaler Valuten pro ECU sind in der Tabelle (Spalte 1) aufgeführt. Die Zusammensetzung des ECU-Korbes wird alle fünf Jahre entsprechend dem Anteil jedes EG-Landes am innereuropäischen Handel, des Sozialprodukts und der Währungsreserven überprüft und wenn notwendig revidiert.

Der Dollarkurs des ECU (d.h. US$/ECU) entspricht der Summe aller nationalen Währungsbeiträge, die in US-Dollars umgerechnet sind. Die Tabelle veranschaulicht die Berechnungsweise für den 21. Mai 1991. Der in Dollar ausgedrückte Gegenwert von 0.6242 Deutsche Mark entspricht bei einem DM/US$-Kurs von 1.71 dem Betrag von US-Dollar 0.3648 (vgl. Spalte 3). Die Summe aller Gegenwerte in US-Dollar ergibt den Dollarkurs des ECU, d.h. 1.2035 US$/ECU in unserem Beispiel. Dieses Verfahren erlaubt es, den ECU-Wechselkurs gegenüber irgendeiner Fremdwährung zu ermitteln: In Spalte 2 sind lediglich die Dollarkurse durch die Wechselkurse der gewünschten Referenzwährung zu ersetzen. An den Devisenmärkten werden die ECU-Kurse gegenüber den wichtigen Währungen laufend notiert.

Obwohl die Währungsbeiträge für längere Zeit konstant bleiben, schwanken aufgrund der gezeigten Umrechnungen mit den aktuellen Wechselkursen sowohl der Aussenwert des ECU als auch die Gewichte der EWS-Währungen im ECU-Korb. Die Deutsche Mark beispielsweise wies am 21. Mai 1991 einen Anteil von 30,31 % auf (vgl. Spalte 4), und zwar unabhängig von der jeweiligen Referenzwährung.

Benchmarks für ECU-Renditen

Verlässliche Indikatoren des Zinsverlaufs sind für Performanceanalysen und Prognosen unerlässlich. Am kurzen Ende der Rendite-Kurve ist der 3-Monats-Eurozinssatz ein anerkannter Indikator. Am langen Ende tauchen jedoch Probleme auf, da der ECU-Kapitalmarkt nicht homogen ist. Weil die 10 3/4 %-Obligation des Staates Italien, fällig im Jahre 2000, ein ausgezeichnetes Rating und eine grosse Liquidität aufweist, verwenden wir für unsere Prognosen diesen Titel als Benchmark der Kapitalmarktrendite. Da die Restlaufzeit dieses Titels immer kürzer wird, muss die Benchmark-Obligation regelmässig -- z.B. jedes Jahr -- ersetzt werden, um eine relativ konstante Laufzeit der beobachteten Anleihe sicherzustellen. Im Rahmen dieser Studie greifen wir jedoch auf eine andere ECU-Zeitreihe zurück, weil die erwähnte Benchmark-Obligation erst im April 1990 emittiert wurde.

Theoretische ECU-Rendite

Da die ECU-Zeitreihen im langen Laufzeitenbereich nicht weit in die Vergangenheit zurückreichen, erweisen sich ökonometrische Modelle zur Prognose von ECU-Renditen vorerst als ungeeignet. Der Umweg über die Prognose der einzelnen Zinssätze in den EWS-Ländern mit anschliessender Durchschnittsbildung stellt deshalb das übliche Vorgehen dar. Dabei ist jedoch die Errechnung eines einfachen, gewogenen Durchschnitts der einzelnen EWS-Zinssätze nicht zu empfehlen, da die effektive Struktur der ECU-Anlagen dadurch nicht richtig abgebildet wird und ausserdem systematisch überhöhte Werte resultieren. Wesentlich besser lässt sich die ECU-Rendite mit Hilfe eines Portefeuilles von EWS-Obligationen erklären.

