Die schweizerische Wirtschaft im Sommer 1990
Erneuter Auftrieb dank inländischer Nachfrage
Nachdem sich der Aufwärtstrend in der schweizerischen Industrie im 2. Quartal 1990 etwas abgeschwächt hatte, erwarten die befragten Unternehmen für das 3. Quartal wieder eine beschleunigte Zunahme des Auftragseingangs. Produktion und Kapazitätsauslastung dürften auf hohem Niveau verharren. Mittelfristig rechnen die Umfrageteilnehmer damit, dass sich die marktwirtschaftliche Öffnung in Osteuropa stimulierend auf die Absatzentwicklung auswirken wird. Das Ausmass und die zeitliche Verzögerung wird von den einzelnen Branchen allerdings unterschiedlich beurteilt.
Industrie:
Die Auftragserwartungen aus dem Inland für das 3. Quartal haben
sich verbessert. Auch im 4. Quartal dürfte die günstige Entwicklung anhalten.
Zudem wird damit gerechnet, dass der Kostendruck etwas nachlassen wird.
Baugewerbe:
Trotz des sinkenden Auftragseingangs wird die Bautätigkeit im
3. Quartal 1990 weiterhin über dem Vorjahresniveau liegen.
Detailhandel:
Bei steigenden Einkaufs- und Verkaufspreisen rechnen die
Grossverteiler im 3. Quartal 1990 mit einer weiteren Umsatzsteigerung.
Tourismus:
Die meisten der befragten Kurdirektoren erwarten für die
Sommersaison 1990 mehr Hotelgäste als im Sommer 1989.
Günstige Auftragsaussichten in der Industrie
In der schweizerischen Industrie hat sich im
2. Quartal 1990
der
Aufwärtstrend etwas verlangsamt. Zwar lagen bei den im Juni befragten rund 200
Unternehmen die wichtigsten Indikatoren wie Auftragseingang, Umsatz und
Produktion deutlich über dem Vorjahresniveau, doch haben sich im Vergleich zum
1. Vierteljahr 1990 die Saldi der Zunahme- und Abnahme-Meldungen leicht
abgeschwächt. Die tatsächliche Entwicklung entsprach weitgehend den in der
März-Umfrage für das 2.Quartal 1990 gehegten Erwartungen. Einzig beim
Auftragseingang aus dem Ausland präsentierte sich die Lage deutlich schlechter,
als die Firmen noch vor drei Monaten prognostiziert hatten. Die
Kapazitätsauslastung verharrte mit 89,4 % im Durchschnitt des 2. Quartals auf
dem hohen Niveau der ersten drei Monate 1990 und stieg somit innert Jahresfrist
um 0,6 %. Ausserdem erhöhte sich der Personalbestand sowohl gegenüber dem
Vorquartal als auch im Vergleich zum 2. Quartal 1989.
Die Aussichten für das
3. Vierteljahr 1990
sind weiterhin günstig. Im
Vorjahresvergleich erwartet rund die Hälfte der von uns befragten Firmen höhere
Auftragseingänge, wobei die stärksten Nachfrageimpulse aus dem Inland kommen
dürften. Auch hinsichtlich Umsatz und Produktion sind die Unternehmen sehr
zuversichtlich, rechnen doch 52 % der Befragten mit einer steigenden Produktion
und 60 % mit höheren Umsätzen. Ueberdies kann aufgrund unserer Erhebung mit
einem weiteren Beschäftigungsanstieg gerechnet werden.
Die günstige Entwicklung dürfte auch im
4. Quartal
anhalten. Eine
zusätzliche Verbesserung des Geschäftsverlaufs erwartet nur ein Sechstel der
Unternehmen, während über 70 % der Befragten davon ausgehen, dass die sich für
das 3. Quartal 1990 abzeichnende Geschäftsentwicklung auch in den letzten drei
Monaten 1990 unverändert fortgesetzt wird.
Das Branchenbild präsentiert sich wie gewohnt uneinheitlich. Deutlich häufiger als im Durchschnitt aller Branchen wurden im 2. Quartal 1990 über dem Vorjahresstand liegende Umsätze aus der Maschinen-, der Papier- sowie aus der Holz- und Möbelindustrie gemeldet. Die beiden letzteren Branchen verzeichneten ausserdem einen besonders kräftigen Anstieg von Produktion und Auftragseingang. Unterdurchschnittlich entwickelten sich Umsatz und Auftragseingang in der Metall- und der Nahrungsmittelindustrie. Allerdings rechnen die Nahrungsmittelfirmen für das 3. Quartal 1990 mit einen markanten Aufwärtstrend hinsichtlich dieser Grössen.
Erholung bei den Inlandaufträgen
In unserer Umfrage vom März 1990 hatten die Unternehmen für das 2. Quartal mit einer spürbaren Verlangsamung des Auftragseingangs aus dem In- und Ausland gerechnet; die tatsächliche Abschwächung fiel jedoch unerwartet kräftig aus. Der positive Saldo der Zunahme- und Abnahmemeldungen ging innert dreier Monate um 17 Prozentpunkte zurück. Ausschlaggebend war die deutliche Abflachung bei den Auslandorders, während sich das Wachstum der Inlandbestellungen nur geringfügig verlangsamte.
Für das 3. Quartal 1990 rechnen die befragten Unternehmen bei den Inlandorders mit einer kräftigen Erholung, während bei den Auftragseingängen aus dem Ausland der geringere Wachstumstrend des 2. Vierteljahres sich fortsetzen dürfte.
Produktion, Arbeitsvorrat und Beschäftigung über Vorjahresstand
Die Produktion, die bereits im 1. Vierteljahr 1990 in der schweizerischen Industrie um durchschnittlich 8 % über dem Vorjahreswert gelegen hatte, übertraf im 2. Quartal per Saldo bei 43 % der von uns befragten Firmen erneut den Stand der entsprechenden Vorjahresperiode. Trotz der markanten Produktionsausdehnung wiesen Ende Juni 1990 im Vergleich zum Vorjahr per Saldo 27 % der Unternehmen einen grösseren Arbeitsvorrat auf, der zudem deutlich höher war, als die Befragten vor drei Monaten erwartet hatten. Auch für das 3. Quartal 1990 ist keine nennenswerte Abschwächung in Sicht, rechnen doch per Saldo 42 % der Unternehmen mit einem im Vorjahresvergleich höheren Ausstoss und 24 % mit einem grösseren Arbeitsvorrat.
