UBS Economic Notices (ger) 11/1990

Golfkrise -- Hergang, Hintergründe, Ausblick

Die sofortigen Kurseinbrüche an den Aktienmärkten direkt nach der Invasion Kuwaits und die anhaltende extreme Volatilität der Kurse während des gesamten seitherigen Verlaufs der Golfkrise beweisen einmal mehr, dass politische Entwicklungen in kaum zu überschätzender Weise das Geschehen an den Märkten zu beeinflussen vermögen. Anders als noch 1973 in der Folge des Oktoberkrieges im Nahen Osten werden sich die Auswirkungen der Krise auf die Gesamtverfassung der Weltwirtschaft aber in engen Grenzen halten, und zwar aus mindestens zwei Gründen: Erstens hat die Ölabhängigkeit vor allem der entwickelten Industriestaaten abgenomen; zweitens würde auch ein Krieg am Golf die Ölförderfähigkeit des bei weitem wichtigsten Produzenten Saudi Arabien kaum nachhaltig beeinträchtigen. Wenn die Weltwirtschaft in den kommenden Monaten in Schwierigkeiten geraten sollte, dann nicht in erster Linie wegen der Golfkrise.

Die Golfkrise dauert mittlerweise drei Monate an. Nach der Invasion Kuwaits vom 2. August mit ihrem Kurzsturz an den Börsen und dem sofortigen Emporschnellen des Ölpreises brachte dann die dritte Krisenwoche einen weiteren Höhepunkt der Spannungen, und zwar mit der irakischen Ankündigung vom 17. August, die westlichen Ausländer als eine Art lebenden Schutzschild für wichtige Industrie- und Militäranlagen zu verwenden. Ein nochmaliger Kurzsturz an den Börsen und ein Hochschnellen des Ölpreises auf auf über 30 US$ pro Fass (Brent Blend) waren die Folge. Im Zuge der Vermittlungsmission des UNO-Generalsekretärs Pérez de Cuéllar Ende August beruhigte sich die Lage an den Märkten mit fallenden Ölpreisen und Kursgewinnen bei Aktien. Gegen Ende September und nochmals zu Beginn der zweiten Oktoberwoche führten die Drohungen des Irak, mit seinen Mittelstreckenwaffen einen Präventivschlag gegen Israel und die Ölfelder Saudi Arabiens zu führen, zu einem neuerlichen Anstieg der Spannungen, einem Hochschnellen der Rohölpreise und einen Einbruch der Aktienkurse. Die Hoffnungen auf eine diplomatische Lösung haben Mitte Oktober dann wieder einen Kursanstieg an den Aktienbörsen und einen deutlich niedrigeren Ölpreis bewirkt.

Motive des Irak

Der Irak erhebt seit seiner Unabhängigkeit 1932 Anspruch auf Kuwait. Tatsächlich ist jedoch Kuwait der ältere Staat. Zu Mitte des vorletzten Jahrhunderts durch die Sabah-Familie gegründet, war Kuwait nur formell ein Teil des osmanischen Reiches. 1899 erklärte das Land seine Selbständigkeit und stellte sich zum Schutz vor den Ansprüchen der damaligen türkischen Herren des heutigen Irak unter britisches Protektorat. Grossbritannien hat denn auch im Vertrag von 1961 Kuwait keinesfalls in die Selbstständigkeit entlassen , sondern die Unabhängigkeit und Souveränität Kuwaits neuerlich bestätigt . Der offene Streit des Irak mit Kuwait über Ölförderquoten, Ölpreise und die Ausbeutung des Rumaila-Ölfeldes vom Juni und Juli 1990 muss aber vor dem Hintergrund der alten irredentistischen Neigungen des Irak gesehen werden. Zweifellos hat die Intransigenz Kuwaits in diesem Streit den irakischen Diktator auch provoziert.

Das eigentliche Motiv des Iraks zum Überfall auf das Nachbarland war aber wohl die desolate wirtschaftliche und finanzielle Lage in der Folge des achtjährigen Krieges mit dem Iran, der Schulden in Höhe von etwa 80 Mrd US$ hinterlassen hat. Mit der Annexion Kuwaits, sollte sie erfolgreich bleiben, wäre der Irak nicht nur einen grossen Teil seiner Auslandschulden los, er hätte sich auch beträchtliche neue Einnahmequellen gesichert; ob sich der Irak darüber hinaus Hoffnungen auf eine Übernahme des von London aus verwalteten weltweiten Anlagevermögens Kuwaits gemacht hat, ist schwer zu beurteilen. Neben den finanziellen Vorteilen der Annexion Kuwaits mag auch das geostrategische Ziel eines gesicherten Zugang des Irak zum Golf eine Rolle gespielt haben. Von einigen arabischen Quellen wird zwar behauptet, der Irak habe das gesamte Gebiet Kuwaits nur deshalb besetzt, um dieses dann als bargaining chip in Verhandlungen über die vorher genannten Ölpreis- und Ölföderstreitigkeiten mit Kuwait zu benutzen. Die Tragweite der Tat und die Brutalität ihrer Ausführung sprechen aber eindeutig gegen diese These.