Bildung eines duplizierenden Portefeuilles

Die Merkmale einer ECU-Obligation lassen sich durch die Bildung eines Portefeuilles erzeugen (duplizieren), das ausschliesslich aus Obligationen in EWS-Währungen besteht. Die Grundidee besteht darin, Obligationen der einzelnen EWS-Währungen entsprechend derer ECU-Korb-Anteile im Portefeuille zu halten. Beispielsweise hat die DM-Obligation in der Tabelle bei einem Zinsniveau von 8,39 % und einer Laufzeit von zehn Jahren einen Preis von 44.68 DM (vgl. Spalte 5 und 6). Beim einem Wertanteil der D-Mark im ECU-Korb von 30,31 ergibt sich eine DM-Position von 44,68 x 30,31 = 13,54 ECU im Portefeuille. Die Summe aller Positionen von EWS-Obligationen beträgt 40,87 ECU (vgl. Spalte 7). Das duplizierende Portefeuille verspricht bei Verfall eine Rückzahlung von 100 ECU. Da es die Auszahlungstruktur einer Zero Coupon ECU-Obligation mit einem Nennwert von 100 ECU und einer Laufzeit von zehn Jahren aufweist, ist deshalb 40,87 gleichzeitig der theoretische Preis dieser ECU-Obligation.

Wie die folgenden Überlegungen zeigen, muss das Portefeuille sich den tatsächlichen Preisen von ECU-Obligationen gut annähern. Läge nämlich der Preis einer gehandelten ECU-Obligation unter dem Portfolio-Wert, könnte man mittels einer Long-Position in dieser Obligation und einer gleichzeitigen Short-Position im duplizierenden Portefeuille risikolose Arbitragegewinne erzielen. Das gleiche gälte mit umgekehrten Vorzeichen natürlich dann, wenn der Preis einer gehandelten ECU-Obligation über dem Portfeuille-Wert läge.

Arbitragebeziehung zwischen ECU- und EWS-Renditen

Die obigen Überlegungen beziehen sich auf den Preiszusammenhang von ECU- und EWS-Anlagen. Für die Renditen solcher Anlagen lässt sich eine analoge Beziehung herleiten. Die theoretische ECU-Rendite entspricht jedoch nicht dem einfachen gewichteten Mittel der EWS-Renditen, da dieses Verfahren zu systematisch verzerrten Schätzungen führt. Dies kommt in der Tabelle zum Ausdruck: Die Rendite unserer synthetischen ECU-Obligation (= Rendite des duplizierenden Portefeuilles) beträgt 9,36 % und kommt damit der Rendite des Benchmarks (10 3/4 %-Anleihe Italien 1990-2000) von 9,06 % recht nahe. Das einfache gewogene Mittel würde mit 9,47 % demgegenüber einen relativ schlechten Näherungswert darstellen.

Die Approximationsgüte dieser Beziehung wird in den beiden Graphiken anhand von 3-Monats-Euroanlagen bzw. ECU-Bonds für die Zeitperiode Januar 1987 bis April 1991 nochmals illustriert. Zwischen den beobachteten und den berechneten theoretischen Renditen von 3-Monats-Euroanlagen besteht eine hohe Korrelation. Die abgeleitete Arbitragebeziehung erlaubt deshalb eine gute Approximation des 3-Monats-Eurozinssatzes. Die Korrelation der beobachteten und der theoretischen Rendite von ECU-Obligationen ist ebenfalls hoch. Der berechnete theoretische Kapitalmarktsatz liegt jedoch systematisch zu tief, weil er auf der Rendite von Staatsanleihen basiert. Die beobachtete Durchschnittsrendite von ECU-Anleihen enthält zusätzlich eine Prämie zur Deckung der tieferen Bonität, da viele Schuldner keine Staatsgarantie gewähren.

