Schweizer Wirtschaft: Anhaltende Konjunkturflaute
Im 3. Quartal 1991 verharrte der Geschäftsgang in der schweizerischen Industrie auf dem tiefen Stand des Vorquartals und blieb damit unter den zur Jahresmitte gehegten positiveren Erwartungen. Auch für das 4. Quartal zeichnet sich noch keine Trendwende ab. Die an unserer vierteljährlichen "Konjunkturpanorama"-Umfrage beteiligten rund 200 Industriefirmen erwarten, dass Produktion und Arbeitsvorrat auch in den letzten drei Monaten des laufenden Jahres immer noch deutlich unter dem Vorjahresstand liegen werden. Ein Silberstreifen am Horizont ist lediglich im Exportbereich sichtbar. Nachdem die Exportumsätze bereits im 3. Quartal wieder über dem Vorjahresstand lagen, deutet der gestiegene Auftragseingang aus dem Ausland auf einen anhaltenden Stimulus seitens der Auslandnachfrage hin. Im Bausektor hingegen dürften die rezessiven Tendenzen andauern. Etwas besser sind die Aussichten im Detailhandel und im Tourismus.
Das "Konjunktur-Panorama" erscheint vierteljährlich
Redaktion: Beat Arnet
Industrie:
Auftragseingang, Produktion und Umsatz waren im 3. Vierteljahr
1991 immer noch tiefer als vor Jahresfrist. Die durchschnittliche
Kapazitätsauslastung ging erneut zurück und lag Ende September mit 83 % um mehr
als 5 %-Punkte tiefer als ein Jahr zuvor. Für das Schlussquartal 1991 erwarten
die befragten Firmen immerhin eine etwas günstigere Entwicklung des
Auftragseingangs. Produktion und Beschäftigung dürften jedoch erneut sinken.
Baugewerbe:
Die Bautätigkeit bildete sich im 3. Quartal 1991 weiter
zurück. Aufgrund des tieferen Auftragseingangs dürfte der rückläufige Trend in
den nächsten Monaten andauern. Auch für 1992 rechnen die befragten Baufirmen in
allen Sparten mit einem tieferen Bauvolumen als 1991.
Detailhandel:
Die von uns befragten Grossverteiler erwarten, dass die
wertmässigen Detailhandelsumsätze im ganzen Jahr 1991 um rund 5 % steigen.
Zudem rechnen sie mit einer weiteren Verbesserung des Cash-Flow.
Tourismus:
Nachdem die Logiernächtezahlen in der Schweizer Hotellerie
während des Sommerhalbjahres (Mai bis Oktober) insgesamt stagniert haben
dürften, werden die Aussichten für die Wintersaison 1991/92 positiv beurteilt.
Von den 50 befragten Kurdirektoren erwarten 45 gegenüber dem Vorjahr höhere
oder zumindest unveränderte Gästezahlen.
Industrie
In der schweizerischen Industrie verharrte der Geschäftsgang im 3. Quartal auf dem tiefem Niveau des Vorquartals. Bei den von uns im September befragten rund 200 Firmen lagen die Saldi der Zu- und Abnahme-Meldungen bei den wichtigsten Indikatoren wie Auftragseingang, Umsatz und Produktion noch immer deutlich unter dem Vorjahresstand. Damit haben sich die in der Juni-Umfrage gehegten Erwartungen auf eine Verbesserung des Geschäftsgangs im 3. Quartal insbesondere für die kleineren Betriebe nicht erfüllt. Bei den grossen Firmen wird die laufende Entwicklung -- mit Ausnahme der Produktion -- jedoch bereits günstiger als vor einem Jahr eingeschätzt. Ausschlaggebend scheint die Trendwende im Auslandgeschäft zu sein, lagen doch die Exportumsätze bei der Mehrzahl der Unternehmen deutlich über den Vorjahreswerten. Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung ging gegenüber dem 2. Vierteljahr erneut um 0,8 % auf 83,1 % zurück und war damit 5,3 Prozentpunkte niedriger als vor Jahresfrist. Auch die Entwicklung der Beschäftigung zeigt weiterhin nach unten. Die Industrie beschäftigte Ende September deutlich weniger Personen als vor zwölf Monaten.
Stimulus vom Ausland erwartet, Stagnation im Ausland
Für das Schlussquartal 1991 muss mit einem weiterhin rückläufigen Geschäftsgang gerechnet werden, obwohl gegenüber dem tatsächlichen Verlauf im 3. Vierteljahr eine etwas günstigere Entwicklung erwartet wird. Im Urteil der Umfrageteilnehmer werden der gesamte Auftragseingang, die Produktion und die Arbeitsvorräte unter den Vorjahreswerten verharren. Bei der Interpretation des prognostizierten Auftragseingangs (Saldo -5 Prozentpunkte) sind gewisse Vorbehalte angebracht, haben sich doch in den drei vergangenen Umfragen die Erwartungen bezüglich dieses Indikators aufgrund einer zu günstigen Einschätzung der Inlandorders immer als zu optimistisch herausgestellt. Aus dem Ausland werden weitere Wachstumsimpulse erwartet: Per saldo rechnen 10 % der befragten Firmen mit über dem Vorjahresniveau liegenden Bestellungseingängen; bei den Exportumsätzen beträgt der positive Saldo sogar 17 Prozentpunkte. Damit dürften im 4. Quartal erstmals seit rund zwölf Monaten auch die Gesamtumsätze gegenüber dem Vorjahr wieder leicht zunehmen. Weil die Unternehmen von einem unverminderten Rückgang der Produktion ausgehen, ist ein weiterer Stellenabbau geplant: Ende 1991 rechnen per saldo 35 % der Befragten mit einer tieferen Beschäftigung als Ende 1990. Der Preisauftrieb dürfte sich etwas verlangsamen, wollen doch nur 6 % der Firmen in den Monaten Oktober bis Dezember ihre Verkaufspreise erhöhen.
Unterschiedliche Branchentendenzen
Die Entwicklung der einzelnen Branchen verlief sehr unterschiedlich. In der Maschinen- und insbesondere in der Metallindustrie lag der Geschäftsgang deutlich unter dem Durchschnitt aller Branchen. Auch die von der schlechten Konsumentenstimmung und dem Rückgang der Bauwirtschaft besonders stark betroffene Holz- und Möbelindustrie verzeichnete eine unterdurchschnittliche Entwicklung. Durch einen verhältnismässig positiven Geschäftsverlauf fielen die chemische Industrie und die relativ konjunkturresistente Nahrungmittelindustrie auf. Innerhalb dieser beiden Branchen wiederum verlief die Entwicklung in den grösseren Betrieben günstiger als bei den mittleren und kleineren Firmen.