Irak und sein Herrscher

Ein Verständnis der irakischen Politik setzt einige Kenntnisse des Landes und seiner Politik voraus. Hauptpfeiler des politischen Systems sind die sich gegenseitig konkurrenzierenden und kontrollierenden Hierarchien von Staatspartei (Baath), staatlicher Verwaltung und Militär. An der Spitze aller drei Hierarchien und damit im Besitz dreifacher Kontrolle des Staates steht derselbe Mann, Saddam Hussein. Der 1979 im Zuge einer blutigen Säuberung an die Macht gekommene Diktator hat die Spitze von Verwaltung, Partei und Militär mit Leuten der eigenen Familie und Freunden aus seiner Heimatgemeinde Tikrit besetzt. Dieser Kreis von eher einfachen, ideologisch aber hoch motivierten Vertrauten und Beratern schirmt Saddam Hussein von der Umwelt und kontroversen Informationen ab. So sind dem irakischen Diktator die Strukturveränderungen des internationalen Systems im letzten und diesem Jahr in ihren voller Tragweite wohl nicht klar gewesen. Andernfalls hätte er bei seinem Abenteuer nicht auf die Duldung oder gar Unterstützung der Sowjetunion gehofft. Die Unberechenbarkeit Saddam Husseins und seine Neigung zu raschen (und mitunter auch falschen) Entschlüssen machen den weiteren Verlauf der Krise vollkommen unvorhersehbar. Man muss sich mit Szenarien begnügen.

Embargo und Truppenaufmarsch am Golf

Mit einer bis anhin ungewohnten Schnelligkeit haben die Vereinigten Staaten im UNO-Sicherheitsrat die Verurteilung des Irak und die Verhängung eines vollständigen Embargos gegen den Aggressor durchsetzen können. In der Tat gibt es für die irakische Handlungsweise in den internationalen Beziehungen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs keine Parallelen. Interventionen von Staaten, namentlich Grossmächten, in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten sind ein eher häufiges Phänomen. Hingegen hat seit dem Zweiten Weltkrieg nur einmal ein Staaten einen anderen militärisch besetzt und sich dann vollkommen einverleibt, und zwar die Volksrepublik China 1950 mit ihrem Vorgehen gegen Tibet, dessen Unabhängigkeit freilich damals nur von wenigen Staaten anerkannt war. Kuwait hingegen ist ein Mitglied der UNO; seine Integrität und Souveränität wird durch die Charta der Vereinten Nationen garantiert. Auch der Militärpakt der Golfanrainer, der Golf-Kooperationsrat (GCC), sichert seinem Mitglied Kuwait Schutz vor äusserer Bedrohung zu, vermochte aber den irakischen Diktator nicht abzuschrecken. Die Handlungsweise des Irak stellt also eine flagrante und brutale Verletzung internationalen Rechts dar, die zu einem gefährlichen Präzedenzfall in den internationalen Beziehungen werden könnte, falls sie unbeantwortet bliebe. Darüber hinaus hat aber auch die wirtschaftliche Bedeutung Kuwaits für den Westen diesen zu seiner raschen und harten Reaktion bewogen.

Bereits in der ersten Woche der Krise haben die USA den saudischen Herrscher anhand von Satellitenbildern des irakischen Aufmarschs davon überzeugen können, die angebotene Truppenhilfe der USA in Anspruch zu nehmen. Was zunächst nur Schutz vor dem drohenden Zug irakischer Truppen auch gegen Saudi Arabien war, dient nun der Einschüchterung Iraks im laufenden Nervenkrieg und allenfalls auch der Befreiung des besetzten Kuwait. Die USA unterhalten inzwischen Truppen von über 200'000 Mann in Saudi Arabien. Zusammen mit den Streitkräften des saudischen Königreichs, kuwaitischen Truppenverbänden und den Kontingenten der übrigen Staaten erreicht die multilaterale Streitmacht über 300'000 Mann. Dem stehen schwer bewaffnete irakische Truppen von etwa 430'000 Mann in Kuwait selbst gegenüber. Insgesamt hält der Irak über 1 Mio Mann unter Waffen. Angesichts der Kräfteverhältnisse hätte sich eine mögliche Militäraktion der multinationalen Streitmacht gegen den Irak auf ihre Luftüberlegenheit und das Überraschungsmoment zu verlassen.

Szenarien eines Kriegsbeginns

In einem Interview hat der saudische Aussenminister, Prinz Saud ibn Faisal, die Frage nach dem möglichen Kriegsbeginn am Golf mit der Hinweis beantwortet, der Krieg sei bereits im Gang und Irak habe ihn angefangen. Tatsächlich geht es um die Frage, wer den nächsten Zug tut und wann dieser zu erwarten ist.

Die Planungen der USA laufen nach allem, was per Indiskretion inzwischen bekannt geworden ist, auf einen sog. Enthauptungsschlag (decapitating strike) hinaus, d.h. eine Zerstörung der C3-Strukturen des Irak (communication, command, control) durch Raketen, Marschflugkörper und Kampfflugzeuge; in der Folge wäre Kuwait durch Bodentruppen zu befreien (allenfalls bei gleichzeitigem Entlastungsangriff auf den Irak selbst an verschiedenen Fronten). Im besten Falle wäre eine solche Operation in wenigen Tagen durchzuführen; im ungünstigsten Fall gelänge es dem Irak, den Konflikt auf andere Staaten der Region, vor allem Israel, auszuweiten. Ein Schlag der USA und ihrer Verbündeten müsste überraschend kommen; da Ort und Ziel der Aktion bekannt sind, bliebe allein die Wahl des Zeitpunktes zur Überrumpelung des Gegners, wobei auch hier das Wetter einen Teil der Randbedingungen definiert. Zudem werden die USA ihren Schlag gegen den Irak überhaupt nur dann führen, wenn eine entsprechende Provokation ihnen dazu den Anlass bietet; was als Provokation gilt, bestimmt die Bush-Administration freilich selbst.