Vier-Länder-Modell zur ECU-Zinsprognose

Wollen wir die ECU-Rendite auf Jahresende prognostizieren, so setzen wir die für Ende 1991 erwarteten EWS-Renditen in die Spalte 5 ein und erhalten den entsprechenden ECU-Zinssatz. Dieses Verfahren ist relativ aufwendig, da zuerst die zwölf Zinssätze der EWS-Länder prognostiziert werden müssen. Beschränken wir uns auf die liquidesten EWS-Märkte (D-Mark, Pfund Sterling, französischer Franc, holländischer Gulden), so sind 70 % des ECU-Wertes abgedeckt. Die obige Berechnungsweise der Rendite behält ihre Gültigkeit, wobei neue ECU-Gewichte für das "Vier Länder-Modell" aus den Währungsgewichten im ECU-Korb berechnet werden müssen. Da hochverzinsliche Währungen aus dem Portefeuille ausgeschlossen worden sind, ergibt sich aus unserem "Vier Länder-Modell" eine niedrigere Rendite. Die Abweichungen der beobachteten ECU-Renditen von den "Vier Länder-Renditen" sind aus den Graphiken 1 und 2 ersichtlich. Der Spread für die Obligationen bleibt relativ konstant. Auf dem Euro-Geldmarkt hat er in jüngster Vergangenheit 15 Basispunkte betragen. Diese Beziehung ist einfach zu handhaben, da lediglich vier Werte für die Ableitung der theoretischen ECU-Rendite prognostiziert werden müssen. Dazu wird der erwähnte Spread addiert, um eine mit den Zinsprognosen für EWS-Anlagen konsistente ECU-Rendite zu erhalten.

Schlussfolgerungen

Die Gewichte des "Vier Länder-Modells" erweisen sich als stabil. Auf eine relativ häufige Anpassung der Währungsgewichte kann deshalb verzichtet werden. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die EWS-Währungen an Stabilität stark gewonnen haben. Ein vierteljährlicher Anpassungsrhythmus der Gewichte dürfte ausreichen. Beim Eintritt neuer EG-Länder in das EWS oder einer Anpassung der Leitkurse ist eine Neugewichtung unumgänglich. In solchen Situationen ist das theoretische Modell deshalb von Nutzen, weil damit die Auswirkung von Änderungen in bestimmten EWS-Komponenten auf die ECU-Rendite untersucht werden kann. Im Normalfall bietet aber die "Vier Länder-Relation" eine qualitativ ausreichende Lösung zur Ableitung von ECU-Zinsprognosen. Dominique Salamin

Eine ausführlichere Version dieser Studie ist als "VOWI-Standpunkt Nr. 51" bei folgender Adresse erhältlich: Schweizerische Bankgesellschaft, Abteilung Volkswirtschaft, Postfach, 8021 Zürich, Tel. (01) 234 49 22.

Selektives Vorgehen bei Aktienanlagen

Die Lage an den Weltbörsen wird massgeblich von den Konjunkturaussichten der jeweiligen Volkswirtschaften bestimmt. In den USA zeigen gewisse Indikatoren wieder nach oben. Weitere Zinssenkungen sind dort nicht zu erwarten, da das Federal Reserve Board glaubt, dass eine lockerere Geldversorgung konjunkturpolitisch nicht notwendig sei, sondern lediglich die Inflationsgefahr erhöhen würde. Per Saldo ist der US-Aktienmarkt überbewertet, und für einen Einstieg in zyklische Werte ist keine Eile geboten. Bevorzugt werden sollten nach wie vor solide Werte mit gutem Gewinnwachstum.

Die rezessive britische Wirtschaft wird sich im zweiten Halbjahr wieder erholen. Der starke Dollar verbessert die Erfolgsrechnungen der Unternehmen. Die Inflation dürfte im Jahresmittel auf 6 % zurückgehen. Demzufolge konnte die Bank of England die Zinsen bereits mehrfach senken. Solange aber noch kein eindeutiges Zeichen für die Konjunkturerholung vorliegt, wird die Seitwärtsbewegung am Aktienmarkt anhalten. Mit wiedererwachender Kauflust der Anleger werden Unternehmen, die steigende Umsätze und Gewinne melden können, kursmässig überdurchschnittlich zulegen. Das Augenmerk ist insbesondere auf den Kapitalgütersektor und dollarorientierte Qualitätstitel zu legen.

Auch in der Schweiz sind die konjunkturellen Auftriebskräfte erlahmt und werden sich erst nach dem Sommer wieder beleben. Angesichts der hohen Teuerung von immer noch 6 % bleibt die SNB restriktiv und schliesst deutlich niedrigere Zinsen vorerst aus. Nachdem die Zürcher Börse im Mai ein neues Jahreshoch erlebte, ist sie angemessen bewertet und dürfte sich in der nächsten Zeit konsolidieren. Ein stärkerer Dollar würde vor allem den exportortientierten nichtzyklischen Werten (Pharma, Lebensmittel), rückläufige Zinsen in erster Linie den Aktien von Banken und Versicherungen Kursauftrieb verleihen.