Höhere Kapazitätsauslastung und Beschäftigung
Der durchschnittliche Auslastungsgrad der technischen Produktionskapazitäten betrug im 2. Vierteljahr 1990 89,4 % und übertraf damit den Vorjahreswert um 0,6 Prozentpunkte. In den vergangenen drei Monaten haben per Saldo 13 %, im Vorjahresvergleich sogar per Saldo 29 % der befragten Unternehmen ihren Personalbestand aufgestockt. Die gegenwärtige Anspannung auf dem Arbeitsmarkt dürfte auch im 3. Quartal 1990 anhalten, wollen doch in den kommenden drei Monaten per Saldo nochmals 12 % der befragten Unternehmen ihren Personalbestand erhöhen.
Verlangsamter Anstieg von Umsatz und Verkaufspreisen
Im 2. Quartal 1990 verzeichneten im Vorjahresvergleich per Saldo 49 % (im 1. Quartal: 61 %) der Unternehmen einen Anstieg der Gesamtumsätze und 33 % (45 %) der Befragten wiesen höhere Exportumsätze aus. Nachdem die Fertigwarenlager Ende März 1990 insgesamt auf dem Stand vom März 1989 stagniert hatten, waren sie Ende Juni per Saldo bei 18 % der Firmen höher als ein Jahr zuvor. Auch der Preisauftrieb schwächte sich leicht ab. Hatten in der März-Umfrage im Vorjahresvergleich per Saldo noch 67 % der Unternehmen ihre Verkaufspreise erhöht, so betrug dieser Anteil in der Erhebung vom Juni nur mehr 59 %.
Trotzdem wird der Preisauftrieb auch im 3. Quartal 1990 anhalten, da per Saldo 8 % der Umfrageteilnehmer im Verlauf der kommenden drei Monate weitere Preiserhöhungen planen. Hinsichtlich der Umsatzenwicklung rechnen im Vorjahresvergleich per Saldo mehr als die Hälfte der Unternehmen mit höheren Gesamtumsätzen und zwei Fünftel mit steigenden Exportumsätzen.
Nachlassender Kostendruck in Sicht
Im Zeitraum Januar bis Juni 1990 wiesen mehr als zwei Drittel der Firmen Peronalkostensteigerungen pro Beschäftigten von 3-6 % aus, jede siebte Unternehmung meldete sogar einen Anstieg von über 6 %. Für Rohstoffe und Halbfabrikate betrug die Kostensteigerung bei vier von zehn Befragten 0-3 % und bei mehr als der Hälfte der Unternehmen 3-6 %.
Für das zweite Halbjahr 1990 gehen die Umfrageteilnehmer von einer Verflachung des Kostendrucks aus; drei Viertel der Firmen erwarten, dass die Personalkosten pro Beschäftigten und die Preise für Rohstoffe und Halbfabrikate Ende 1990 nicht mehr als 3 % steigen werden, und nur ein Fünftel der Firmen geht von Kostensteigerungen zwischen 3 % und 6 % aus.
Geringer Einfluss der hohen Zinsen auf die Investitionstätigkeit
Auch das hohe schweizerische Zinsniveau tangiert die günstigen Konjunkturaussichten nur wenig. Rund 80 % der befragten Unternehmen verneinten einen Einfluss der hohen Finanzierungskosten auf ihre für 1991 geplanten Bau- und Ausrüstungsinvestitionen. Nur jede sechste Firma rechnet mit einer geringen Abnahme ihrer Investitionstätigkeit infolge des gegenwärtig hohen Zinsniveaus.
Mittelfristiger Absatzstimulus durch den Umbruch in Osteuropa
Hingegen dürfte sich im Urteil der befragten Unternehmen der Umbruch in
Osteuropa mittelfristig stimulierend auf die Absatzentwicklung auswirken. Unter
der Annahme, dass sich marktwirtschaftliche Prinzipien in den betroffenen
Staaten durchsetzen, rechnen für 1990 zwar nur insgesamt 13 bzw. 2 % mit einem
geringen bzw. deutlichen Einfluss auf den Absatz. 9 % aller
Chemieunternehmungen gehen allerdings bereits für dieses Jahr von einem
deutlichen Impuls aus. Für 1991 betragen die Anteile mit geringer
bzw. deutlicher Absatzstimulierung im Durchschnitt aller Branchen bereits 50
bzw. 5 % und für die Jahre nach 1991 sogar 57 bzw. 15 %. Deutlich stärker als
im Durchschnitt aller Branchen wird diese Absatzbelebung in der
Maschinenindustrie eingeschätzt; hier rechnen bereits für 1991 13 % der Firmen
und für die Folgejahre sogar 36 % der Befragten mit einem deutlichen Impuls auf
die Absatzentwicklung.
Bruno Bébié
Lage und Aussichten einzelner Wirtschaftszweige
Hoch- und Tiefbau
Im
1. Quartal 1990
nahm die gesamte Bautätigkeit gemäss Nationaler
Buchhaltung real um 5 % zu bei einer Bauteuerung von rund 6 %. Wegen der
guten Witterung erhöhte sich die Aktivität im Bauhauptgewerbe
überdurchschnittlich. Die Aufträge nahmen im 1. Quartal 1990 gemäss Angaben des
Baumeisterverbandes im Vorjahresvergleich gesamthaft um 12 % zu. Der
industriell gewerbliche Bau wuchs dabei mit 17 % wesentlich stärker als der
Wohnbau (+5 %). Anfangs April lag der Arbeitsvorrat daher gesamthaft um knapp 3
% über, im Wohnbau dagegen um fast 10 % unter dem Stand vor einem Jahr. Der
Personalbestand im Bauhauptgewerbe belief sich Ende März auf 152'600 Personen,
2 % mehr als vor Jahresfrist.
Im
2. Quartal 1990
setzte sich die in den einzelnen Sparten gegenläufige
Nachfrageentwicklung fort. Von den knapp vierzig durch uns befragten
Bauunternehmer meldeten im Hochbau per Saldo 29 % einen gegenüber dem Vorjahr
rückläufigen Bestellungseingang. Im Tiefbau verzeichneten hingegen per Saldo 12
% der befragten Baubetriebe einen höheren Auftragseingang als im 2. Quartal
1989. Trotz nochmals gesteigerter Bauvolumen lagen die Arbeitsvorräte per Saldo
bei 11 % der antwortenden Baufirmen über den Vorjahreswerten. Die Preise
blieben zwischen März und Juni 1990 bei gut zwei Dritteln der Baufirmen
konstant und nahmen bei rund einem Viertel ab.