Eher unwahrscheinlich ist ein "zufälliger" Krieg im Nahen Osten. Zwar wurden die ständigen Konsultationen zwischen den Streitkräften des Irak und jenen der USA im Golf, die im August 1987 ein Vierteljahr nach dem irrtümlichen irakischen Exocet-Angriff auf die US-Fregatte Stark eingeführten worden waren, inzwischen wieder ausgesetzt; aber beide Seiten bemühen sich, Zwischenfälle, die in einen Krieg hinein eskalieren könnten, zu vermeiden. Denkbar bleibt aber ein irakischer Präventivschlag gegen Saudi Arabien, Israel und die Ölfelder; vermutlich würden die USA diesem aber mit einem sog. Präemptivschlag zuvorkommen, denn ihrem Aufklärungsapparat am Golf werden irakische Kriegsvorbereitungen kaum entgehen. Saddam Hussein hat dennoch wiederholt mit dem Ersteinsatz seiner Raketen gedroht, falls man dem Irak keinen anderen Ausweg lasse.

Varianten einer diplomatischen Lösung

Inzwischen ist die Suche nach einem derartigen Ausweg in vollem Gange. Besuchern hat Saddam Hussein bedeutet, der Irak werde sich auch mit einem Teil seiner Beute zufrieden geben, nämlich dem nördlichen Teil Kuwaits -- dem der Diktator bereits zur Verherrlichung der eigenen Person den Namen Saddamiyat al-Mitla gegeben hat -- den Inseln Warbah und Bubiyan sowie einem Entgegenkommen der internationalen Gläubiger des Irak. Dieselben Besucher des Diktators haben die Meinung vertreten, das offizielle Beharren des Irak auf "ewiger" Souveränität über die neue "19. Provinz" sei lediglich das in Arabien übliche, weit überzogene Erstgebot; beim Feilschen um den "Preis" eines Rückzugs bestehe sehr viel Spielraum.

Eine Teilung Kuwaits bedarf aber nicht unbedingt der Zustimmung durch die USA und ihrer Verbündeten: Ein durchaus denkbarer einseitiger Teilrückzug des Irak brächte nicht nur die Front seiner Gegner in Bedrängnis; die militärische Option wäre zudem kaum mehr glaubhaft, weil niemand im Westen einen Krieg für einige Kilometer Golfküste oder ein Stück Wüste führen wird, auch wenn sich darunter Öl befindet. In längerfristiger Perspektive wäre ein solches Ende der Krise, das den Irak im Vollbesitz seiner chemischen, biologischen und demnächst auch nuklearen Machtmittel beliesse und seinen Präsidenten zum "Friedenshelden" der Region machen müsste, wohl die denkbar schlechteste aller Lösungen.

Nach den Schwierigkeiten der USA in der Folge der Tempelberg-Ereignisse vom 8. Oktober ist die irakische Neigung zu Konzessionen aber eher gesunken. Ohnehin haben die USA dem Irak Verhandlungen erst nach seinem bedingungslosen Rückzug aus allen Teilen Kuwaits in Aussicht gestellt; "nackte Aggression" dürfe sich nicht lohnen. Eine diplomatische Lösung des Konflikts ist zwar nicht ausgeschlossen, aber gegenwärtig auch nicht sehr wahrscheinlich.

Andauerndes Patt

Ein drittes Szeanrium rechnet mit einem Andauern des gegenwärtigen Patts. Für wen die Zeit am Golf arbeitet, ist schwer zu beurteilen. Das Embargo wirkt, aber womöglich nicht genug. Amerikanische Truppen werden nicht auf unabsehbare Zeit in Saudi Arabien bleiben können, zumindest nicht im gegenwärtigen Umfang von über 200'000 Mann. Der amerikanische Präsident gerät mit Blick auf das Golf-Engagement auch zunehmend unter den Druck der öffentlichen Meinung. Die internationale Front gegen den Irak steht zwar noch, aber Risse zeichnen sich ab. Im November, wohl nach den Wahlen in den USA, sind Entscheidungen fällig. Prof. Dieter Ruloff

Anhaltende Strukturverschiebung in den Bankbilanzen

Die seit September 1990 stark erweiterte Bilanzstatistik der Schweizer Banken dokumentiert die anhaltenden, teilweise akzentuierten und überwiegend zinsbedingten Strukturveränderungen in den einzelnen Bilanzpositionen. Während sich die Umschichtungen vom mittelfristigen Passivgeldsortiment in die höherverzinslichen kurzfristigen Anlagen ungebremst fortsetzt, zeigt sich im inländischen Kundengeschäft überdies ein wachsendes Ungleichgewicht zwischen dem gesamten Mittelzufluss und der Kreditbeanspruchung. Die bis zum Sommer erfolgten Zinsanpassungen vermochten diesen Trend noch nicht zu brechen.