Die deutsche Wirtschaft erlebt eine Verlangsamung der Binnennachfrage und eine konjunkturbedingte Schwäche des Exports. Die Bundesbank hat Zinssenkungen ausgeschlossen. Obwohl der Dollaranstieg die Aussichten verbessert, ist für 1991 nur ein bescheidenes Wachstum der Unternehmensgewinne zu erwarten. Für eine grundlegende Trendwende fehlen noch Impulse aus dem fundamentalen Umfeld, wie eine anziehende Konjunktur in den Exportländern oder niedrigere Inflationsraten. Der neue Jahreshöchststand des DAX wurde durch ausländische Anleger ausgelöst, die Frankfurt im Vergleich zu den Auslandbörsen für zurückgeblieben hielten. Historisch und verglichen mit dem Obligationenmarkt ist die deutsche Börse jedoch relativ hoch bewertet. Allfällige schwache Börsentage lassen sich nutzen, um Positionen in Qualitätstiteln (Versorger, Banken, Versicherungen) aufzubauen.

Japan durchläuft wie Deutschland ebenfalls lediglich eine Wachstumsdelle. Der in den letzten Jahren hohe Investitionsanteil am BSP wird auch in den 90er-Jahren zu einem überdurchschnittlichen Wachstum führen, obwohl sich die japanische Konjunktur zur Zeit leicht abkühlt. Der abnehmende Inflationsdruck und die Erwartung sinkender Zinsen erhöhen die relative Attraktivität des Aktienmarktes, der gegenwärtig in einer Flaute steckt. Ab Mitte Juni wird ein Impuls von der Bank of Japan erwartet, der zu einem Ausbrechen des Aktienmarktes nach oben führen könnte. In einem internationalen Aktienportefeuille sollten rund 10 % in japanischen Werten gehalten werden. Dabei stehen Technologie-, Bau- und Industrieautomatisierungswerte im Vordergrund. S. Mehlisch

Anhaltende Grundtendenz zu tieferem Zinsniveau

Der seit Anfang 1991 in Gang befindliche Trend mehrheitlich rückläufiger Zinssätze und Renditen an den internationalen Finanzmärkten setzte sich auch während den Frühlingsmonaten grundsätzlich fort. Allerdings hielten sich die Bewegungen in etwas engerem Rahmen als zuvor, soweit nicht mit offiziellen Leitzinsermässigungen nachgeholfen wurde. Letzteres war zwecks Konjunkturstimulierung namentlich in den rezessionsgeplagten Ländern USA und Grossbritannien der Fall, während analoge Massnahmen der Notenbanken Italiens und Spaniens eher einen wechselkurspolitischen Hintergrund aufwiesen. Auch ohne geldpolitische Lockerung bildete sich das schweizerische Zinsgefüge im Einklang mit dem globalen Trend leicht zurück.

Leitzinssenkungen gegen die Rezession

Am 30. April ermässigte das Federal Reserve den amerikanischen Diskontsatz um 1/2 %-Punkt auf 5,5 % und führte in der Folge auch den für die Refinanzierung der Banken bedeutsamen Zinssatz für Federal Funds um einen weiteren Viertelprozentpunkt zurück. Diese neuerliche geldpolitische Erleichterung entsprach zwar der Position der amerikanischen Regierung, die am G7-Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure Ende April mit ihrem Begehren auf eine international koordinierte Zinssenkung nicht durchgedrungen war. Dennoch wurde der Markt vom Zinsentscheid überrascht, da sich das Fed zuvor eher zurückhaltend geäussert hatte und im Konjunkturbild Anzeichen einer bevorstehenden Erholung auszumachen waren. Ausserdem regten sich Zweifel an der faktischen Unabhängigkeit der Zentralbank. Immerhin gaben in der Folge die neueren Daten zur Inflationsentwicklung -- sie bestätigten den nachlassenden Teuerungsdruck -- keinen Grund zur Reue über die erfolgte Lockerung. Die Geschäftsbanken gaben die günstigere kurzfristige Refinanzierung in Form einer tieferen Prime rate an die Kreditkunden weiter, während das Renditeniveau am US-Bondmarkt bei kleineren kurzlebigen Ausschlägen per Saldo praktisch stabil blieb.