Für das
3. Quartal 1990
erwarten die Hochbaubetriebe mit 32 % Abnahme- und
nur 18 % Zunahmemeldungen nicht mehr so stark rückläufige Aufträge, während die
Tiefbauer nun ebenfalls mit im Vorjahresvergleich leicht niedrigeren
Bestellungseingängen rechnen. Die Bautätigkeit dürfte hingegen in beiden
Sparten höher ausfallen als im 3. Quartal letzten Jahres. Von Juni bis
September 1990 erwartet nur ein einziger Betrieb noch steigende Preise; bei den
meisten anderen sollten die Preise stabil bleiben, und etwa ein Drittel rechnet
mit sinkenden Preisen. Die Ertragslage hat sich im 1. Halbjahr 1990 bei 16 %
der antwortenden Baufirmen verbessert und bei 8 %
verschlechtert. Für das zweite Semester zeichnet sich bei 10 % Zunahme- und 26
% Abnahme-Meldungen allerdings ein rückläufiger Trend ab.
Rudolf Enz
Detailhandel
Laut unserer vierteljährlichen Umfrage meldeten fast alle befragten Grossverteiler für das 2. Quartal 1990 um durchschnittlich 2-4 % höhere Umsätze als in der Vorjahresperiode. Im 1. Halbjahr 1990 wurden die Umsatzerwartungen im Gesamtdetailhandel mehrheitlich erfüllt, bei knapp der Hälfte der Befragten sogar übertroffen. Im Nahrungsmittelbereich erzielten sogar mehr als zwei Drittel der Umfrageteilnehmer bessere Ergebnisse als erwartet. Hingegen fielen die Umsätze in den Sparten Textilien und Bekleidung sowie Haushaltsartikel mehrheitlich niedriger als erwartet aus. Die Einkaufspreise sind im 2. Quartal 1990 gegenüber dem Vorquartal in allen Detailhandelssparten mit Ausnahme von Textilien und Bekleidung gestiegen. Die Preisauftriebstendenzen werden im 3. Vierteljahr 1990 etwas nachlassen. Die Mehrheit der befragten Grossverteiler erwartet gegenüber dem 2. Quartal insgesamt stabile Einkaufspreise. Lediglich ein Drittel sieht weitere Preissteigerungen - vor allem im Nahrungsmittelsektor - voraus. Demgegenüber wird im Bereich Textilien und Bekleidung vereinzelt sogar mit sinkenden Preisen gerechnet.
Die durchschnittlichen Verkaufspreise hingegen dürften in den nächsten drei Monaten bei den meisten Umfrageteilnehmern weiter steigen, wobei der grösste Preisanstieg im Bereich Nahrungs- und Genussmittel erwartet wird. Dementsprechend rechnen für das 3. Quartal 1990 auch alle befragten Grossverteiler mit höheren Gesamtumsätzen als in der Vorjahresperiode.
Auch für das ganze Jahr 1990 prognostizieren alle befragten Grossverteiler
höhere Umsätze im Gesamtdetailhandel. Während sie im Nahrungs- und
Genussmittelbereich einstimmig einen besseren Geschäftsverlauf als im Vorjahr
erwarten, rechnet im Nonfood-Bereich rund ein Fünftel der Befragten mit einer
Stagnation. Trotz höherer Einkaufspreise erwartet je die Hälfte der
Grossverteiler eine gegenüber 1989 steigende bzw. eine zumindest unveränderte
Bruttomarge, da mehrheitlich von zunehmenden durchschnittlichen Verkaufspreisen
ausgegangen wird.
Elisabeth Messner
Tourismus
Die Entwicklung in der Schweizer Hotellerie im Sommerhalbjahr 1990 (Mai bis Oktober) wird gemäss Umfrage-Ergebnissen vom Juni 1990 leicht optimistischer beurteilt als in der März-Umfrage. Von den 49 befragten Kurdirektoren rechnet über die Hälfte mit einer gegenüber dem Vorjahr steigenden und gut ein Drittel mit einer unveränderten Zahl von Hotelgästen. Für die Parahotellerie erwartet die Mehrheit eine gleichbleibende Entwicklung. Die prognostizierten Zuwachsraten schwanken zwischen 1 und 8 %, mit der grössten Häufigkeit im Bereich von 2-3 %. Zu diesen Erwartungen tragen Schweizer und ausländische Gäste etwa in gleichem Ausmass bei. Allerdings gibt es einige regionale Unterschiede. Mehrheitlich optimistisch sind die Kurdirektoren im Bernerland, im Genferseegebiet, in der Ostschweiz, im Tessin und in Graubünden. In der Region Freiburg/Neuenburg/Jura, im Wallis sowie in der Zentralschweiz überwiegen die "Unverändert"-Meldungen.
Bei den Feriengästen aus der Schweiz, der BR Deutschland, den USA und Italien
erwartet die Mehrheit der Kurdirektoren eine höhere Nächtigungszahl als im
Vorjahr. Zu den positiven Erwartungen tragen die diesjährigen Passionsspiele in
Oberammergau bei, welche insbesondere für US-Bürger einen zusätzlichen Anreiz
für Europa-Reisen bieten. Auch die nationalen Werbeaktionen im In- und Ausland
sowie die aufgrund der ökologischen Probleme an den Badestränden des
Mittelmeers zunehmende Attraktivität von Bergferien im Inland wirken sich in
diesem Sommer positiv auf den Schweizer Tourismus aus. Negativ hingegen könnte
sich der relativ starke Schweizerfranken auswirken, welcher den Anreiz für
Auslandreisen der Schweizer erhöht. Die zur Schwäche neigende D-Mark sowie die
Tendenz zu Ostreisen könnte zu einer leichten Dämpfung insbesondere der Zahl
der Uebernachtungen von bundesdeutschen Feriengästen führen.
Irene Meier
Ostbank - quo vadis?
Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung für Osteuropa wird trotz konkurrenzfähiger Alternativen ihre Geschäftstätigkeit voraussichtlich im Frühjahr 1991 aufnehmen. Obwohl noch etliche Fragen im Zusammenhang mit der Geschäftspolitik dieser "Ostbank" zu lösen sind -- z.B. Aufteilung der Ressourcen auf privaten/öffentlichen Sektor, Kreditkonditionen, Risikointensität, wirtschaftstechnische Beratung --, ist damit ein wichtiger Grundstein für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Osteuropas gelegt.