Als Entscheidungsgrundlage für die Bemessung der Geldpolitik sowie für statistische Interessen der Öffentlichkeit haben die Banken der Nationalbank (SNB) regelmässig ausführliche Bilanzdaten einzureichen. Wurden diese bisher monatlich nur rudimentär und jeweils per Jahresende detailliert ausgewertet und publiziert, so liegen seit September erstmals auch auf Monatsbasis breit aufgeschlüsselte Angaben vor, die in einem bankenstatistischen Beiheft zum Monatsbericht der SNB veröffentlicht sind. Erfasst sind die nach Bankengruppen, Bilanzpositionen, Schuldnerdomizil (In- und Ausland) und Währungen gegliederten Bilanzdaten und Treuhandvolumen von 352 Banken, deren Bilanzsumme Ende 1989 mit 980 Mrd Fr. knapp 95 % des Totals aller in der Schweiz domizilierten Banken und Finanzgesellschaften entsprach. Für 115 Banken (Marktanteil 85 %) ist ausserdem eine nach inländischen Wirtschaftsgruppen und Branchen strukturierte Kreditstatistik neu verfügbar. Alle diese Daten reichen bis und mit Juli 1990.

Inlandkunden als Netto-Kapitalnachfrager

Im bisherigen Jahresverlauf (bis Juli) hat sich der Umschichtungsprozess bei den Passivgeldern noch beschleunigt. An inländischen Spar- und Depositengeldern wurden per Saldo über 12 Mrd Fr. abgezogen, nach knapp 16 Mrd Fr. im ganzen Vorjahr. Unter Einschluss der Sichteinlagen betrug der Nettoabfluss zinsgünstiger Mittel in den ersten 7 Monaten 1990 sogar 17,3 (Vorjahr: 19,2) Mrd Fr. Um praktisch denselben Betrag haben inländische Kunden zusätzlich Gelder in hochverzinsliche Zeitkreditoren investiert (Vorjahr: 31,3 Mrd Fr.) und netto für 7,7 (Vorjahr: 6,5) Mrd Fr. Kassenobligationen erworben. Insgesamt flossen damit den Banken seitens der Inlandkundschaft 7,4 Mrd Fr. zu, während die Kreditbeanspruchung nur wenig verlangsamt um 26,8 Mrd Fr. zunahm. Die Netto-Schuldnerposition dieser wichtigsten Kundengruppe vergrösserte sich dadurch um 19,4 Mrd auf nahezu 50 Mrd Fr.; Ende 1988 waren Kreditausstände und Publikumsgelder noch weitgehend im Gleichgewicht gestanden.

Ausländische Kunden haben dagegen in den ersten 7 Monaten 1990 bei leicht rückläufiger Kreditbeanspruchung netto 1,8 Mrd Fr. eingelegt, während die Aufstockung der Wechsel und Geldmarktpapiere um 4,8 Mrd Fr. ebenfalls zur Hauptsache im Ausland erfolgte. Die gesamte Finanzierungslücke aus Kundengeschäft und kurzfristigen Anlagen (22,4 Mrd Fr.) wurde zu 8,8 Mrd Fr. über den Kapitalmarkt und zu 9,5 Mrd Fr. im Interbankengeschäft geschlossen, wobei im letzteren der traditionelle Guthabenüberschuss in eine Nettoschuldnerposition umschlug. Der Liquiditätsabbau um 3,3 Mrd. Fr. ist demgegenüber nur eine saisonale Erscheinung zwischen den Quartals- bzw. Jahresulitimos.

Begehrte Hypotheken

In der Kreditstatstik fällt auf, dass im bisherigen Jahresverlauf Baukredite und Hypotheken im Vergleich zu den übrigen Ausleihungen weiterhin überproportional zunehmen. Das relative Schwergewicht des Wachstums liegt dabei allerdings weniger bei den privaten Haushalten, der mit Abstand grössten Schuldnerkategorie in diesem Bereich, als vielmehr im Unternehmenssektor. Obwohl diese Entwicklung teilweise noch den Konsolidierungsbedarf aus umfangreichen, auslaufenden Bauprojekten widerspiegelt, indiziert sie auch eine gewisse Umlagerung von kommerziellen Krediten zum zinsgünstigeren Hypothekargeschäft, während gleichzeitig der fakultative Amortisationsrhythmus gedrosselt wurde. Die im August angekündigte und für Neuhypotheken bereits in Kraft stehende Zinserhöhung sollte eine gleichgewichtigere Entwicklung der einzelnen Kreditsparten sowie -- zusammen mit der besseren Verzinsung der Spargelder -- von Ausleihungen und Publikumsgeldern in Gang setzen. Christian Frey

Verringerter Nettokapitalexport der Schweiz 1989

Da 1989 die schweizerischen Importe schneller wuchsen als die Exporte, nahm der Ertragsbilanzüberschuss um 1 Mrd auf 12,2 Mrd Fr. ab. Bei markant erhöhten Kapitalimporten sank der Fehlbetrag der Kapitalverkehrsbilanz von 21,8 Mrd auf 4,3 Mrd Fr. im Jahre 1989. Die Nationalbank wechselte ihre Rolle vom Kapitalimporteur zum -exporteur.