Bereits Mitte April und erneut am 24. Mai gewährte die Bank of England der ebenfalls in einer Rezession steckenden britischen Wirtschaft eine zinspolitische Erleichterung, indem sie den Geldmarkt-Interventionssatz um je einen weiteren halben Prozentpunkt reduzierte. Auch hier zogen die Banken mit einer entsprechenden Anpassung der Basiszinsen auf 11 1/2 % nach, während der Anleihensmarkt kaum reagierte. Die im Mai bekanntgewordene deutliche Verlangsamung des Preisauftriebs beruhte vor allem auf einem statistischen Basiseffekt und war vom Markt seit längerem antizipiert worden.

Abwarten in Japan

Ein starker Widerstand gegen eine international konzertierte Leitzinsreduktion rührte sich vor allem in Deutschland und Japan. Beide Länder befinden sich erst am Anfang der konjunkturellen Verlangsamung und sind obendrein aus Währungsgründen vorerst an hohen Zinsen interessiert. In Japan verbessern sich indessen die Voraussetzungen für eine zumindest symbolhafte Diskontsatzermässigung. Parallel zur Konjunkturabkühlung scheint die Teuerung ihren Höhepunkt überschritten zu haben, und gleichzeitig bildete sich das Geldmengenwachstum markant zurück. Die Bank of Japan betonte zwar wiederholt die Notwendigkeit eines weiteren Abbaus des Geldüberhangs, tolerierte aber zugleich ein Abgleiten des Tagesgeldsatzes unter die 8 %-Marke. Derweil blieb das Renditeniveau für Staatsanleihen im Mai wie schon im April äusserst stabil bei rund 6,6 %.

Im Falle Deutschlands stand eine geldpolitische Lockerung noch überhaupt nicht zur Debatte. Am Markt wurde zeitweise sogar eine neuerliche Leitzinserhöhung erwartet, um die D-Mark zu festigen und den Kapitalimport in Gang zu halten. An der eigenständigen und vorerst restriktiven Politik dürfte sich auch nach der angekündigten Ablösung von Bundesbank-Präsident Pöhl durch den bisherigen Vizepräsidenten Schlesinger nichts ändern. Während die Notenbanken Italiens und Spaniens dank der festen Haltung ihrer jeweiligen Valuten im EWS die Leitzinsen abbauen konnten, waren der Banque de France aus entgegengesetzten Gründen die Hände gebunden. Der schwedische Finanzmarkt reagierte euphorisch mit Zinsabschlägen auf den Entscheid der Reichsbank, den Aussenwert der Krone an den ECU zu koppeln.

Zinsannäherung innerhalb Europas

Im Falle Deutschlands stand eine geldpolitische Lockerung noch überhaupt nicht zur Debatte. Am Markt wurde zeitweise sogar eine neuerliche Leitzinserhöhung erwartet, um die D-Mark zu festigen und den Kapitalimport in Gang zu halten. An der eigenständigen und vorerst restriktiven Politik dürfte sich auch nach der angekündigten Ablösung von Bundesbank-Präsident Pöhl durch den bisherigen Vizepräsidenten Schlesinger nichts ändern. Während die Notenbanken Italiens und Spaniens dank der festen Haltung ihrer jeweiligen Valuten im EWS die Leitzinsen abbauen konnten, waren der Banque de France aus entgegengesetzten Gründen die Hände gebunden. Mit diesen gegensätzlichen Zinsbewegungen ist die EG einem einheitlicher Zinsniveau einen weiteren Schritt -- wenn auch wohl nur vorübergehend -- nähergekommen. Der schwedische Finanzmarkt reagierte euphorisch mit Zinsabschlägen auf den Entscheid der Reichsbank, den Aussenwert der Krone an den ECU zu koppeln.