An diesem Branchenbild dürfte sich auch im 4. Quartal 1991 nur wenig ändern. Besser als im Mittel aller Branchen sind die Aussichten in der Chemie- und in der Nahrungsmittelindustrie sowie -- etwas weniger stark ausgeprägt -- auch in der Papierindustrie. Deutlich unter dem Durchschnitt aller Branchen liegen die Erwartungen in der Maschinen-, in der Metallindustrie sowie in der Holz- und Möbelindustrie.
Enttäuschender Auftragseingang
Im 3. Quartal 1991 blieb der gesamte Auftragseingang im Vorjahresvergleich deutlich unter den in der Juni-Umfrage gehegten Erwartungen. Der Saldo der Zunahme- und Abnahme-Meldungen betrug -17 Prozentpunkte und war damit um 13 Prozentpunkte schlechter als erwartet. Trotzdem zeigt der Trend nach oben, wurde doch im 2. Quartal noch ein Minus von 27 Prozentpunkten ausgewiesen. Vor allem bei den Inlandorders hinkt die tatsächliche Entwicklung seit drei Quartalen hinter den Erwartungen her; auch im 3. Vierteljahr meldeten per saldo 22 % der Befragten immer noch unter dem Vorjahresniveau liegende Werte. Die Auslandbestellungen dagegen stellen mit einem positiven Saldo von 10 % einen Lichtblick dar. Für das Schlussquartal 1991 zeichnet sich eine Fortsetzung dieses Besserungstrends ab. Insgesamt dürfte der Bestellungseingang zwar noch geringer als vor zwölf Monaten ausfallen (Saldo -5 %), bei den Auslandorders hingegen rechnen per saldo 10 % mit höheren Werten.
Produktion und Arbeitsvorräte im Abwärtstrend
Die Produktion, die in der schweizerischen Industrie gemäss Bundesamt für Statistik im 2. Quartal gegenüber dem Vorjahr um X,X % gesunken war, lag im im 3. Vierteljahr bei per saldo 16 % der von uns befragten Unternehmen unter dem Wert vor Jahresfrist. Für die Monate Oktober bis Dezember 1991 erwarten die Firmen einen unverminderten Rückgang der Produktion.
Bei den Arbeitsvorräten setzte sich der seit rund einem Jahr beobachtbare Negativtrend fort. Ende September meldeten nur 16 % der Betriebe höhere, hingegen 54 % tiefere Arbeitsvorräte als vor einem Jahr. Mit -38 % fiel der Saldo zudem deutlich schlechter aus, als die Umfrageteilnehmer vor drei Monaten erwartet hatten (Saldo -22 %). Die unerfreuliche Entwicklung dürfte sich in den kommenden Monaten nur geringfügig verbessern: Auch am Jahresende 1991 rechnen per saldo 24 % der Unternehmen mit im Vorjahresvergleich geringeren Auftragspolstern.
Rückläufige Kapazitätsauslastung und Beschäftigung
Der durchschnittliche Auslastungsgrad der technischen Produktionskapazitäten nahm im 3. Quartal 1991 gegenüber dem Vorquartal um 0,8 %, im Vorjahresvergleich sogar um 5,3 % ab. Mit 83,1 % bewegt sich die Kapazitätsauslastung auf einem seit 1984 nie mehr erreichten Tiefstand. Für das Schlussquartal 1991 rechnen die Unternehmen nur mit einem leicht höheren Auslastungsgrad.
Bei der Beschäftigung hat sich der seit Beginn 1991 beobachtbare Personalabbau im 3. Quartal noch etwas beschleunigt. Ende September wiesen über die Hälfte der Firmen unter dem Vorjahresstand liegende Personalbestände auf; nur jede fünfte Unternehmung stockte ihre Belegschaft auf. Der Trend zur Freisetzung von Arbeitskräften wird im Urteil der Befragten auch in den letzten drei Monaten 1991 anhalten: Per saldo sehen 27 % der Unternehmen eine weitere Verringerung der Personalbestände gegenüber dem Stand von Ende September vor. Damit dürfte die Beschäftigung auch Ende Jahr deutlich unter dem Niveau vor zwölf Monaten liegen (Saldo: -35 %).
Trendwende bei den Umsätzen in Sicht
In den letzten drei Umfragen hat sich der Rückgang der Gesamtumsätze kontinuierlich verlangsamt. Im 3. Quartal wurden im Vorjahresvergleich schon nahezu wieder gleich viele Zunahme- wie Abnahme-Meldungen registriert (Saldo: -3 %). Ausschlaggebend war die positive Entwicklung bei den Exportumsätzen: Betrug der Saldo im 1. Quartal 1991 noch -12 %, so wiesen im 3. Quartal per saldo bereits 13 % der Umfrageteilnehmer über der Vorjahresperiode liegende Exportumsätze auf. Zudem war die tatsächliche Entwicklung etwas günstiger als die Befragten vor drei Monaten erwartet hatten. Für das 4. Quartal zeichnet sich eine weitere leichte Verbesserung der Umsätze ab. Im Vorjahresvergleich gehen per saldo 3 % der Unternehmen von höheren Gesamtumsätzen aus, bei den Exportumsätzen beträgt der positive Saldo sogar 17 %.
Zwischen Juli und September sind die vor allem im 1. Quartal 1991 stark gestiegenen Verkaufspreise per saldo nicht mehr erhöht worden. Im Vorjahresvergleich meldeten dagegen 58 % der Firmen höhere und 16 % tiefere Preise. Bis zum Jahresende sollte der Preisauftrieb weiter nachlassen. Bis dahin wollen zwar 6 % der Unternehmen ihre Preise heraufsetzen, doch planen gleichzeitig 7 % der Firmen eine Ermässigung ihrer Verkaufspreise. Trotzdem werden diese im 4. Quartal bei 44 % der Befragten über dem Vorjahresstand liegen.
Rückgang der Investitionstätigkeit 1991
Das Jahr 1991 steht im Zeichen redimensionierter Investitionspläne. Nachdem 1990 per saldo noch 12 % der befragten Unternehmen ihre Ausrüstungsinvestitionen gegenüber dem Vorjahr erhöht hatten, nahmen 1991 14 % der Firmen -- darunter überdurchschnittlich viele kleinere Betriebe -- eine Kürzung vor. Für 1992 zeichnen sich im Branchenmittel stagnierende Ausrüstungsinvestitionen ab. Zunahmen erwarten die Nahrungsmittel- und die Chemieindustrie, deutliche Abnahmen dagegen das Graphische Gewerbe und die Metallindustrie.