Die französische Regierung lancierte im November l989 einen Plan zur Gründung einer Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung für Osteuropa (EBRD). Nach mehreren erfolglosen konstitutiven Plenarsitzungen wurde im April 1990 in wesentlichen Punkten ein Konsens erzielt. Die ca. 40 Gründerstaaten aus Ost und West sowie die EG-Kommission und die Europäische Investitionsbank unterzeichneten am 29. Mai das "Uebereinkommen zur Errichtung der EBRD". Die Ratifizierung der Mitgliedschaft durch die nationalen Parlamente hat bis zum 31. März 1991 zu erfolgen.
Aufgaben und Ausgestaltung der Ostbank
Die Ostbank soll den osteuropäischen Ländern einschliesslich der UdSSR den Uebergang von der Plan- zur Marktwirtschaft mit Krediten und umfassender Beratung erleichtern. Bei der Aufgabenabgrenzung wird auf die Erfahrung der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds sowie der regionalen Entwicklungsbanken zurückgegriffen. Die Kredite der Ostbank sollen folgenden Kriterien genügen: Erstens soll die Kreditgewährung vom Reformwillen des Kreditsuchenden abhängen. Somit wird dem an Bedingungen geknüpften Strukturanpassungskonzept, wie es die Weltbank und der Internationale Währungsfonds für Entwicklungsländer entwickelt hat, von Anfang an nachgelebt. Zweitens sollen 60 % der Kredite dem Privatsektor zufliessen, während 40 % an staatliche Institutionen gehen; letztere sollen vorwiegend Infrastruktur- und Umweltinvestitionen finanzieren. Drittens soll eine breitangelegte Beratung durch die Ostbank den Reformprozess begleiten.
Das Grundkapital der EBRD beläuft sich auf 10 Mrd Ecu, wobei die Anteile der einzelnen Länder auch in US-Dollar oder Yen zu einem festen Kurs eingezahlt werden können. Im Vergleich zur Weltbank oder zu den regionalen Entwicklungsbanken ist die Ausstattung mit Grundkapital relativ bescheiden. Die Interamerikanische Entwicklungsbank hat beispielsweise ordentliche Kapitalmittel von 34,5 Mrd US$. Es ist geplant, dass 30 % des Kapitals innerhalb von fünf Jahren einzubezahlen und 70 % auf Abruf bereitzustellen sind. Die zwölf EG-Staaten (inkl. der erwähnten zwei EG-Institutionen) erwerben zusammen etwas mehr als 50 % des Grundkapitals. Die BR Deutschland, Frankreich, Italien, Grossbritannien und Japan bringen je 8,5 % der Erstausstattung ein. Die USA partizipieren mit einem Zehntel am Gesamtkapital und weisen damit den höchsten Anteil eines einzelnen Mitglieds auf. Die UdSSR beteiligt sich mit 6 %. Während dreier Jahre darf das Kreditvolumen an die UdSSR ihren eingebrachten Kapitalanteil nicht übersteigen. Durch diese Bindung wird die Kreditnachfrage der weitaus grössten Volkswirtschaft Osteuropas vorübergehend beschränkt. Der Anteil der Schweiz am Grundkapital beträgt 2,28 %.
Die Bank wird durch 23 Mitglieder des "board of directors" geleitet, wobei sich kleinere Länder einen Sitz teilen. Der EG wird somit kein Alleinbestimmungsrecht eingeräumt. Weitreichende Beschlüsse, wie z.B. eine Kapitalaufstockung, benötigen eine qualifizierte Mehrheit. Die EBRD wird anfangs ca. 500 Personen beschäftigen, später sind 1000 Mitarbeiter vorgesehen. Sitz der Ostbank ist London; als ihr erster Präsident wurde der Berater des französischen Staatspräsidenten Mitterrand, Jacques Attali, nominiert.
Warum Ostbank?
Die Frage nach dem "raison d'être" erübrigt sich beinahe angesichts der überzeugenden Aufgabenstellung und Ausgestaltung der Bank. Zweifellos besteht seitens Osteuropas eine potentielle Nachfrage nach Krediten und wirtschaftstechnischer Beratung. Kritiker der EBRD weisen jedoch zu recht darauf hin, dass die Weltbank und die International Finance Corporation (IFC) die geplanten Funktionen der Ostbank bereits weitgehend ausüben. Auch liessen sich die gewünschten Modifikationen in der Geschäftspolitik, etwa der 60/40 prozentige Verteilungsschlüssel, durch eine entsprechende Statutenanpassung bei den beiden Washingtoner Institutionen erreichen.
Die bestehenden Wirtschaftsentwicklungsinstitutionen haben in der Vergangenheit die Neugründung regionaler Entwicklungsbanken nicht verhindert. Mittels Regionalbanken konnte dem Nachteil der straff zentralisierten Weltbank (weniger als 10 % des Weltbankpersonals sind ausserhalb Washingtons beschäftigt) entgegengewirkt werden. Die Einsicht in die Vorteile regionaler Strukturen hat sich seit der Gründung regionaler Entwicklungsbanken eher gefestigt, auch wenn gewisse Kritik an der Geschäftspolitik und am Management der regionalen Institute berechtigt ist.
Dass die Uebernahme der Ostbankfunktionen in die Weltbank kein Thema ist, beruht jedoch auf veränderten politischen Gewichten der Hauptakteure. Die dominante Stellung der USA, seit dem Bretton Woods Abkommen unbestritten, führte dazu, dass bis heute die Politik der Weltbankgruppe von den USA massgeblich gestaltet wird. Inzwischen entspricht diese deutliche Vormachtstellung nicht mehr der internationalen Verhältnissen. Eine Umstrukturierung des Grundkapitals der Weltbank wäre jedoch kaum ein erfolgsversprechender Weg, wie die jüngste Diskussion um die begrenzte Kapitalaufstockung Japans und die Herabstufung Englands belegen. Schon deshalb wurde der von zwei Senatoren eingereichte Gesetzesentwurf, die EBRD bei der Weltbank anzusiedeln, von der US-Regierung nicht getragen.
Neben der Weltbank wäre auch die Europäische Investitionsbank (EIB) in Luxemburg, die als Regionalbank der EG-Mitgliedstaaten tätig ist, ein idealer Nukleus, dem die Ostbankfunktionen angegliedert werden könnten. Als Entwicklungsbank ohne Erwerbszweck gewährt die EIB Darlehen für die Finanzierung von Investitionen, die zu einer ausgewogenen innergemeinschaftlichen Entwicklung beitragen sollen. Die Finanzierungsmittel werden mehrheitlich durch Kapitalmarktanleihen beschafft. 1988 erreichte das Finanzierungsvolumen der Bank 10.2 Mrd ECU. Gemäss Statuten soll die Bank als Gemeinschaftsinstitution der EG ihre Tätigkeit den jeweiligen Prioritäten der Gemeinschaftspolitik und den Bedürfnissen der Mitgliedsländer anpassen.