Leichte Entspannung am Frankenmarkt

Am Markt für kurzfristige Frankenanlagen, der im April noch seitwärts tendiert hatte, geriet das Zinsniveau im Mai nach unten in Bewegung. Im Falle der Eurofranken-Dreimonatsdepots machte der Zinsabschlag dabei knapp 1/2 %-Punkt aus. Eine entsprechende Anpassung erfuhren auch die Festgeldanlagen der Banken, während die Rendite der Geldmarkt-Buchforderungen des Bundes deutlich weniger stark nachgab.

Obwohl der Tagesgeldsatz mit einem vorübergehenden Taucher auf 6 1/2 % und dem nachfolgenden Wiederanstieg gegen 8 % die stärksten Ausschläge zu verzeichnen hatte, per Saldo aber ebenfalls etwas tiefer notierte, lässt dies noch nicht auf eine geldpolitische Kurskorrektur der Nationalbank schliessen. Eine solche wird erst für das zweite Halbjahr 1991 in Aussicht gestellt, wobei die dabei zugrundegelegten Inflationsprognosen obendrein relativ optimistisch sind. Als notwendig erachtet die Notenbank auch eine deutlichere Abkühlung der Konjunktur, um der hartnäckigen Inlandteuerung die Spitze zu brechen. Eine Lockerung der geldpolitischen Zügel dürfte somit eher später und vorsichtiger erfolgen als bisher angenommen. Die am Markt inzwischen eingetretene Zinsentspannung ist vor allem dem internationalen Zinszusammenhang zuzuschreiben und wurde allenfalls unterstützt durch einen bescheideneren Liquiditätsbedarf der Banken im Zusammenhang mit dem konjunkturbedingt gedämpften Kreditwachstum.

Optimismus am Kapitalmarkt

Am schweizerischen Obligationenmarkt setzte sich die Grundtendenz rückläufiger Renditen leicht beschleunigt fort. Im Falle der Durchschnittsrendite eidgenössischer Anleihen wurde bereits Mitte April die Marke von 6 % nach unten getestet; nach einer temporären Gegenbewegung konnte ein Monat später diese Widerstandslinie nachhaltig unterboten werden, wobei mit 5,89 % der niedrigste Wert seit Anfang 1990 erreicht wurde. Unter den wichtigsten nationalen Kapitalmärkten zeigte sich damit der schweizerische am optimistischsten in bezug auf den längerfristigen Zinstrend. Auch das Potential nach unten erscheint hier noch etwas grösser als auf etlichen ausländischen Plätzen, wo teilweise -- u.a. in den USA -- mit der erwarteten Konjunkturbelebung sogar wieder eine Gegenbewegung eintreten dürfte. Eine Rückkehr zu den noch vor wenigen Jahren üblichen tiefen Renditen auf Frankenanleihen ist jedoch angesichts der erhöhten internationalen Kapital-Mobilität sehr unwahrscheinlich. Auch die nur zaghaft sinkenden Zinssätze auf kurzfristigen Anlagen stehen einer solchen Entwicklung bis auf weiteres entgegen.

Nach der hektischen Emissionstätigkeit zu Jahresbeginn ist der Primärmarkt wieder in ein ruhigeres Fahrwasser eingeschwenkt. Vor allem bei den Inlandanleihen, deren Volumen in den ersten 4 Monaten den Vorjahreswert noch um 19 % übertroffen hatte, trat im Mai nach Abschluss einiger Bank-Emissionen eine Flautephase ein. Bei den ebenfalls wenig zahlreichen neuen Frankenanleihen ausländischer Schuldner standen Privatplazierungen im Vordergrund. Chr. Frey

Wechselhafte Kurstendenzen

Vor dem Hintergrund der asynchronen Konjunkturentwicklung innnerhalb der grossen Industrienationen gewann die Meinungsverschiedenheit über die Zinspolitik einen beherrschenden Einfluss auf die Devisenmärkte. Nachdem das Drängen Washingtons auf eine Lockerung der kreditpolitischen Zügel in Deutschland und Japan kein Gehör fand, wurde die exzessive Dollarstärke im Communiqué nach dem G7-Treffen von Ende April mit keinem Wort erwähnt. Nach ungewöhnlich heftigen Wechselkursschwankungen trat im Mai eine merkliche Beruhigung ein. Die zuvor mit Dollarverkäufen aktiven Notenbanken sahen daher keine Veranlassung mehr, ins Geschehen einzugreifen. Zu entscheidenden Orientierungspunkten für die Marktteilnehmer wurden in der Folge der Gesundheitszustand von Präsident Bush, der Rücktritt von Bundesbankpräsident Pöhl, die Regierungsumbildung in Frankreich, Zinssenkungen in Italien, Dänemark, Australien, Spanien und Grossbritannien sowie Schwedens Beschluss, die Krone einseitig an den ECU zu binden. Bemerkenswert war auch der vom australischen Notenbankgouverneur geäusserte Wunsch nach einer 5 %igen Abwertung der Landeswährung.