Die industriellen Bauinvestitionen litten unter der Kombination ungünstiger
Ertragsaussichten und hoher Zinsen. Waren 1990 per saldo noch bei 11 % der
Firmen höhere Bauinvestitionen als im Vorjahr gemeldet worden, so weisen 1991
rund 10 % der Unternehmen -- insbesondere kleinere Firmen -- einen Rückgang
aus. Dieser Trend dürfte auch 1992 anhalten, planen doch per saldo 6 % der
Befragten geringere Bauinvestitionen als 1991. Das Branchenbild deckt sich
weitgehend mit demjenigen bei den Ausrüstungsinvestitionen.
Bruno Bébié
Baugewerbe
Der rückläufige Trend in der Baukonjunktur hielt auch im
1. Halbjahr 1991
an. Nach einer Einbusse von 5,4 % im 1. Quartal sank die die reale Bautätigkeit
gemäss Nationaler Buchhaltung im 2. Quartal 1991 im Vorjahresvergleich um 3,0
%. Auch die vom Schweizerischen Baumeisterverband durchgeführte Umfrage ergab
im 1. Halbjahr 1991 noch keine Lichtblicke. Der wertmässige Auftragseingang lag
Mitte Jahr um 17 % unter dem Vorjahreswert. Insbesondere die Aufträge für
Wohnbauten sanken um 19 %, während für industriell-gewerbliche Bauten 16 % und
für öffentliche Bauten 15 % weniger Aufträge eingingen.
Im
dritten Quartal 1991
berichteten 76 % der von uns befragten Hochbau- und
73 % der Tiefbauunternehmen von im Vorjahresvergleich rückläufigen
Auftragseingängen, während bei lediglich 8 % bzw. 10 % die Aufträge zunahmen.
Der Negativsaldo hat sich damit im Hochbau von 58 %-Punkten im 2. Quartal auf
68 %-Punkte im 3. Quartal und beim Tiefbau von 41 auf 63 %-Punkte
verschlechtert. Das Bauvolumen lag gemäss unserer Umfrage im 3. Quartal per
saldo bei 49 % der Hochbauunternehmen unter dem Vorjahresniveau, im Tiefbau
erreichte der Minus-Saldo 41 %-Punkte. Der Personalbestand war Ende September
bei keinem der befragten Bauunternehmen höher als vor Jahresfrist, bei knapp
der Hälfte blieb er gleich und nahm bei der Mehrheit ab. Die Preise für
Hochbauleistungen sanken bei 59 % der antwortenden Baufirmen zwischen Juni und
September 1991 weiter, und die übrigen 41 % konnten sie halten. Auch die
Tiefbaupreise gingen im gleichen Zeitraum per saldo bei 50 % der Befragten
zurück.
Im
vierten Quartal 1991
dürfte sich die Lage im Baugewerbe kaum verbessern.
Das Bauvolumen wird nach Ansicht der befragten Bauunternehmen im Hochbau per
saldo bei 59 %, im Tiefbau bei 48 % der Antwortenden zurückgehen. 24 % der
befragten Bauunternehmer rechnen im Hochbau mit einem im Vorjahresvergleich
gleichbleibenden, 65 % mit einem abnehmenden Auftragseingang (Saldo -54 %). Im
Tiefbau erwarten per saldo sogar 63 % der antwortenden Baufirmen einen
niedrigeren Bestellungseingang als im 4. Quartal 1990. Der Personalbestand
dürfte weiterhin bei knapp zwei Drittel der befragten Baufirmen unter dem
Vorjahresniveau liegen, bei gut einem Drittel gleich bleiben. Die Preise für
Hoch- wie für Tiefbauleistungen werden zwischen September und Dezember 1991 bei
mehr als der Hälfte der Antwortenden weiter sinken.
Die Ergebnisse der SBG-Umfrage lassen darauf schliessen, dass die reale Bautätigkeit gemäss Nationaler Buchhaltung im 3. und 4. Quartal 1991 um 3,3 % bzw. 2,7 % zurückgehen wird (siehe Grafik).
Die
Ertragslage
hat sich im 1. Halbjahr 1991 bei 47 % der befragten
Baufirmen gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum verschlechtert, bei 3 %
verbessert und ist bei 50 % verändert geblieben. Für das 2. Halbjahr 1991
rechnen sogar per saldo 67% mit einer Verschlechterung ihrer finanziellen Lage.
Für das
Jahr 1992
wird in allen Sparten eine im Vorjahresvergleich
weiterhin rückläufige Bautätigkeit erwartet. Den grössten Negativsaldo zwischen
Zu- und Abnahmemeldungen verzeichnet mit 61 % der Einfamilienhausbau, gefolgt
vom übrigen Wohnbau (-44 %), dem gewerblich-industriellen Bau (-30 %) und dem
Tiefbau (-21 %)
Rudolf Enz
Detailhandel
Gemäss unserer vierteljährlichen Umfrage stiegen die gesamten Detailhandelsumsätze im 3. Quartal innert Jahresfrist nominell um durchschnittlich 5-6 %. Während in der Sparte Nahrungs- und Genussmittel alle befragten Grossverteiler höhere Umsätze erzielten, haben diese im Bereich Bekleidungs- und Textilwaren sowie im übrigen Nonfood-Sektor vereinzelt stagniert. Die Verkaufspreise erhöhten sich gegenüber der Vorjahresperiode um durchschnittlich 4-5 %.
Die in den einzelnen Sparten leicht unterschiedliche Umsatzentwicklung dürfte im Schlussquartal 1991 andauern. Dementsprechend werden auch die Aussichten für das ganze Jahr 1991 beurteilt. Die befragten Grossverteiler erwarten, dass die nominellen Detailhandelsumsätze gegenüber 1990 um rund 5 % steigen. Weil sich gleichzeitig die Verkaufspreise des Gesamtsortiments im Jahresdurchschnitt um schätzungsweise 4-5 % erhöhen werden, dürfte im Gesamtdetailhandel gegenüber dem Vorjahr nur ein mageres reales Umsatzplus resultieren. Tendenziell fallen die durchschnittlichen Verkaufspreise in allen Detailhandelssparten höher aus als im Vorjahr. Bekleidungswaren, Textilien und Nonfood-Artikel dürften sich dabei am wenigsten stark verteuert haben. Entsprechend stagniert 1991 die Bruttomarge in der Sparte Bekleidungsartikel und Textilien mehrheitlich, während sie im Durchschnitt des Gesamtdetailhandels für die Hälfte der Befragten höher ausfallen dürfte als im Vorjahr. Der Cash-Flow, der schon im 1. Halbjahr 1991 bei der Mehrheit der Befragten höher lag als im 2. Semester 1990, wird bis Ende 1991 voraussichtlich weiter steigen.