Diese geschäftspolitische Ausrichtung, zusammen mit der grossen Erfahrung bei der westeuropäischen Regionalentwicklung und ihrer Beteiligung an der Entwicklungshilfe (beispielsweise hat Jugoslawien zwischen l977 und l988 von der EIB 0.52 Mrd ECU erhalten) gäben der EIB günstige Voraussetzungen, um die Entwicklungsfunktion für Osteuropa wahrzunehmen. Bestehende Schwachpunkte, etwa bei der Unternehmensentwicklung, die die EIB zwar betreibt, aber nicht in dem für Osteuropa wünschenswerten Ausmass und in der technisch-wirtschaftlichen Beratung, konnte die EIB durch personelle Verstärkung beheben. Unter Umständen könnte die EIB auch auf die Erfahrung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zurückgreifen, die erst kürzlich ihren Aufgabenkreis um die technische Beratung osteuropäischer Staaten ergänzte.
Dass die EIB weder von Europäern noch von Nicht-Europäern ernsthaft als potentielle Nukleus einer Osteuropabank in Betracht gezogen wird, beruht wesentlich auf dem Ausschliesslichkeitsanspruch der politischen Entscheidungsträger: Die EIB ist eine reine EG-Institution und soll es auch bleiben. Eine Mitsprache durch Amerikaner oder Japaner bei der Entwicklung Portugals oder Griechenlands ist unerwünscht. Hingegen wäre sie bei der Entwicklung Osteuropas willkommen. Diese unterschiedliche Optik mag man bedauern, weil mit der Existenz von zwei europäischen Entwicklungsbanken die bisherige Teilung Europas zumindest institutionell fortgeschrieben wird.
Ausblick
Die EG hätte ohne grössere Probleme die EIB den Staaten Osteuropas öffnen können. Interesse der UdSSR an westlichen Krediten und die geplante institutionelle Beteiligung verunmöglichen dies jedoch. Ein wirtschaftliches und politisches Gegengewicht zur UdSSR - durch die Beteiligung starker nichteuropäischer Vertragspartner - wurde nötig. Die Entstehung der Ostbank ist deshalb die logische Konsequenz geopolitischer Verhältnisse, obwohl technisch gesehen, die Uebernahme der Funktionen seitens der EIB einen schnelleren Kapitalfluss nach Osteuropa erlaubt hätte.
Dieses Ergebnis ist insofern interessant, weil es zeigt, dass unter den heutigen Verhältnissen eine gesamteuropäische Institution mit der UdSSR, ohne transatlantische Beteiligung, kaum zustandekommt. Diese Erfahrung lässt sich verallgemeinern. Eine gesamteuropäische Gemeinschaft - unter Einbeziehung der UdSSR - lässt sich auf absehbare Zeit nicht vorstellen. Dafür ist ihr ökonomisches, sicherlich jedoch ihr politisches Gewicht zu gross, als dass sie sich in eine 'EG im umfassenden Sinne' einordnen liesse. Aus heutiger Sicht ist ein gesamteuropäisches Haus, unter Beteiligung der UdSSR, nur unter zwei Entwicklungsoptionen denkbar: Wenn der politische Einigungsprozess der zwölf EG-Staaten soweit fortgeschritten ist, dass auch eine gewichtige UdSSR den Anschluss an Europa finden könnte, oder falls sich die heute noch monolitische UdSSR künftig in mehrere autonome Republiken gliedert, die selbständig ihre Interessen in einem Gesamteuropa einbringen.
Da vermutlich in absehbarer Zeit alle osteuropäischen Länder, die bisher den Bretton-Woods Institutionen nicht angehören, um Mitgliedschaft beim IWF und Weltbank ansuchen werden, stehen ihnen dann - zusammen mit der Ostbank - drei bedeutende internationale Kapitalquellen zur Verfügung, um ihre Reformpolitik auch finanziell abzusichern. Hinzu kommen die neu geschaffenen Finanzierungsprogramme der Weltbank: die Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA), um ausländische Investitionen in Bank-Mitgliedsländern zu fördern, und die Expanded Cofinancing Operation (ECO), um eigene Finanzierung des Privatsektors mit Weltbankmitteln zu ergänzen.
Erste EG-Schätzungen sprechen von einem jährlichen Gesamtkapitalbedarf
Osteuropas von 15-25 Mrd US$ über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren.
Diese Schätzung liegt ungefähr um 2-3 Mrd US$ über dem Gegenwartswert des
früheren Marshall-Planes, der über einen Zeitraum von vier Jahren jährlich
gewährt wurde. Die Erfahrung in Entwicklungsländer zeigt jedoch, dass sich
unternehmerische Initiative kurzfristig nur schwer entwickeln lässt. Nach
vier Jahrzehnten Planwirtschaft dürfte die Situation in Osteuropa ähnlich sein.
Sollte die Ostbank zudem die Rolle als "lender of last resort" übernehmen (wie
dies z.B. in den Weltbank-Statuten verankert ist) und grundsätzlich den
Geschäftsbanken die Finanzierung von Beteiligungen und die Gewährung von
Handelskrediten überlassen, so würde das Geschäftspotential der EBRD nochmals
kleiner. Es ist deshalb nicht auszuschliessen, dass ein beträchtlicher Teil der
Kredite in den staatlichen Sektor oder in halbstaatliche Kooperative fliesst
und weniger als geplant in den privaten Sektor. Die Kreditkonditionen der
Ostbank dürften ähnlich wie bei IFC-Krediten sein, obwohl die
Detailbestimmungen bisher nicht bekannt sind. Der erst im Aufbau befindliche
private Wirtschaftssektor setzt wohl die Bereitschaft zu einer grösseren
Risikoakkumulation voraus, als dies für die Geschäftsbanken tragbar wäre. In
diesem Zusammenhang ist auch ein Schwerpunkt auf die wirtschaftstechnische
Beratung zu legen. Es bleibt zu hoffen, dass die strukurelle Anpassung
Osteuropas durch den erleichterten Zugang zu den erforderlichen finanziellen
Ressourcen beschleunigt werden kann, ohne dass die schmerzlichen Erfahrungen
der Entwicklungsländer nachvollzogen werden müssen.