Die Zahlungsbilanz der Schweiz gibt Auskunft über die Transaktionen der Schweiz mit dem Ausland. Die aus dem Export von Gütern und Dienstleistungen erzielten Einnahmen sowie die Kreditaufnahme im Ausland (= Kapitalimport) stellen dabei Devisenzuflüsse dar. Die Zahlungen für importierte Güter und Dienstleistungen sowie für Anlagen im Ausland werden als Devisenabflüsse erfasst. Obwohl der Begriff "Zahlungsbilanz" sprachlich an Bilanz, also an den Vermögensstatus an einem Stichtag erinnert, handelt es sich von der Sache her um eine Flussrechnung mit Einnahmen und Ausgaben über eine bestimmte Zeitperiode hinweg. Mit Ausnahme der Posten der Ertragsbilanz handelt es sich dabei allerdings um saldierte Werte.

Ertragsbilanz mit 12,2 Mrd Fr. Überschuss

Im Jahre 1989 stiegen die Einnahmen der Ertragsbilanz um 16 % auf 153,1 Mrd Fr. Die Ausgaben nahmen um 18 % auf 140,9 Mrd Fr. zu, so dass sich der traditionelle Ertragsbilanz-Überschuss der Schweiz auf 12,2 Mrd Fr. reduzierte. Erstmals erreichten die Ertragsbilanzeinnahmen mehr als 50 % des Bruttosozialprodukts. Das Wachstum der Einnahmen und Ausgaben war breit abgestützt. Güterexporte lagen um 13,8 %, die -importe um 15,5 % über den Vorjahreswerten. Auch die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr nahmen nach drei schwächeren Jahren um 10 % zu. Von der Expansion des Aussenhandels profitierten der Transithandel (+25,5 %) und die Gütertransporte (+11,7 %). Bei um 12 % höherer Zahl der ausländischen Grenzgänger stiegen die Lohnzahlungen ins Ausland um 16,4 % auf 7 Mrd Fr. Die Erträge aus Kapitalanlagen im Ausland erhöhten sich gar um 25,7 % auf 38,3 Mrd Fr., wobei sich das grössere Volumen der Auslandanlagen, das erhöhte Zinsniveau und der gedrückte Frankenkurs gleichermassen positiv auswirkten. Kapitalimport- und zinsbedingt stiegen im Gegenzug die an das Ausland entrichteten Kapitalkosten mit +55 % allerdings noch stärker an und erreichten 16,9 Mrd Fr.

Banken mit Netto-Kapitalexport

Der im Vergleich zum Vorjahr um 80 % auf 4,3 Mrd Fr. reduzierte Netto-Devisenabfluss aus dem Kapitalverkehr resultierte aus unterschiedlichen Tendenzen in den einzelnen Teilbilanzen. Die Direktinvestitionen schweizerischer Unternehmen im Ausland schrumpften leicht auf 11,4 Mrd Fr., während die entsprechenden ausländischen Anlagen in der Schweiz nach der vorjährigen Stagnation wieder auf 3,1 Mrd Fr. anstiegen. Ebenso stand bei den Portfolioinvestitionen (Wertpapieranlagen) ein gedrosselter Nettoerwerb ausländischer Titel durch Schweizer Investoren (14,2 Mrd Fr.) einem verstärkten Engagement ausländischer Anleger in der Schweiz (11,9 Mrd Fr.) gegenüber. Den Ausschlag gaben jedoch die Geschäftsbanken, die sowohl ihre Auslandkredite um 11,2 Mrd Fr. abbauten als auch zusätzliche Mittel von 13,6 Mrd Fr. im Ausland aufnahmen und damit per Saldo 25 Mrd Fr. (ohne Treuhandgelder und Edelmetallhandel) an Kapital importierten. In dieser Entwicklung, welche die traditionelle Gläubigerposition der Schweiz am Interbankenmarkt in eine Netto-Schuldnerposition umwandelte, reflektiert sich die lebhafte inländische Kreditnachfrage bei zinsbedingt ungenügendem Zufluss an Publikumsgeldern. Die bisherigen Tendenzen im laufenden Jahr deuten auf eine Fortsetzung dieses Trends hin.

Dass per Saldo trotzdem ein Nettokapitalexport aus der Schweiz von 4,3 Mrd Fr. resultierte, lag zur Hauptsache im übrigen kurzfristigen Kapitalverkehr begründet, wobei namentlich die Treuhandanlagen im Ausland um 24 Mrd Fr. massiv aufgestockt wurden. Der definitionsgemässe Ausgleich der Zahlungsbilanz erfolgte einerseits über die Konti der Nationalbank -- aus der Veränderung ihrer internationalen Reservenposition und der Bewertungskorrektur ergab sich ein Devisenabfluss von 2,3 Mrd Fr. -- und anderseits durch statistische Fehler und nicht erfasste Transaktionen in Höhe von 5,7 Mrd Fr. Rudolf Enz

Zahlungsbilanz der Schweiz

1989

1988

1987

Position Einnahmen Ausgaben Saldo SaldoSaldo

Mrd Fr. Mrd Fr. Mrd Fr. Mrd Fr.Mrd Fr.