Die Investitionsneigung im Gesamtdetailhandel schwächte sich 1991 etwas ab,
wobei Verlangsamungstendenzen vor allem im Baubereich deutlich sind. So
investierten knapp die Hälfte der Umfrageteilnehmer weniger in Bauvorhaben als
im Vorjahr, während nur rund ein Drittel der befragten Grossverteiler mehr
ausgab. Die Ausrüstungsinvestitionen wurden hingegen von den meisten
Umfrageteilnehmern ausgeweitet oder zumindest auf dem Vorjahresniveau belassen.
Die Investitionspläne für 1992 zeigen bezüglich Ausrüstungsinvestitionen ein
ähnliches Bild, während sich das Investitionsklima im Baubereich wieder etwas
verbessern dürfte.
Elisabeth Messner
Tourismus
Für die Sommersaison 1991 (Mai bis Oktober) zeichnet sich in der Schweizer Hotellerie ein leicht unter den Erwartungen liegendes Ergebnis ab. Gemäss unserer Umfrage vom September rechnet nur mehr gut ein Drittel der Kurdirektoren mit einer Steigerung der Logiernächtezahlen gegenüber dem Vorjahr, nachdem in den Umfragen von Juni und März noch mehr als die Hälfte von einem Zuwachs ausgegangen war. Dabei dürfte insbesondere die Anzahl ausländischer Gäste unter den Erwartungen liegen. Während sich bei den inländischen Gästen per Saldo in der Hälfte der Fremdenverkehrsorte eine Frequenzsteigerung abzeichnet, rechnet per Saldo ein Viertel der befragten Kurdirektoren mit einer Abnahme der ausländischen Logiernächtezahlen.
Im Hinblick auf die Wintersaison 1991/92 (November bis April) zeigt sich die
Mehrzahl der Kurdirektoren vorsichtig optimistisch. In fast allen
Fremdenverkehrsorten wird mit einer gegenüber dem Vorjahr stagnierenden bzw.
steigenden Anzahl Logiernächte in der Hotellerie gerechnet. In nur fünf Orten
wird eine Abnahme erwartet. Zu diesem Trend dürften die inländischen und
ausländischen Gäste in etwa gleichem Ausmass beitragen. Die erwarteten
Zuwachsraten bewegen sich dabei überwiegend zwischen 1 und 3 %. Ein
verstärkter Zustrom von Gästen wird insbesondere aus Italien, Deutschland,
Japan und den USA erwartet. Hingegen wird mit weniger Gästen aus
Grossbritannien, Belgien und Luxemburg gerechnet. Der Gesamttrend weist
regional leichte Nuancen auf. Optimistisch ist insbesondere die Mehrheit der
befragten Kurdirektoren im Berner Oberland, in Graubünden und in der
Ostschweiz, während in den übrigen Regionen mehrheitlich eine im Vergleich zum
Vorjahr gleichbleibende Gästezahl erwartet wird. Für die Parahotellerie rechnen
fast alle befragten Kurdirektoren mit einer im Vergleich zur Wintersaison
1990/91 unveränderten Anzahl Übernachtungen.
Irene Meier
Preise und Löhne rund um die Welt
Oslo, Tokio, Helsinki, Stockholm, Zürich und Genf sind die teuersten Städte der Welt. Mit Spitzeneinkommen in Zürich und Genf kann sich der Arbeitnehmer in der Schweiz am meisten Waren leisten, arbeitet dafür aber auch 7 bzw. 8 % länger als der Durchschnittseuropäer. Dies sind drei Ergebnisse aus der soeben veröffentlichten SBG-Broschüre "Preise und Löhne rund um die Welt".
Nordeuropäische Städte und Tokio am teuersten
Oslo ist im internationalen Vergleich der Lebenshaltungskosten (ohne Mieten) die teuerste der untersuchten 48 Städte, gefolgt von Tokio und den skandinavischen Metropolen Helsinki und Stockholm sowie von Zürich und Genf. Am Schluss der Rangliste finden sich Bombay, Kairo und Bogotá. Dort kostet der gleiche Warenkorb nur rund die Hälfte des Mittelwertes. Bezieht man zusätzlich die Mietkosten in den Warenkorb ein, ist Tokio mit Abstand der teuerste Platz auf der Welt. Am Ende der Liste liegen -- Mieten eingerechnet -- Bogotá, Bombay, Kuala Lumpur und Manila.
Schweizer und Skandinavier mit höchsten Bruttostundenverdiensten
Umgerechnet auf die effektiv geleisteten Arbeitsstunden verdienen die Arbeitnehmer in Zürich, Genf, Kopenhagen, Oslo und Helsinki 80 bis 135 % mehr als im Mittel aller erfassten Städte. Diesen Berechnungen liegen Lohn- und Arbeitszeitangaben für 12 ausgewählte Berufe zugrunde. Am wenigsten verdienen die Beschäftigten in Lagos, Manila, Mexiko, Nairobi und Bombay. Die Nettolöhne liegen vor allem in Skandinavien (Stockholm, Kopenhagen, Oslo und Helsinki), aber auch in Amsterdam, Brüssel, Frankfurt und Düsseldorf beträchtlich unter den Bruttolöhnen, da dort dem Arbeitnehmern teilweise mehr als 50 % des Bruttolohnes für Steuern und Sozialkosten abgezogen wird.
Breites Sprektrum der Arbeitszeiten
Anhand der Angaben über Wochenarbeitszeit, bezahlte Urlaubstage und gesetzliche Feiertage haben wir für jeden der zwölf Berufe die jährliche Arbeitszeit in Stunden ausgerechnet und diese Zeiten nach dem gleichen Schema wie die Stundenlöhne gewichtet. In Hongkong, Manila, Kuala Lumpur, Bogotá und Taipeh wird aufgrund der erhobenen Daten im Durchschnitt mehr als 2'100 Stunden pro Jahr gearbeitet. In Oslo, Helsinki, Frankfurt, Düsseldorf und Sydney liegt die Jahresarbeitszeit hingegen unter 1'700 Stunden, in den meisten übrigen europäischen Städten zwischen 1'700 und 1'800 Stunden. In Zürich und Genf wird im Mittel der erfassten Berufe pro Jahr 1'870 bzw. 1'880 Stunden gearbeitet. Neben der unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeit hängt die Jahresarbeitszeit auch von der Ferien- und Feiertagsregelung ab. Während in Europa der Urlaub durchschnittlich mehr als 27 und vereinzelt sogar mehr als 30 (Madrid, Amsterdam, Frankfurt und Oslo) bezahlte Arbeitstage beträgt, sind es in den fernöstlichen Städten im Schnitt noch 20 Ferientage. In Nordamerika dauert der bezahlte Urlaub in der Regel sogar nur knapp 12 Arbeitstage. Die Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 41,4 Stunden im Mittel aller Städte wird in Europa mit 39,1 Stunden deutlich unterschritten.