Dr. W. Stolber
Lancierung des ersten Luxemburger Short Term-Fonds
Das Angebot an SBG-Anlagefonds nach luxemburgischem Recht wird weiter ausgebaut. Nach den vier Geldmarkt-Spezialfonds sowie dem UBS Bond Invest-Ecu lancieren die Schweizerische Bankgesellschaft, die Union de Banques Suisses (Luxembourg) S.A. als Depotbank sowie die Intrag International Short Term Invest als Fondsleitung Mitte Juli den ersten Kurzläufer-Spezialfonds nach luxemburgischem Recht, den UBS Short Term Invest-DM. Wie bei allen anderen Luxemburger Fonds wird auch hier ein Umbrella-Fonds aufgebaut, diesmal für Anlagen in Geldmarktpapieren sowie in Obligationen mit kurzen Laufzeiten (max. 3 Jahre). Mit dem UBS Short Term Invest-DM ermöglichen wir einer breiten Anlegerschaft den Zugang zu den interessanten und im Zuge der wirtschaftlichen und politischen Oeffnung Osteuropas noch zukunftsträchtigeren Anlagemöglichkeiten im Bereich des D-Mark-Geld- und Obligationenmarktes. Der neue Fonds bietet sich zudem als wertvolle Alternative für Anleger an, welche bereits in diesem Markt aktiv sind.
Die Anlagepolitik ist auf das Erzielen eines hohen laufenden Ertrages unter
Berücksichtigung der Sicherheit des Kapitals und der Liquidität des
Fondsvermögens ausgerichtet. Bei den Anlagen wird auf den Grundsatz der
Risikoverteilung, auf erstklassige Schuldnerbonität und eine dem Zinsgeschehen
angepasste Laufzeitstrukturierung des Portefeuilles grosser Wert gelegt. Das
Fondsvermögen wird grundsätzlich in auf D-Mark lautenden Geldmarktpapieren,
deren Anteil 49 % nicht übersteigen darf, in Schuldscheinen sowie Obligationen,
Notes und ähnlichen Wertpapieren öffentlich-rechtlicher,
gemischtwirtschaftlicher und privater Schuldner angelegt, wobei die (Rest-)
Laufzeit drei Jahre nicht überschreiten darf. Die Anteile eines jeden
Spezialfonds können jederzeit kommissionsfrei in solche der anderen noch zu
gründenden Spezialfonds derselben Umbrella-Konstruktion umgetauscht werden. Der
Kauf der Anteilscheine wird
nicht
mit der eidgenössischen Emissionsabgabe
von 0,9 Prozent belastet.
Die Erstemission der Anteilscheine des UBS Short Term Invest-DM erfolgt vom
11.-18. Juli 1990 zum festen Preis von DM 500.-- (Mindestzeichnung: 10 Anteile)
zuzüglich der Ausgabekommission von 0,3 % und allfälliger Umsatzabgaben. Der
Ausgabepreis richtet sich nachher nach dem täglichen ermittelten Inventarwert
des Fondsvermögens. Auf dieser Basis werden die Anteilscheine auf Verlangen
auch täglich kommissionsfrei zurückgenommen. Vertriebsstellen für die Anteile
sind die UBS Luxembourg, die SBG Zürich sowie ihre Geschäftsstellen und
Tochterbanken im In- und Ausland (ausgenommen USA).
AFWE
Attraktive Schweizerfranken-Anlagen
Dank einer markanten Festigung des Schweizer Frankens gegenüber den Hauptwährungen stabilisierten sich die kurzfristigen Eurofrankensätze seit Anfang Mai im Bereich von 8,5 % bis 9 %. Obwohl Geldmarktanlagen damit weiterhin attraktiv sind, sollten Positionen schrittweise auch in Obligationen umgelagert werden, da die gestiegene Nachfrage nach Kapitalmarktanlagen auf ein schmales Angebot trifft. Der Obligationenmarkt dürfte noch etwas Auftrieb durch die sich abflachende Inflation erhalten. Das Schwergewicht sollte auf die mittleren Laufzeiten gelegt werden.
Der Schweizer Aktienmarkt hat sich im Mai aus seiner Staguationsphase gelöst. Die Trendwende wurde durch den erstarkten Schweizer Franken ausgelöst und durch die -- allerdings auf hohem Niveau -- stabilisierten Zinssätze unterstützt. Das anziehende Handelsvolumen ist vor allem auf eine robuste ausländische Nachfrage zurückzuführen. Folgende Sektoren sind besonders interessant und sollten mittel- bis längerfristig besser als der Gesamtmarkt tendieren:
Die traditionell zinssensitiven
Banken
valoren werden von der erwarteten
leichten Entspannung bei den Geld- und Kapitalmarktsätzen im zweiten Semester
1990 beflügelt. Im Vordergrund stehen die substanzstarken und diversifizierten
Grossbankentitel.
Die Zunahme des Auftragseinganges in der
Maschinen
industrie im 1. Quartal
1990 um rund 15 % gegenüber dem Vorjahr zeigt, dass diese Branche noch nichts
von ihrem Schwung verloren hat. Der durchschnittliche Arbeitsvorrat liegt mit
7,3 Monaten nochmals leicht höher als Ende 1989. Der Anteil der
Exportlieferungen in den EG-Raum erreichte mit 61 % einen neuen Höchststand.
Die Schweizer
Pharma- und Chemie
gesellschaften profitieren weiterhin von
der weltweit robusten Konjunkturlage. Die Wechselkurse (vor allem US-Dollar und
Yen) dürften sich zwar im laufenden Jahr zu ungunsten der multinational
operierenden Gesellschaften entwicklen. Dank vorteilhaften Produktezyklen
erwarten wir in den nächsten Jahren aber vor allem von den Pharmasparten
überdurchschnittliche Zuwachsraten.
Nahrungsmittel
valoren haben ein gutes Aufwärtspotential, wobei wir
Unternehmen mit grossen Marktanteilen, guten Produktenamen, stabilem
Wachstumspfad und hohen Cash flow-Margen bevorzugen.