Warenverkehr 86,977 98,659 -11,682 -8,939-8,533

Dienstleistungsverkehr 23,699 12,453 11,246 10,13910,637

Kapital- und Arbeitseinkommen 39,335 23,913 15,422 14,53711,403

Unentgeltliche Uebertragungen 3,146 5,896 -2,750 -2,518-2,244

Ertragsbilanz 153,157 140,921 12,236 13,21911,263

Direktinvestitionen 3,102 11,360 -8,258 -12,6621,148

Portfolioinvestitionen 11,859 14,232 -2,373 -10,851-2,584

Kredite Banken 13,554 -11,177 24,731 4,850-5,617

Übriger Kapitalverkehr 30,319 48,679 -18,360 -2,706-6,928

Total Kapitalverkehr 1 58,834 63,094 -4,260 -21,802-13,981

Kapitalflüsse Nationalbank 1,352 3,643 -2,291 3,456-4,666

- Veränderung Devisenbestand -0,049 3,643 -3,692 1,485- 1,120

- Wertveränderung Devisenbestand 1,401 1,401 1,971-3,546

Fehler und Auslassungen 5,685 -5,685 5,1277,384

Zahlungsbilanz 213,343 213,343 0,000 0,0000,000

1 ohne Nationalbank

Schweiz: Selektive Anlagepolitik

Der Ausbruch der Golfkrise und der daraus resultierende Ölpreisanstieg auf zeitweise über 40 $ pro Barrel (WTI) hat die Aktienmärkte weltweit in die Tiefe gerissen. Auch die Schweizer Börsen blieben von massiven Kurseinbussen nicht verschont. Inzwischen ist der Erdölpreis wieder deutlich und vorübergehend sogar unter 30 $ gesunken, aber die erhoffte Aufwärtskorrektur an den Börsen ist ausgeblieben. Neben der latenten Kriegsgefahr im Mittleren Osten drücken noch zusätzliche Faktoren auf die Stimmung am Aktienmarkt. Es sind dies vor allem die hohen Opportunitätskosten (Geldmarkt), die gedrückten Gewinnerwartungen im Bankensektor, die zu erwartende Abschwächung im Baubereich sowie die aufgrund des starken Schweizerfrankens gedämpften Ertragserwartungen der multinational tätigen Gesellschaften.

In diesem Umfeld behalten Geldmarktanlagen vorderhand noch ihre Attraktivität. Obligationenbestände können langsam aufgebaut werden. Das Schwergewicht liegt bei mittleren Laufzeiten.

Bei einem Engagement im schweizerischen Aktienmarkt favorisieren wir z.Zt. die Nahrungsmittelbranche. Dieser Sektor ist als stabiler Wachstumswert zu betrachten und im momentanen Umfeld besonders interessant. Zu berücksichtigen sind namentlich Unternehmen mit grossen Marktanteilen, guten Produktenamen, stabilem Wachstumspfad und hohen Cash-flow-Margen.

Ebenfalls im Vordergrund stehen Detailhandelswerte. Diese Sparte wird im nächsten Jahr, trotz hohen Teuerungsraten und einem leichten Konsumrückgang, dank tieferen Einstandspreisen importierter Güter aus den USA und Japan ihre Margen steigern können.

Wegen seinem gewichtigen Anteil am Aktienmarktindex darf der Bankensektor in einem diversifizierten Portefeuille nicht vernachlässigt werden. Die Ertragsperspektiven für das laufende Geschäftsjahr sind allerdings gedrückt, was in den aktuellen Kursen jedoch bereits eskomptiert sein dürfte. Höhere Ausleihungsvolumen und -- infolge gestiegener Volatilitäten -- weiter zunehmende Devisenumsätze werden die Margenerosion im Kreditgeschäft teilweise kompensieren. Auch sind die Banken durch ihre hohe Dividendenrendite von 5 % (Marktdurchschnitt 2,9 %) gut nach unten abgesichert. Die Werte des Versicherungsbereichs, des Maschinensektors sowie der Pharma- und Chemiebranche versprechen ebenfalls eine gute Performance. Dagegen stehen der Bausektor (zinsbedingte Abschwächung) und der Transportbereich gegenwärtig etwas im Hintergrund des Anlageinteresses. MKX

Ansätze einer Entkrampfung

Die Turbulenzen der beiden Vormonate an den internationalen Kapitalmärkten haben im Oktober einer etwas optimistischeren Beurteilung von Inflations- und Zinsverlauf Platz gemacht. Obwohl dabei auch wieder andere Einflussfaktoren, darunter namentlich das ungelöste Budgetproblem der USA, vermehrt ins Blickfeld rückten, blieben die Ereignisse bzw. Perspektiven in der Golfregion und die Reaktion der Erdölmärkte die zentralen zinsbestimmenden Elemente. Dabei zeigte sich jedoch, dass weder die Exzesse des Ölpreises über die 40$-Marke noch der anschliessende Rückgang auf ein Niveau, das mit der Angebots- und Nachfragesituation besser im Einklang steht, die Finanzmärkte nachhaltig tangierten. Da trotz Signalen einer diplomatischen Lösung der Golfkrise die Gefahr einer militärischen Eskalation nicht gebannt ist, hielt sich die Entspannung der Kapitalmärkte vorerst in engen Grenzen. Einzig in Japan fiel das Renditeniveau im Oktober mit 1 %-Punkt etwa in demselben hohen Ausmass, um das es zuvor seit Ausbruch des Golfkonflikts gestiegen war.