Höchste Kaufkraft der Löhne in Zürich, Genf und Luxemburg
Die Kaufkraft der Einkommen ergibt sich aus der Menge Güter, die man mit dem erzielten Einkommen kaufen kann. In Zürich, Genf, Luxemburg, Frankfurt und Chicago liegt die Kaufkraft der Bruttogehälter um mehr als 75 % über dem Mittel aller untersuchten Städte, während sie in Lagos, Manila, Mexiko und Nairobi weniger als 21 % des Durchschnitts erreicht. Da die einheimischen Arbeitskräfte, auf die sich unsere Lohnangaben in den allermeisten Fällen beziehen, in den aussereuropäischen Städten in der Regel ihren Warenkorb anders zusammenstellen als die Europäer (an deren Präferenzen sich unsere Untersuchung orientiert), sind die Kaufkraftangaben für diese Städte nur bedingt aussagekräftig. Die Kaufkraft der Nettostundenlöhne -- nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben -- ist in den europäischen Städten Luxemburg, Zürich und Genf am höchsten, gefolgt von den nordamerikanischen Metropolen Chicago, Toronto und Los Angeles sowie von Frankfurt.
Die Broschüre kann -- solange vorrätig -- kostenlos bei allen Geschäftsstellen der Schweizerischen Bankgesellschaft bezogen oder bei der Wirtschaftsdokumentation der Schweizerischen Bankgesellschaft bestellt werden. Talon siehe Seite 18.
Preis- und Lohnniveau in 48 Weltstädten
Preisniveau 1 Lohnniveau 2 Steuern+ Kaufkraft 4 ohne Miete brutto Sozialabzüge 3 netto Städte Zürich=100 Zürich=100 in % Zürich=100
Amsterdam 65,6 56,9 31,4 74,8 Athen 53,8 30,2 19,9 56,4 Bogotá 37,9 10,1 6,2 30,3 Bombay 30,3 6,0 21,1 17,6 Brüssel 73,8 68,2 40,6 68,4 Buenos Aires 56,1 12,2 16,5 22,2 Caracas 61,0 9,3 7,9 17,8 Chicago 73,9 71,4 31,1 83,8 Djakarta 43,6 - - - Dublin 76,0 45,5 27,3 54,5 Düsseldorf 78,5 69,4 31,1 76,7 Frankfurt 74,5 72,2 33,6 81,2 Genf 95,9 93,3 22,5 94,1 Helsinki 113,6 75,5 29,4 58,6 Hongkong 63,8 23,7 5,8 43,6 Houston 71,9 45,9 20,3 64,3 Johannesburg 51,1 25,0 19,1 47,0 Kairo 37,1 - - - Kopenhagen 91,3 83,3 40,0 68,9 Kuala Lumpur 43,5 9,0 10,7 22,7 Lagos 45,2 2,3 8,4 6,0 Lissabon 56,2 17,9 14,4 33,6 London 84,2 45,5 18,7 54,9 Los Angeles 79,8 70,7 25,4 81,6 Luxemburg 71,1 69,0 18,3 100,0 Madrid 93,8 49,8 18,3 53,3 Mailand 82,0 56,2 24,6 65,0 Manila 40,0 3,7 13,7 9,9 Mexiko 49,8 4,7 4,7 11,5 Montreal 72,7 64,1 29,8 77,4 Nairobi 45,0 5,1 10,4 12,8 New York 83,3 68,2 22,7 79,0 Nikosia 47,9 26,5 13,7 59,2 Oslo 115,5 80,9 37,8 55,2 Panama 49,2 13,1 15,2 28,1 Paris 81,6 48,1 24,3 56,2 Rio de Janeiro 46,3 9,6 11,9 22,7 Sao Paulo 48,9 11,1 19,7 22,6 Seoul 58,3 27,6 6,1 56,0 Singapur 64,4 17,1 24,9 25,0 Stockholm 111,3 69,1 55,0 35,2 Sydney 70,8 51,7 19,3 73,6 Taipeh 84,3 30,1 8,5 41,0 Tel Aviv 67,3 23,7 9,0 40,1 Tokio 115,0 63,9 15,5 59,1 Toronto 70,2 65,4 29,2 83,0 Wien 78,0 54,4 25,0 65,8 Zürich 100,0 100,0 19,4 100,0
1 Kosten eines nach den Verbrauchsgewohnheiten gewichteten Warenkorbs mit 112 Gütern und Dienstleistungen (ohne Wohnungsmiete).
2 Effektive Stundenlöhne von 12 Berufen, gewichtet nach Berufsverteilung.
3 Einkommenssteuern sowie Beiträge an gesetzlich vorgeschriebene oder ortsübliche Sozialversicherungen, in Prozent des Bruttolohnes.
4 Nettostundenlöhne dividiert durch Kosten des Gesamtwarenkorbs ohne Miete.
Japan und Kontinentaleuropa mit Aufwärtspotential
Abgesehen vom temporären Kurseinbruch als Folge des Putschversuchs in der
UdSSR wegte sich der
schweizerische
Markt in den letzten beiden Monaten
bei leicht rückläufiger Ten-denz in einer engen Bandbreite. Die zumeist
geringen Kursausschläge widerspiegelten die abwartende Haltung der Investoren.
Ein verstärkter Aufschwung in den angelsächsischen Ländern, ein schwächerer
Schweizerfranken, das mittelfristige Zinssenkungspotential und die zu
erwartende wirtschaftliche Erholung dürften den Kursen bald wieder
Aufwärtspotential geben. Angesichts dieser etwas optimistischeren Aussichten
scheinen die einheimischen Aktien fair bis günstig bewertet, insbesondere
Währungsgewinner, zinssensitive Werte und exportorientierte Unternehmen wie
Versicherungen, Pharma/Chemie und Nahrungsmittel.
Die
deutsche
Börse reagierte am heftigsten auf die Ereignisse in der
Sowjetunion, kam aber ansonsten nicht vom Fleck. Die Steuererhöhungen für die
Sanierung der neuen Bundesländer und die hohen Zinsen bremsen das
Wirtschaftswachstum und drücken die Aktienkurse. Mittlerweile ist im Osten im
Baugewerbe und in den Dienstleistungen Zuversicht eingekehrt; im nächsten Jahr
dürfte das Wachstum deutlich anziehen und sich auch im westlichen Teil der
Bundesrepublik ab Mitte 1992 wieder verstärken. Dies sollte dem Aktienmarkt
positive Impulse verleihen. Gleichzeitig reagiert er aber nach wie vor stark
auf Meldungen aus Osteuropa. Die besten Chancen sehen wir in der
Elektrotechnik-Branche, im Baugewerbe und im Handel.