WLP
Weitere Entspannung am langfristigen Frankenmarkt
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wies der internationale Zinsverlauf im Juni keine neuen Trends auf. Im kurzfristigen Sektor verharrten die Sätze weitgehend auf hohem Niveau und reflektierten damit die weiterhin restriktive Geldpolitik der Notenbanken. Etwas mehr Bewegung, wenn auch in uneinheitlicher Richtung, war auf den nationalen Anleihensmärkten zu verzeichnen. Während die Renditen auf langfristigen Staatspapieren in den USA knapp unter 8,5 % oszillierten, drifteten sie in der BR Deutschland und in Japan wieder leicht nach oben. Einzig im Falle Grossbritanniens und der Schweiz setzte sich die im Mai begonnene Entspannung am Kapitalmarkt zügig fort.
USA: Wiedersprüchliche Konjunktursignale
Gleich zu Beginn des Monats Juni bestätigte die Meldung vom äusserst schwachen Stellenzuwachs in der amerikanischen Wirtschaft die Zweifel an der Robustheit der US-Konjunktur und nährte Hoffnungen auf eine weitere Teuerungsabschwächung und eine Lockerung der Geldpolitik. Die Rendite von Treasury Bonds fiel dadurch am ersten Handelstag um 0,2 %-Punkte. Das Federal Reserve liess sich jedoch von diesem einen negativen Indikator nicht aus dem Konzept bringen und hielt unbeirrt an seinem gemässigt restriktiven Kurs fest. Immerhin verharrte in der Folge das Renditeniveau auf dem erreichten tieferen Stand knapp unter 8,5 % und überstieg diese Marke später nur unwesentlich, als die nach oben revidierte Wachstumsrate des realen Bruttosozialprodukts im 1. Quartal bekannt wurde.
Attraktive D-Mark-Renditen
Bei weitgehend stabilen Geldmarktsätzen zogen am deutschen Kapitalmarkt die Anleihensrenditen im Juni per Saldo wieder leicht an. Mit Ausnahme der etwas schwächer notierenden D-Mark am Devisenmarkt waren vordergründig keine neuen Argumente für diese Kapitalverteuerung auszumachen. Der Staatsvertrag, welcher die deutsche Währungsunion ab Anfang Juli begründet, wurde von beiden Parlamenten erwartungs- und planmässig ratifiziert; zusätzliche Erkenntnisse betreffend Teuerungsverlauf und Kapitalbedarf liessen sich daraus nicht ableiten. Die übrigen europäischen Finanzmärkte leisteten dem deutschen Rentenmarkt keine Gefolgschaft. Das französische und das holländische Renditeniveau blieb weitgehend stabil, während das italienische Zinsgefüge unter dem Einfluss der im Mai erfolgten Diskontsatzsenkung und der festen Lira nach unten tendierte. Ein Eigenleben führte nach wie vor der britische Bondmarkt, dessen Renditen trotz der per Mai auf 9,7 % gekletterten Inflationsrate im Juni um rund einen halben Prozentpunkt nachgaben.
Rückschlag in Japan
Nach der günstigen Finanzmarktentwicklung im Mai hat sich in Japan im Juni eine Gegenbewegung eingestellt, in deren Verlauf die Aktienkurse wieder zurückgestuft, der Yen schwächer bewertet und die Anleihensrenditen über die 7 %-Marke gehoben wurden. Neben politischen Faktoren und dem überraschend hohen Wirtschaftswachstum im 1. Quartal spielte für den Zinsauftrieb die Bank of Japan eine prominente Rolle, indem sie nicht nur die Geldmarktsätze, sondern vermehrt auch die Kapitalmarktrenditen hoch halten will. Im Hinblick auf eine Konjunkturberuhigung, die Eliminierung von Teuerungsherden und die Festigung des Yen wird die Geldpolitik vorderhand restriktiv bleiben, wobei jedoch bei den Bondrenditen erneut ein Spielraum nach unten entsteht.
SNB weiter auf Kurs
Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) hält an ihrer Politik des knappen Geldes fest. Zum einen lässt sich dies an der weiterhin rückläufigen Tendenz der Notenbankgeldmenge feststellen, die immer deutlicher mit dem im Dezember 1989 angekündigten Wachstumsziel von +2 % kontrastiert. Obwohl ein wesentlicher Grund dafür in der zinsbedingten Abnahme des Notenumlaufs liegt, tendieren auch die für die Liquiditätsversorgung der Banken relevanten Giroguthaben nach unten. Der Restriktionsgrad ist zum anderen auch in dem trotz weiterhin festem Frankenkurs unverändert hohen kurzfristigen Zinsniveau zu erkennen: Der Tagesgeldsatz bewegte sich bei nur vorübergehenden Ausschlägen knapp unter 9 %, der Lombardsatz um 11 %.
Dagegen setzte sich der Renditeabbau am Kapitalmarkt, wenn auch unter
beträchtlichen täglichen Schwankungen, per Saldo fort. Die neueste 6 1/2
%-Anleihe der Eidgenossenschaft erzielte im Auktionsverfahren einen
Emissionspreis von 101 % und damit eine Rendite von 6,35 %. Die Aussichten auf
einen mittelfristigen Erfolg der SNB in der Teuerungsbekämpfung und die bereits
unter den Erwartungen gelegene Mai-Inflationsrate dürften den Markt stimuliert
haben. Die Sicherstellung hoher Renditen wird als Anlagemotiv indessen bald an
Bedeutung verlieren, da der Spielraum nach unten bereits eng geworden ist. Die
Nichterneuerung bzw. Rückzahlung fälliger oder kündbarer Auslandanleihen, vorab
solcher japanischer Schuldner, könnte aufgrund der absehbaren relativen
Marktenge allenfalls den Renditeabstand zwischen dem Inland- und dem
Auslandsegment des schweizerischen Kapitalmarktes verringern.
FYC
Erneuter Schwächeanfall
In der ersten Junihälfte setzte sich der negative Trend bei den Gold- und Silbernotierungen vorerst in geordneten Bahnen fort. Dieser Schwächeneigung lagen in erster Linie physische Abgaben und Befürchtungen weiterer zukünftiger Verkäufe der Sowjetunion zugrunde. Die zur Liquiditäsbeschaffung getätigten Swapgeschäfte erhöhen das Goldangebot zwar nur vorübergehend. Erwartungen, dass die Sowjetunion bei Fälligkeit der Swaps zu weiteren Verkäufen gezwungen sein könnte, zogen die Preise aber dennoch in Mitleidenschaft. Ein zweiter Faktor für die Baissetendenz stellten Leerverkäufe im britischen und amerikanischen Markt dar.