Lähmende US-Budgetdebatte

Neben dem Einfluss von Geldpolitik und Erdölmarkt stand die amerikanische Finanzszene weitgehend im Banne der unergiebigen Budgetdebatte für das bereits Anfang Oktober angelaufene Fiskaljahr 1990/91. Obwohl grundsätzliche Einigkeit über die Notwendigkeit eines drastischen Defizitabbaus besteht, konnten sich Administration und Kongress im Vorfeld der Wahlen vom November erst Ende Oktober zu einem Kompromiss hinsichtlich Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen durchringen. Dies wiederum stand einer Lockerung der Geldpolitik im Wege, hatte doch das Fed einen solchen stabilitätspolitisch zweifellos verfrühten, aber angesichts der einsetzenden Rezession gleichwohl als notwendig erachteten Schritt von einer vermehrten (stabilitätsfördernden) Budgetdisziplin abhängig gemacht. In dieser Patt-Situation pendelten die kurzfristigen Zinssätze weitgehend richtungslos um 8 % (Federal Funds) bzw. 7,4 % (Treasury Bills auf 3 Monate), während sich die Renditen der Staatsanleihen in der zweiten Monatshälfte unter dem Einfluss des Ölpreiszerfalls um rund 0,2 %-Punkte zurückbildeten.

Britische Leitzinssenkung zum EWS-Beitritt

Der monatelang diskutierte, terminlich am 8. Oktober aber dennoch überraschend erfolgte Beitritt des britischen Pfundes zum Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems (EWS) war von einer Reduktion des Basiszinssatzes um 1 %-Punkt auf 14 % durch die Bank of England begleitet. Damit sollte einerseits zum Ausdruck gebracht werden, dass die Teuerungswelle in Grossbritannien ihren Höhepunkt erreicht habe und der Aussenwert des Pfundes autonom stabiler werde, andererseits aber auch der schwachen Konjunktur eine Stütze gegeben werden. Der britische Bondmarkt liess sich dadurch nur kurzzeitig inspirieren; das per Saldo um 0,3 %-Punkte tiefere Renditeniveau war vor allem der Beruhigung des Ölmarktes zu verdanken

Etwa im selben Ausmass kamen auch die Anleihensrenditen Frankreichs zurück, während der deutsche Rentenmarkt etwas geringeren Zinsspielraum nach unten aufwies. Die markante Erholung des japanischen Bondmarktes, dessen Renditeniveau innert Monatsfrist um einen vollen Prozentpunkt auf 7,7 % absackte, erfolgte teils als Korrektur der vorangegangenen Überreaktion, war aber gleichzeitig auch eine folgerichtige Begleiterscheinung zum deutlich erstarkten Yen. Die Bank of Japan ist allerdings bestrebt, die Wirksamkeit ihrer restriktiven Geldpolitik nicht durch zu tiefe langfristige Sätze unterlaufen zu lassen.

Trendloser Frankenmarkt

Am schweizerischen Geldmarkt gaben die Zinsnotierungen zu Monatsbeginn vorab im kurzfristigen Bereich geringfügig nach, doch führte eine gegenläufige Entwicklung die Eurofrankensätze in der zweiten Oktoberhälfte wieder auf ein höheres Niveau zurück. Nach einer anfänglichen Ermässigung mussten deshalb auch die Festgeldsätze in zwei Schritten erneut nach oben angepasst werden. Bei anhaltend restriktiver Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank und wenig verändertem Aussenwert des Frankens dürfte in dieser Entwicklung der internationale Zinszusammenhang zum Ausdruck kommen, nachdem die Eurofrankensätze bereits seit Anfang September die entsprechenden Euro-DM-Notierungen deutlich und ab Anfang Oktober auch die Eurodollarsätze leicht unterschritten hatten.

Dass der Zinsspielraum nach unten für die Schweiz vorläufig eng begrenzt ist, zeigt sich auch am Kapitalmarkt, dessen Renditeniveau im Oktober trotz günstiger ausländischer Tendenzen weitgehend stabil auf hohem Niveau verharrte. Immerhin dürften die Perspektiven einer allmählich abklingenden Teuerung eine leichte Entspannung am inländischen Obligationenmarkt einleiten. Im Sektor der Frankenanleihen ausländischer Schuldner könnte eine solche Entwicklung durch eine verstärkte Marktbeanspruchung indes bald an Grenzen stossen. FYC

Vorwiegend im Zeichen der Baisse

Die Edelmetallnotierungen gerieten im Oktober erheblich unter Druck. Bereits zu Beginn des Monats sank der Goldpreis wieder unter die Ende September kurzfristig überschrittene 400$-Grenze, da sich der Platinpreis wegen Rezessionsängsten massiv abschwächte. Anschliessend bestimmten vorwiegend die Schwankungen des Erdölpreises und des Dollarkurses die Preisbewegungen des gelben Metalls, wobei Gewinnmitnahmen und die physische Nachfrage die Ausschläge nach oben bzw. unten begrenzten. Zur Monatsmitte gaben Drohgebärden Saddam Husseins gegenüber Israel dem Goldpreis verstärkten Auftrieb, während die Silbernotierungen abrupt einbrachen und auf den tiefsten Stand seit 1976 sanken. Händler führten diesen Preissturz darauf zurück, dass das wie Platin als Industriemetall geltende Silber wegen der vom Erdölpreisanstieg ausgehenden Rezessionsgefahr gemieden wird. In der zweiten Oktoberhälfte brachten Anzeichen für eine Entspannung der politischen Lage in der Golfregion und der nachgebende Erdölpreis den Goldpreis erneut ins Rutschen.