In
Grossbritannien
erreichte die Börse im ansonsten flauen August neue
Rekordmarken, von denen sie sich aber im September wieder zurückzog, weil
grössere Bezugsrechtsemissionen und die labile Gewinnsituation der Unternehmen
belastend wirkten. Da spätestens Mitte 1992, frühestens aber bereits im
November 1991 Parlamentswahlen abgehalten werden, reagieren die Notierungen
sehr empfindlich auf Meinungsumfragen. Jede Avance der regierenden Tories in
der Wählergunst wird von der Börse positiv, jeder Rückgang negativ quittiert.
Die Regierung versucht, den noch schwachen Konjunkturaufschwung durch
Zinssenkungen zu beschleunigen. Das würde auch die Börse anspornen. Wir setzen
auf Titel der Bereiche Hotel/Freizeit, Pharma und Nahrungsmittel.
Der
amerikanische
Aktienmarkt hat sich seit Anfang des Jahres stärker nach
oben bewegt als die Unternehmensgewinne. Zwar gilt die Rezession als
überwunden, aber das hohe Budgetdefizit und andere Strukturprobleme führen nur
zu einem moderaten Aufschwung, der von der Industrie und von der
Auslandsnachfrage getragen wird. Ab Mitte des nächsten Jahres dürften die
momentan tiefen Zinsen wieder etwas anziehen. In diesem Umfeld ist der Markt
angemessen bewertet. Ueberdurchschnittliches Potential billigen wir jedoch den
Oelserviceunternehmen, den Technologiefirmen mit guten Produktezyklen, den
Elektrotechnikwerten und den In-genieursgesellschaften zu.
Nachdem die Aktienkurse in
Japan
im August weiter zurückgegangen waren,
konnten sie im September wieder deutlich zulegen. Angesichts geringer Umsätze
ist aber fraglich, ob damit die lang erwartete Trendwende bereits eingetreten
ist. Die Konjunktur wird derzeit von den Folgen der monetären
Restriktionspolitik gedämpft. Die niedrigeren Unternehmensgewinne und die
Nachwirkungen des Börsenskandals drückten ebenfalls auf die Kurse, sind aber
inzwischen eskomptiert. Die erwarteten Zinssenkungen und bessere
Ertragsaussichten der Unternehmen 1992 stimmen uns positiv. Gemessen an der
Risikoprämie und im historischen Vergleich sind Nippons Akten zur Zeit
unterbewertet. Das gilt insbesondere für die Sektoren Bau, Fabrikautomation,
Umweltschutztechnologie und Handel.
S. Mehlisch
Keine Sommerruhe in der Zinsentwicklung
Über die Sommermonate herrschte an den Finanzmärkten weltweit ein punkto Umfang und Gegenläufigkeit aussergewöhnliches Mass an Zinsbewegungen. Während die Marktsätze mit Ausnahme der Schweiz überwiegend nach unten tendierten, gaben die Notenbanken unterschiedliche, dem jeweiligen Konjunkturzustand ihrer Volkswirtschaften entsprechende Zinssignale. Diskontsatzermässigungen in Japan, Grossbritannien (Geldmarkt-Interventionssatz), Kanada und den USA standen konzertierte Leitzinserhöhungen in zahlreichen kontinentaleuropäischen Ländern gegenüber. Im Falle der Schweiz bedeutete das Mitziehen der Nationalbank Mitte August vor allem eine Dokumentation der fortgesetzten Restrikionspolitik; die im Gegensatz zu den ausländischen Tendenzen bereits zuvor anziehenden Kapitalmarktrenditen reflektierten dagegen eine wachsende Enttäuschung der Anleger über den verzögerten Abbau der Teuerung.
Weitere Lockerung durch das Fed
Obwohl der US-Dollar am Devisenmarkt seit Mitte Jahr an Glanz verlor und Mitte August vom versuchten Putsch in der Sowjetunion nur kurzlebigen Auftrieb erhielt, lockerte das Federal Reserve die geldpolitischen Zügel kontinuierlich weiter. Einer Rücknahme der Zinssätze für Federal Funds (Tagesgeld) im Juli und August folgte am 13. September die dritte Diskontsatzermässigung des laufenden Jahres, und zwar um 1/2 %-Punkt auf 5 %. Mit diesem Schritt leitete die Notenbank namentlich eine Herabsetzung der Prime rate durch die Geschäftsbanken ein, die aufgrund knapper Margen nur zögernd auf die Leitzinsermässigung vom April reagiert hatten. Die grosszügigere Liquiditätsversorgung kam vor dem Hintergrund rückläufiger Teuerungsdaten sowie eines gemischten Konjunkturszenarios zustande, das einen kräftigeren Aufschwung in naher Zukunft noch ausschliesst. Die Märkte schlossen sich dieser Lagebeurteilung weitgehend an, wobei der Rückgang der Renditen 10-jähriger Treasury Bonds um 0,7 %-Punkte innert dreier Monate im Ausmass gleichwohl überraschte.
Zinsrutsch auch in Japan
Die relativ kurze, aber einschneidende Restriktionspolitik der Bank of Japan hat die Konjunkturüberhitzung klar gedämpft. Von hohen Zinsen, ungünstigeren Bedingungen für Kapitalerhöhungen und engerem Kreditpotential wurde vor allem der Investitionsboom gebrochen, während gleichzeitig die Teuerungswelle abklingt. War die Diskontsatzsenkung auf 5,5 % Anfang Juli eher als Geste an die übrigen G7-Staaten sowie zur Verbesserung des Börsenklimas gedacht, so tolerierte die Notenbank trotz verbaler Zurückhaltung in der Folge ein deutliches Abgleiten der Tagesgeldsätze, was in der Regel neue Leitzinsanpassungen nach sich zieht. Unter dem Einfluss günstigerer Inflationsperspektiven und des festeren Yen gaben auch die Renditen auf Staatsanleihen deutlich auf gut 6 % nach.
Bundesbank gibt Gegensteuer
Um den zur Zeit beschleunigten Preisauftrieb in Grenzen zu halten und das Vertrauen ausländischer Anleger in die D-Mark zu festigen, sah sich die Deutsche Bundesbank am 15. August unter ihrem neuen Vorsitzenden Schlesinger zu einer weiteren Straffung der monetären Zügel veranlasst. Während die Diskontsatzerhöhung mit +1 %-Punkt auf 7 % optisch stark ausfiel, blieb die massgebendere Lombardverteuerung um 1/4 %-Punkt auf 9 1/4 % als eigentlicher Zinsplafond eher unter den Markterwartungen. Zur Stabilhaltung der EWS-Kursrelationen schlossen sich die Notenbanken Belgiens, der Niederlande und Dänemarks mit Satzerhöhungen unterschiedlichen Ausmasses der deutschen Vorgabe an. Nachdem der Franc nicht unter Druck gekommen war, konnte sich dagegen die Banque de France dieser Zinsrunde entziehen und musste der schwachen Konjunktur somit keinen zusätzlichen Dämpfer verpassen. Die Bank of England nutzte die relative Pfundstärke und klar rückläufige Teuerungsraten zur zweimaligen Reduktion ihres Geldmarkt-Interventionssatzes um je 1/2 %-Punkt.