Dollar auf Dreizehnmonats-Höchst

Kursverlauf Fr./$: 1.4130 (5. April), 1.4050 (11.), 1.5025 (29.), 1.4245 (15. Mai), 1.4540 (24.). Der Verlust von rund einer halben Million Arbeitsplätzen in den USA in nur zwei Monaten belastete den Dollar lediglich kurzfristig. Auch die Perspektive tieferer Zinsen tangierte ihn nicht negativ, stellte sich der Markt doch auf den Standpunkt, dass ein expansiverer Notenbankkurs die Tendenzumkehr der US-Konjunktur beschleunigen würde. Dieser durch schwache Wirtschaftszahlen nicht zu erschütternde Optimismus trieb den Dollar nach oben und setzte die Zentralbanken wiederholt in Zugzwang. Eine explosive Aufwärtsbewegung erlebte der Greenback, nachdem an der G7-Tagung keinerlei Aussagen zum Aussenwert der amerikanischen Währung gemacht wurden. Eine Talfahrt der amerikanischen Währung wurde anfangs Mai durch die vom Markt als "politisch" eingestufte Senkung des US-Diskontsatzes ausgelöst. Auch die Erkrankung von Präsident Bush bewirkte eine leichte Kursschwäche. Erst Besserungszeichen von der Konjunkturfront und massive Eindeckungen von Dollar-Kurzpositionen nach dem Beschluss der schwedischen Regierung, die Krone einseitig an den ECU zu binden, trugen in der Folge wesentlich zur wieder festeren Verfassung des Dollars bei.

D-Mark mit Schwachpunkten

Kursverlauf DM/$: 1.6760 (5. April), 1.6585 (10.), 1.7825 (29.), 1.7085 (24. Mai). Fr./DM: 84.31 (5. April), 85.47 (18.), 83.42 (23.), 85.07 (24. Mai). Die Erhöhung des Zinssatzes für Wertpapierpensionsgeschäfte von 8,5 % auf 8,6 % durch die Bundesbank und die Aussicht auf eine weiterhin restriktive Geldpolitik vermochten dem Abwärtstrend der D-Mark im April nur vorübergehend Einhalt zu gebieten. Nebst der skeptischeren Einschätzung der wirtschaftlichen Fundamentalfaktoren musste sich die D-Mark auch wegen der Wahlschlappe der CDU in Rheinland-Pfalz und den Spekulationen im Vorfeld des Rücktritts von Bundesbankpräsident Pöhl Kursabstriche gefallen lassen. In der Folge kam der Markt zur Einsicht, die Vernachlässigung der D-Mark sei zu weit gegangen. Dies verhalf ihr in Kombination mit Zinssenkungen in den USA und in Europa zu einem steigenden Trend. Im EWS profitierte sie zudem von der durch Zweifel an der Fortdauer der bisherigen französischen Wirtschaftspolitik ausgelösten leichten Schwäche des Franc.

Mehrheitlich fester Yen

Kursverlauf Yen/$: 136.25 (5. April), 134.40 (16.), 139.45 (22.), 138.10 (24. Mai). Die im Frühling veröffentlichten Konjunkturdaten Japans nährten Erwartungen einer baldigen Lockerung der Geldpolitik. Vor allem ermässigte sich das Geldmengenwachstum, das noch im Mai 1990 bei 13,2 % gelgen hatte, weiter auf 3,7 %. Anderseits bestätigten erste Schätzungen über das Realwachstum des Bruttosozialprodukts, das im 1. Quartal 1991 wieder etwas angezogen haben dürfte, die Richtigkeit der vorsichtigen Geldpolitik. Die harte Linie der Währungsbehörden und der von Regierungsvertretern wiederholt geäusserte Unmut über den hohen Wechselkurs des Dollars bildeten nebst steigenden Handelsbilanzüberschüssen die Basis für den Aufschwung des Yens gegenüber Nichtdollarwährungen. Er kletterte Ende April auf das Zwölfmonats-Höchst von Fr. 1.08. Die später wieder auflebenden Spekulationen auf eine Diskontsatzsenkung sorgten für eine Rückstufung auf Fr. 1.05.