Am 31. Oktober notierte Gold bei XX.XX$ pro Unze, Silber bei X.XX$ pro Unze und Platin bei XX.XX$ pro Unze. BET

Pfund Sterling im EWS-Paritätengitter

Zwei Themen drückten dem Devisenmarkt im Oktober ihren Stempel auf. Das eine war der Entschluss der britischen Regierung, das Pfund 11 1/2 Jahre nach Schaffung des Europäischen Währungssystems (endlich) am Wechselkurs- und Interventionsmechanismus des EWS teilnehmen zu lassen. Der am 8. Oktober wirksam gewordene Beitritt gewährt dem Pfund eine Bandbreite von / 6 % um den bilateralen Zentralkurs von DM 2.95. Die Märkte reagierten auf die Nachricht vom Beitritt euphorisch, und das Pfund stieg rasch von DM 2.95 auf DM 3.05, obwohl gleichzeitig die Base Rate von 15 % auf 14 % gesenkt worden war. Der Sprung nach oben war allerdings nur kurzfristiger Natur, und die Terraingewinne des Pfundes gingen angesichts einer Wahlschlappe der Tories und Spekulationen über weitere Zinssenkungen wieder verloren. Das andere marktbestimmende Ereignis war das mühselige, den Dollar belastende Ringen um einen Budgetkompromiss in den USA. Ein gewisser Einfluss auf die Wechselkursentwicklung ging schliesslich auch von den zuerst abklingenden und dann wieder auflebenden Befürchtungen über die Lage in der Golfregion aus.

Dollar gegen Franken per Saldo gehalten

Kursverlauf $/Fr.: 1.2820 (1. Oktober), 1.3010 (2.), 1.2595 (18.) 1.2800 (26.). Die durch Anzeichen einer Einigung bei den Sanierungsbestrebungen für den US-Bundeshaushalt aufgekommenen Erwartungen einer baldigen geldpolitischen Lockerung durch das Fed gaben dem Dollar zunächst eine schwächere Grundtendenz. Sie wurde durch weitere Rezessionssignale, die verbale Vernachlässigung des Dollarkurses seitens Washingtons und die milderen Töne aus dem Mittleren Osten verstärkt. Anderseits führten die fruchtlosen Bemühungen zur parlamentarischen Verabschiedung einer Budgetvereinbarung zur Einsicht, dass dem Fed zinspolitisch die Hände vorerst gebunden seien. Dies verlieh dem Dollar etwas Auftrieb. Später profitierte er auch von der gegen Monatsende wieder grösser werdenden Furcht vor einer kriegerischen Eskalation in der Golfregion.

D-Mark im Aufwind

Kursverlauf $/DM: 1.5505 (1. Oktober), 1.5595 (2.), 1.4970 (19.), 1.5180 (26.). DM/Fr.: 82.68 (1. Oktober), 84.49 (26.). Die Vereinigung der beiden Deutschland und das glanzvolle Abschneiden der CDU bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland beflügelten die D-Mark zunächst nur wenig. Dennoch kletterte sie trotz verhaltener Konjunkturprognose für das vereinte Deutschland auf ein Rekordhöchst gegenüber dem Dollar. Für Schwung sorgten v.a. die restriktive Geldpolitik und die Verlautbarung der Bundesbank, hohe Zinsen und eine starke Währung seien notwendig, um das für die Finanzierung der deutschen Einheit benötigte Auslandkapital anzulocken.

Yen weiterhin stark

Kursverlauf $/Yen: 137.55 (1. Oktober), 123.80 (18.), 127.75 (26.). Die vornehmlich psychologische Wirkung der Massnahmen zur Stützung des Tokioter Aktienmarktes, höhere Bondkurse, relativ hohe Geldmarktzinsen, nachgebende Erdölpreise sowie die rezessiven Tendenzen der US-Konjunktur bildeten die Rahmenbedingungen für den erneuten Vormarsch des Yen. Erst die sich zuletzt wieder verschärfende Lage im Golf (steigende Erdölpreise) banden ihn zurück. THH

Inflationshöhepunkt bald erreicht

Der Landesindex der Konsumentenpreise stieg im September 1990 um 0,5 % auf 122,8 Punkte (Dezember 1982=100). Rund zwei Drittel des Indexanstiegs waren allein auf höhere Preise von Heizöl und Benzin zurückzuführen. Dabei erhöhte sich der Index für die Warengruppe Heizung und Beleuchtung innert Monatsfrist um 3,6 % und für Verkehr um 1,5 %. Etwas weniger stark stiegen die Preise in den Warengruppen Bekleidung (1,3 %), Haushalteinrichtung und -unterhalt (+0,5 %), Körper- und Gesundheitspflege (0,2 %) und Nahrungsmittel (0,1 %). Die Jahresteuerungsrate blieb im September unverändert bei 6,1 %. Im Oktober wird sich die Inflationsrate wegen der bis Monatsmitte nochmals gestiegenen Ölpreise leicht erhöhen. Damit dürfte der Inflationshöhepunkt allerdings erreicht sein. Die in der zweiten Monatshälfte Oktober eingetretene Ölpreisermässigung wird sich dann im November dämpfend auf die Jahresteuerungsrate auswirken.

Der Grosshandelspreisindex erhöhte sich im September 1990 lediglich um 0,1 % auf 184,1 Punkte (1963=100). Der Preisanstieg der Energieträger wurde teilweise kompensiert durch Preisermässigungen im Bereich der Rohstoffe und Halbfabrikate. Im Vorjahresvergleich betrug die Teuerung auf Grosshandelsstufe 1,8 %. ARB