Beschränkte geldpolitische Autonomie der Schweiz
Die Stützung des Frankenkurses namentlich gegenüber der D-Mark war das wichtigste Motiv der Schweizerischen Nationalbank, sich an der europäischen Leitzinsrunde von Mitte August zu beteiligen. Die Anhebung des Diskontsatzes um einen vollen Prozentpunkt auf 7 % war denn auch in erster Linie als Signal an die Märkte zu interpretieren und bedeutete keine Verschärfung des Restriktionsgrades, zumal das Regime des flexiblen Lombardsatzes keine Änderung erfuhr. Dieser fluktuierte, wenn auch mit etwas grösseren Ausschlägen, im Rahmen der üblichen Bandbreite um 10 %. Dass noch keine Lockerung im Gange ist, wurde nicht nur wiederholt verbal betont, sondern kam auch im schwachen Wachstum der Notenbankgeldmenge (August: +2,5 %) zum Ausdruck, das obendrein nur durch die saisonale Ausweitung des Notenumlaufs bedingt war, während die Giroguthaben stark rückläufig tendierten. In diesem Umfeld zogen die Eurofrankensätze im August leicht an und stabilisierten sich im September bei rund 8 %.
Flaute am Kapitalmarkt
Das hartnäckig hohe Zinsniveau für kurzfristige Frankenanlagen und die
Ernüchterung der Investoren ob des verzögerten Inflationsabbaus führten
entgegen dem internationalen Trend zu einer Klimaverschlechterung am
schweizerischen Kapitalmarkt. Die Durchschnittsrendite eidgenössischer
Obligationen, die Anfang Juni mit 5,78 % auf dem tiefsten Stand des Jahres
angelangt war, kletterte bis Anfang September wieder auf 6,22 % und glitt
seither marginal auf 6,12 % am Quartalsende zurück. Entsprechend gedrückt
verlief auch die Emissionsaktivität. Im Marktsektor fiel die übliche
sommerliche Flaute im Juli und August besonders deutlich aus, worauf im
September ein Nachholbedarf die Kapitalaufnahme auf gut 1,5 Mrd Fr. anziehen
liess. Konträr gestaltete sich die Entwicklung bei den Frankenanleihen
ausländischer Schuldner, deren Emissionsvolumen trotz wachsendem Mittelbedarf
japanischer Schuldner zusehends geringer wurde und im September nicht einmal 1
Mrd Fr. erreichte. Damit wurden im Dreivierteljahr 1991 mit insgesamt knapp 36
Mrd Fr. rund 5 % weniger neue Anleihen begeben als im entsprechenden
Vorjahreszeitraum.
Chr. Frey
Vier weitere Geldmarktfonds der SBG
Die Intrag International, Luxemburg, erweitert zusammen mit der Intrag AG das Fondssortiment durch vier weitere Geldmarktfonds nach luxemburgischem Recht, den UBS Money Market Invest SFr, Hfl, FF und C$. Die neuen Instrumente ergänzen die bestehenden Spezialfonds UBS Money Market Invest US$, £, ECU, YEN und LIT. Die Fonds investieren nach dem Grundsatz der Risikoverteilung in erstklassige Geldmarktinstrumente. Die Anlagepolitik ist auf das Erzielen eines hohen laufenden Ertrages unter Berücksichtigung der Sicherheit und Liquidität des Fondsvermögens ausgerichtet. Schon mit relativ geringen Kapitaleinsätzen können Anleger von den attraktiven Anlagemöglichkeiten der Geldmärkte in Schweizer Franken, französischen Franken, holländischen Gulden und kanadischen Dollars profitieren. Neu beim UBS Money Market Invest-SFr ist, dass wir im Gegensatz zu allen anderen Geldmarktfonds der SBG eine Ausschüttungs- und eine Thesaurierungstranche vorgesehen haben. Die jährliche Ausschüttung erfolgt verrechnungssteuerfrei. Beim Kauf der Anteilscheine entfällt die eidgenössische Emissionsabgabe von 0,9 %. Die Anteile eines jeden Spezialfonds können jederzeit kommissionsfrei in solche des andern umgetauscht werden.
H. Kaiser
Flauten und Stürme
In den für die Devisenmärkte traditionell ruhigen Sommermonaten präsentierte sich das Wechselkursgefüge dieses Jahr äusserst facettenreich. So wechselten sich Phasen ausgeprägter Lethargie (dritte Juli-Dekade, letzte Woche August und ganz besonders erste Septemberwoche, als SFr. und Yen gegenüber dem US-Dollar eine durchschnittliche Tagesschwankung von lediglich 0,9 Rp. bzw. 0,6 Yen verzeichneten ) mit Perioden aussergewöhnlich heftiger Kurssauschläge. Dies war z.B. am 12. Juli der Fall, als 14 europäische Zentralbanken und das Fed im Vorfeld des G7-Treffens Kooperation demonstrierten und den Kurs des Dollars mittels konzertierter Interventionen um 4,2 Rp. bzw. 4,5 Pfennige nach unten drückten. Einen noch wesentlich grösseren Kurssprung, allerdings in die andere Richtung, löste am 19. August der Umsturzversuch in der Sowjetunion aus, galoppierte doch der Dollar auf und davon (+8 Pfennige) und musste von den Notenbanken zurückgebunden werden. Im übrigen stand der Markt in der Berichtsperiode unter dem Einfluss der Zinsentwicklung -- Leitzinserhöhungen in mehreren kontinentaleuropäischen Ländern Mitte August standen kreditpolitischen Lockerungen in Grossbritannien, Spanien, Australien und den USA gegenüber --, der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen gegenüber Südafrika, dem Londoner Wirtschaftsgipfel und dem Bürgerkrieg in Jugoslawien. Im September schoben sich zusehends wieder die ob der Vorgänge auf der Politbühne längere Zeit vernachlässigten ökonomischen Faktoren in den Vordergrund.