Robustes Pfund

Kursverlauf $/£: 1.7790 (5. April), 1.7980 (10.), 1.6650 (29.), 1.7340 (24. Mai). Das Pfund war Nutzniesser der sich lange Zeit auf dem Rückzug befindenden D-Mark und touchierte Mitte April trotz Senkung der Base Rate von 12,5 % auf 12 % erstmals seit dem Vollbeitritt ins EWS (Okt. 90) die Marke von DM 3.00, ehe Gewinnmitnahmen einsetzten. Später verdaute das Pfund dank seinem Zinspolster auch schwache Wirtschaftsdaten, schwere Niederlagen der Tories bei den Gemeindewahlen und bei einer Nachwahl in Wales sowie eine nochmalige Rücknahme der Base Rate auf 11,5 %. H. Theiler

Flaue Stimmung am Edelmetallmarkt

Die seit längerem andauernde Flaute am Edelmetallmarkt hielt im April und Mai an. Die Notierungen fluktuierten in den beiden vergangenen Monaten in engen Grenzen. Der Goldpreis bewegte sich im April zwischen 351.50 und 364 $/Unze. Im Mai verengte sich die Schwankungsbreite auf 354.50 bis 360 $/Unze. Silber tendierte im Mai etwas fester. Die Obergrenze der Notierungen lag zwar wie im April bei 4.11 $/Unze. Der tiefste Wert wurde jedoch mit 3.98 $/Unze erreicht, gegenüber 3.91 $/Unze im April. Zudem überwogen im Mai im Unterschied zum Vormonat die Notierungen oberhalb der 4 $/Unze-Grenze. Der Platinpreis erwies sich ebenfalls als wenig schwankungsanfällig. Im Trend schwächte er sich leicht ab. Seit dem 10. April lagen die Unzennotierungen dauernd unter der 400 $ -Marke.

Die lethargische Stimmung am Markt hat vorwiegend grundlegende Ursachen. Als Folge der seit einigen Jahren relativ stark gedämpften Inflation hat das Gold als werterhaltendes Anlagemedium erheblich an Bedeutung verloren. Hinzu kommt, dass im langfristigen Bereich die (Real)zinssätze immer noch verhältnismässig hoch sind. Zudem drücken gegenwärtig die finanziellen Folgen des Golfkrieges auf die Nachfrage aus dem Nahen und Mittleren Osten. Ferner vermindert das ereignislose Marktgeschehen das spekulative Interesse an den Edelmetallen. Die Nachfrage hängt deshalb vorwiegend vom Bedarf der Schmuckindustrie und anderer edelmetallverarbeitender Produktionszweige ab. Anderseits nimmt die Produktion, insbesondere von Gold, trotz der gedrückten Preise immer noch zu, da für bedeutende Anbieter der Export des gelben Metalls eine wichtige Devisenquelle ist. Die Preisausschläge beschränken sich deshalb auf den momentanen Einfluss von Dollarschwankungen, wichtiger Daten zur Wirtschaftsentwicklung der USA (Arbeitslosenrate, Aussenhandelszahlen), zinspolitischer Massnahmen der Notenbanken oder Streiks und anderer Produktionsstörungen in den Gruben der wichtigsten Produzenten. Sobald die Goldnotierungen gegen 360 $/Unze steigen, setzt jedoch in der Regel ein verstärktes Angebot der Produzenten ein, während anderseits die physische Nachfrage der Verarbeiter ein Abgleiten des Preises unter 350 $/Unze verhindert.

Am 31. Mai notierte Gold bei xxx.xx $/Unze, Silber bei xxx.x $/Unze und Platin bei xxx.xx W. Beckmann