Gegen Monatsmitte sackte der Goldpreis und in seinem Gefolge auch die Silbernotierung aufgrund einer grossen Verkaufsorder aus dem Nahen Osten vorübergehend auf ein Mehrjahrestiefst von 342.50 $/Unze bzw. 4.78 $/Unze ab. In der Folge erholten sich die Edelmetalle wieder leicht, vor allem aufgrund von Eindeckungen von Short-Positionen und einer starken physischen Nachfrage aus dem Mittleren und Fernen Osten sowie seitens der Schmuckindustrie. Infolge des weiter nachgebenden Dollars bildeten sich die Preise in Schweizerfranken, insbesondere beim weissen Metall, jedoch weiter zurück.
Am 29. Juni schloss Gold bei 350.50 $/Unze, Silber bei 4.95 $/Unze und Platin
bei ???.?? $/Unze.
MZW
Ausgeprägte Sterling-Euphorie
Beherrschendes Thema am Devisenmarkt war im Juni das Wie und Wann einer allfälligen Einbindung der britischen Währung in den Wechselkursmechanismus des EWS. Im Gegensatz zum Höhenflug des Pfundes musste der Yen nach der Erstarkung im Mai wieder erhebliche Kursverluste hinnehmen. Von den anderen Hauptwährungen konnte lediglich der durch eine konsequent restriktive Geldpolitik untermauerte Schweizerfranken überzeugen. Während sich die Hoffnungen auf eine generell festere D-Mark im Vorfeld der deutsch-deutschen Währungsunion rasch verflüchtigten, sorgten beim Dollar gegenläufige ökonomische Daten und weltpolitische Einflüsse für einen unsteten Kursverlauf in vorwiegend engen Bandbreiten. Angesichts dieser relativen Stabilität wurden hochverzinsliche Währungen wie der australische und der kanadische Dollar vermehrt nachgefragt. Letzterer erfuhr nach der Nicht-Ratifizierung des Meech Lake Abkommens (verfassungsmässiger Sonderstatus für Quebec) nur kurzfristig einen Rückschlag.
Dollar etwas vernachlässigt
Kursverlauf $/Fr.: 1.4280 (1. Juni, 1.4525 (8.), 1.4030 (25.), ?.???? (29.). Der Dollar stand im Juni im Spannungsfeld gegenläufiger Faktoren. So wiesen eine Reihe wirtschaftlicher Kennzahlen, v.a. die erneut unerwartet schwache Arbeitsmarktstatistik per Mai, auf eine schwache Konjunktur hin, während Industrieproduktion und Kapazitätsauslastung Signale einer Wachstumserholung aussandten. Das Zünglein an der Waage spielte anfänglich der durch die wachsende Instabilität der Sowjetunion akzentuierte Hortwährungscharakter der US-Währung. Später kamen angesichts des nachlassenden Inflationsdrucks und der Hoffnung auf Schritte zur Reduktion des Budgetdefizits vermehrt Zinssenkungserwartungen auf. Der Dollar reagierte darauf mit einem Kursrückschlag, der durch die Präferenz der Anleger für Engagements in Hochzinswährungen verstärkt wurde.
D-Mark weiterhin gedrückt
Kursverlauf $/DM: 1.6960 (1. Juni), 1.7040 (15.), 1.6740 (25.), ?.???? (29.). DM/Fr.: 84.20 (1.Juni), 85.46 (11.), ??.?? (29.). Wegen der im Urteil der Marktteilnehmer weiter bestehenden ökonomischen und finanziellen Imponderabilien im Zusammenhang mit der Einführung der D-Mark in der DDR anfangs Juli bzw. der dann in Kraft tretenden deutsch-deutschen Wirtschaftsunion kam die fundamentale D-Mark-Stärke nur sporadisch zum Ausdruck. Unterschwellig belastet wurde die D-Mark zudem durch die Ungewissheit über die Zukunft eines vereinten Deutschlands als Nato-Mitglied. Die Furcht vor Notenbankinterventionen bildete jedoch eine wirksame Barriere bei $/DM 1.70.
Pfund/Dollar-Kurs auf 16-Monatshöchst
Kursverlauf £/$: 1.6795 (1.Juni), 1.6755 (5.), 1.7330 (25.), ?.???? (29.). Der
trotz ungünstiger Wirtschaftsdaten anhaltende Zustrom kurzfristiger Gelder
liess das Pfund erstmals seit Mitte November 1989 Niveaus über DM 2.90
erklimmen. Den Anlass für die starke Pfundnachfrage bildete die grundsätzliche
Bereitschaft der Regierung, das Pfund Sterling in den Wechselkursmechanismus
des EWS zu integrieren; Spekulationen zufolge könnte dieser Schritt bereits im
September oder Oktober erfolgen, sofern das Pfund dann ausreichend stark ist.
Die Pfund-Hausse wurde durch den britischen Widerstand gegen die Einführung
einer einheitlichen europäischen Währung und die Abtretung der geldpolitischen
Souveränität an eine supranationale Zentralbank kaum gezügelt.
THH
Mietbedingter Teuerungsschub
Der
Landesindex der Konsumenten-preise
stieg im Mai 1990 um 0,5 % auf
120,7 Punkte (Dezember 1982 = 100). Die Jahresteuerung lag damit bei 5,1 %,
nachdem sie im April noch 4,6 % betragen hatte. Dieser Inflationsschub ist
hauptsächlich auf den Anstieg der halbjährlich berechneten Indexziffer für
Wohnungsmieten (+ 4,1 %) zurückzuführen. Aber auch die Preise in der
Bedarfsgruppe Getränke und Tabakwaren (+ 2,5 %) lagen deutlich über dem Stand
der Vorerhebung. Die Inlandwaren verteuerten sich innert Monatsfrist um 1,2 %,
während sich die Importwaren um 1,5 % verbilligten. Im Jahresvergleich stiegen
die Preise der Inlandwaren um 6,0 %, jene der Importwaren lediglich um 2,6 %.
Der
Grosshandelspreisindex
ging im Mai 1990 um 0,1 % zurück und erreichte
den Stand von 183,3 Punkten (1963 = 100). Innert Jahresfrist resultierte somit
nur noch ein geringer Indexanstieg von 1,0 %, nachdem die Teuerungsrate im
April noch bei 1,5 % gelegen hatte.
Der Aufwärtstrend der Baupreise setz-te sich fort: Der halbjährlich
berechnete
Zürcher Index der Wohnbaukosten
stieg zwischen Oktober 1989 und
April 1990 um 7 % auf 113,5 Punkte (Oktober 1988 = 100). Er lag damit um 8,6 %
über dem Vorjahresstand.
MNE