Kräftige Kursschwankungen des Dollars
Kursverlauf $/Fr.: 1.5605 (8. Juli), 1.5955 (11.), 1.4880 (6. August), 1.5840 (19.), 1.4625 (25. September). Der Dollar verzeichnete am 11. Juli den höchsten Kursstand seit Dezember 1989. Seine Stärke, die einerseits als Zeichen einer wieder wachsenden Wirtschaft ausgelegt wurde, war zu einem erheblichen Teil auf den Mangel an attraktiven Anlagealternativen zurückzuführen. Nachdem der Dollar in Reaktion auf die zunächst ausgebliebene geldpolitische Straffung in Deutschland sprunghaft gestiegen war, griff die massierte Phalanx der Notenbanken ins Geschehen ein. Der Schock dieser Interventionen sass tief, und da die US-Arbeitsmarktdaten und das flaue Geldmengenwachstum Zweifel an einer kräftigen Konjunkturerholung in den USA schürten, fiel der Dollarkurs innert 4 Wochen um 11 Rp. zurück. Diese Skepsis, die angesichts der Diskontsatzsenkung vom 13. September vom Fed geteilt wird, zog sich wie ein roter Faden durch die Monate August und September. Mit dem Putschversuch in der Sowjetunion konnte der Dollar eine Zeitlang wieder seine Rolle als Fluchtwährung spielen und zog in einer hektischen Reaktion massiv an, was allerdings erneut die Zentralbanken auf den Plan rief. Die Wiedereinsetzung Gorbatschews in Amt und Würden und der sich verstärkende Eindruck, dass die US-Konjunkturerholung (noch) nicht auf festen Füssen steht, schoben dann einen Schatten über den Dollar, der in der Folge deutlich zurückgestuft wurde.
D-Mark im politischen Kräftefeld
Kursverlauf £/DM: 1.8085 (8. Juli), 1.8385 (12.), 1.6990 (8. August), 1.8390 (19.), 1.6795 (25. September). DM/Fr.: 86.06 (8. Juli), 88.06 (15. August), 85.06 (19.), 87.11 (25. September). Die Quellensteuer-Thematik, Nervosität über die Krise in Jugoslawien, die zunehmende Gefährdung der Geldwertstabilität und die steigende deutsche Staatsverschuldung belasteten die D-Mark. Besonders negative Auswirkungen zeitigten jedoch die Ereignisse in der Sowjetunion angesichts der geopolitischen Lage Deutschlands und seiner wirtschaftlichen Verflechtung mit Osteuropa. Entsprechend überproportional profitierte die D-Mark dann vom raschen Scheitern des Putsches, und zudem wurde sie von der Aussicht auf Zinserhöhungen nach oben getrieben. Nach der Diskont- und Lombardsatzerhöhung am 15. August bildeten das im internationalen Vergleich noch immer kräftige Wirtschaftswachstum und Erwartungen einer unverändert restriktiven Geldpolitik weitere Pluspunkte.
Yen nur gegen Dollar fester
Kursverlauf $/Yen: 138.55 (8. Juli), 139.05 (25.), 135.35 (8. August), 138.80 (19.), 133.15 (25. September). Angesichts der diversen Skandale am Finanzplatz Japan, der anfänglich schwachen Aktienbörse, Anzeichen einer konjunkturellen Verlangsamung und Spekulationen auf eine weitere Lockerung der Kreditpolitik nahmen die Anleger gegenüber dem Yen eine vorsichtige Haltung ein. Die Kursverluste in den Crossrelationen blieben allerdings im Rahmen, erhielt der Yen doch durch die sich ausweitenden Handelsbilanzüberschüsse und den nachlassenden Inflationsdruck eine wirksame Stütze.
Wachsendes Vertrauen ins Pfund
Kursverlauf £/$: 1.6315 (8. Juli), 1.7200 (8. August), 1.6160 (19.), 1.7355
(25. September). Das Pfund verkraftete zwei weitere Senkungen der Base Rate um
je einen halben Prozentpunkt auf zuletzt 10,5 % erstaunlich gut. Für mehr
Zuversicht der Investoren sorgten zum einen das bessere Abschneiden der
Konservativen in den Meinungsumfragen und zum anderen Wirtschaftsdaten, die auf
ein Ende der Rezession hindeuteten. Einige der Stärkephasen des Pfundes waren
allerdings weitgehend Ausdruck der dannzumaligen Schwächeneigung der D-Mark.
H. Theiler
Anhaltender Preisdruck auf Edelmetallen
Die Edelmetallmärkte standen in den vergangenen Monaten unter anhaltendem Preisdruck. Der Goldpreis sank Ende August unter die 350 $/Unze-Grenze und bewegte sich auch im September überwiegend darunter. Die Silbernotierungen schwächten sich ebenfalls ab und fielen Anfang August unter die Marke von 4 $/Unze, vermochten sich jedoch in der zweiten Septemberhälfte etwas zu erholen. Besonders stark war der Preiseinbruch bei Platin. In den letzten Juli-Tagen begannen die Notierungen unter den Goldpreis zu sinken und erreichten am 23. August mit 332.50/Unze einen langjährigen Tiefstand. Sie lagen damit um 21 $ unter dem Preis des gelben Metalls. Erst Mitte September konnte Platin seine Stellung als teuerstes Edelmetall zurückgewinnen. Als relativ stabil erwies sich der im Trend allerdings ebenfalls rückläufige Palladiumpreis.
Bestimmt wird das Marktgeschehen nach wie vor von der Angebotsseite. Anhaltende Devisenknappheit zwingt wichtige Produzentenländer, die sich gelegentlich anbahnenden Kurserholungen unverzüglich zu weiteren Verkäufen zu nutzen. Kursschwankungen des Dollars oder politische Ereignisse vermögen deshalb die Preisentwicklung nur kurzfristig zu beeinflussen. Besonders stark war der Angebotsdruck bei Platin. Er ist vor allem auf erhöhte Lieferungen der Sowjetunion, des wichtigsten Platinproduzenten der Welt, zurückzuführen. Überdies waren umfangreiche Verkäufe japanischer Investoren zu verzeichnen. Preisdämpfend wirkte sich auch die geplante Errichtung einer neuen Platinmine in Südafrika aus. Hinzu kommt, dass als Folge der nachlassenden Autokonjunktur die industrielle Platinnachfrage zurückgeht.
Verstärktem sowjetischen Angebotsdruck ist auch der Goldmarkt ausgesetzt. Spürbar wurde dies insbesondere ab August, wobei lediglich der gescheiterte Umsturzversuch in der Sowjetunion den Preisrückgang kurzfristig unterbrechen konnte. Am Silbermarkt liess die Hausse, die im Juni eingesetzt hatte, Ende Juli bereits wieder nach. Der besonders stark von der Wirtschaftslage in den USA abhängige Silberpreis gab vor allem wegen der sich langsamer als erwartet erholenden amerikanischen Konjunktur nach.
Am . Oktober notierte Gold bei xxx.xx $/Unze, Silber bei x.xx $/Unze und
Platin bei xxx.xx $/Unze.
W. Beckmann